Noch im Mai rechnete Zalando mit einem Umsatzwachstum von 12 bis 19 Prozent für das Gesamtjahr 2022. Dies hätte einem bereinigten EBIT von 430 bis 510 Millionen Euro entsprochen.
Heute musste das Unternehmen dieser Prognose eine Absage erteilen. Der deutsche Modegigant rechnet jetzt mit einem Wachstum von null bis drei Prozent. Dementsprechend würde sich das bereinigte EBIT auf 180 bis 260 Millionen Euro entwickeln. Was sind die Gründe für diese plötzliche Absage?
Die Verbraucher haben Angst!
Der E-Commerce-Riese Zalando erwartet weniger Einnahmen als gedacht. Der Grund dafür: Angst vor der Inflation und einer Rezession trübt die Stimmung bei den Verbrauchern. Es wird davon ausgegangen, dass diese weniger Geld für Konsumgüter wie Kleidung ausgeben werden. Zalando ist dabei nicht der einzige Online-Modehändler, der seine Prognose stutzen musste.
In der vergangenen Woche hatte bereits Asos die Jahresziele zusammengestrichen. Von einem zunächst erwarteten zehn bis fünfzehn prozentigen Wachstum im Jahr 2022 blieb nach der Kürzung nur noch ein vier bis sieben prozentiges Wachstum übrig. Auch der britische Modehändler führte angesichts steigenden Inflationsdrucks ein gehemmtes Kaufverhalten der Verbraucher an.
BofA skeptisch!
Gleich mehrere Analysten reagierten sofort auf die Reduzierung der Prognosen. Gemeinsam wollen wir nun auf die publizierten Meldungen der Analysehäuser schauen. Den Anfang macht dabei für uns die Bank of America. In der überarbeiteten Studie von Geoffroy de Mendez bekräftigte er sein Rating „Underperform“ und reduzierte gleichzeitig das Kursziel von 28 auf 18 Euro. Er sieht damit trotz des heutigen Kursrutsches ein weiteres Abwärtspotenzial von fast 25 Prozent! Der Analyst hatte zwar erwartet, dass die Jahresziele auch bei Zalando gekürzt werden müssten.
Das Ausmaß war aber auch für ihn überraschend. Er kommentierte: „Wir haben mit unserer Schätzung für das Jahresergebnis 2022 vor Zinsen und Steuern (Ebit) unter der Unternehmensprognose gelegen und waren außerdem diejenigen am Markt mit der negativsten Prognose. Nun müssen wir trotzdem unsere Zahlen um 45 Prozent zurechtstutzen, um das Ende der neuen Unternehmensprognose zu erreichen“. Der Analyst geht nicht mehr von einem Wachstum des Bruttowarenvolumens aus. Eine rasche Erholung hält er ebenso nicht für realistisch.
Keine Verbesserung!
Das zweite Quartal konnte im Hinblick auf das Bruttowarenvolumen und das EBIT nicht die erwartete Verbesserung bringen, die notwendig gewesen wäre, um die anvisierten Ziele zu erreichen. Das Unternehmen sieht das Bruttowarenvolumen mit heutiger Nachricht sogar unter der durchschnittlichen Expertenschätzung von fünf Prozent. Es schätzt, dass das EBIT sogar deutlich unter der Schätzung von 100 Millionen Euro liegen wird.
Der Bank of America-Analyst Geoffroy de Mendez war überrascht und musste ebenfalls die Zahlen kürzen. Das Wachstum wird nach ihm über einen längeren Zeitraum belastet sein. Wenn sich das Management von Zalando dazu entscheiden wird, Investitionen für Marketing und Service zu verringern, wird dies zusätzlich das Wachstum verlangsamen. Aufgestockte Lagerbestände könnten zusätzliche Rabattaktionen erforderlich machen und somit die Gewinnmarge negativ beeinflussen. Die gesamte Entwicklung könnte sich laut dem Analysten bis in die ersten Jahreshälften 2023 fortsetzen.
Weitere Kursziele angepasst!
Auch die Deutsche Bank musste ihr Kursziel reduzieren. Der Analyst Adam Cochrane hatte in seiner heute veröffentlichen Studie das Rating „Buy“ beibehalten, das Kursziel jedoch von 76 auf 42 Euro reduziert. Nach seinem Empfinden seien die Ziele des deutschen Onlinehändlers nun realistisch und die Aktie preiswert.
Die für Barclays tätige Analystin Emily Johnson hatte ihr Rating „Equal Weight“ beibehalten, das Kursziel ebenfalls von 48 auf 30 Euro gesenkt. Die Gewinnwarnung war laut ihr unvermeidlich gewesen. Auch sie war jedoch von dem Ausmaß der Kürzung der Prognosen überrascht gewesen. Im Folgenden soll eine Tabelle eine Übersicht über die jüngsten Analystenbewertungen geben.
Analysehaus | Rating | Kursziel |
Bank of America | Underperform | Von 28 auf 18 Euro gesenkt. |
Deutsche Bank Research | Buy | Von 76 auf 42 Euro gesenkt. |
Barclays | Equal Weight | Von 48 auf 30 Euro gesenkt. |
Baader Bank | Add | Kursziel von 41 Euro belassen. |
JPMorgan | Neutral | Von 55 auf 32 Euro gesenkt. |
RBC | Outperform | Kursziel von 60 Euro belassen. |
Credit Suisse | Outperform | Kursziel von 43 auf 35 Euro gesenkt. |
Warburg Research | Buy | Kursziel von 87 auf 80 Euro gesenkt. |
Morgan Stanley | Equal-weight | Kursziel von 56 auf 38 Euro belassen. |
Die Aktie segelt ab!
Die Aktien von Zalando stürzten heute Morgen nach der Veröffentlichung der Nachricht um satte 18 Prozent ab. Kurzzeitig notierte die Aktie sogar bei 20,94 Euro. Ein bitterer Vergleich: Im Jahre 2014 betrug der Ausgabepreis der Aktie 21,50 Euro.
Aktuell kostet ein Zalando-Papier wieder 25 Euro. Ein paar Verluste konnten somit wieder wettgemacht werden. Mit dem heutigen Absturz setzt sich der Negativtrend seit dem regelrechten Kursboom während der Coronapandemie fort. Zu der Hochphase der Pandemie konnte der E-Commerce-Riese stark vom florierenden Online-Handel profitieren. Ein Rekordhoch von 105,90 Euro konnte erreicht werden. Diese Tage sind zunächst einmal Geschichte.
Der Analystenschnitt bei Zalando
Insgesamt haben ganze 29 Analysten ihre Bewertungen zu Zalando abgegeben. Dabei sind derzeit 11 Kaufempfehlungen am Markt platziert. 5 Analysten sind der Meinung, der Bestand an der Aktie sollte aufgestockt werden. 8 Analysten empfehlen, die Aktie zu halten und 3 Analysten würden die Aktie verkaufen. Aus allen Analystenbewertungen ergibt sich ein durchschnittliches Kursziel von 55,26 Euro. Das entspricht einem Aufwärtspotenzial von 116 Prozent.
Hier sollte jedoch beachtet werden, dass teilweise Analysten ihre Bewertungen noch nicht an die heutige Reduzierung der Prognosen angepasst haben. Zwar haben viele Analysten ihre Ratings beibehalten, die Kursziele für die Papiere wurden jedoch von fast allen reduziert.
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