
Definition: Was ist die Abgeltungssteuer?
Die Abgeltungssteuer verdankt ihren Namen der Tatsache, dass es sich dabei um eine abschließende Besteuerung von Erträgen aus privaten Kapitalanlagen handelt. Diese sind durch die Zahlung folglich abgegolten.
Der Begriff „Abgeltungssteuer“ wird häufig als andere Bezeichnung für die Kapitalertragsteuer verwendet. Das ist jedoch nicht ganz richtig. Die Kapitalertragsteuer ist nur dann eine Abgeltungssteuer, wenn sie von Banken oder Brokern selbst erhoben und direkt an die Finanzbehörden entrichtet wird. Dies ist in Deutschland meist der Fall. Bei der Kapitalertragsteuer wird die Steuer hingegen nicht automatisch an den Fiskus abgeführt. Sie muss im Rahmen der Steuererklärung vom Steuerpflichtigen selbst deklariert werden. Das gilt vor allem für Kapitalerträge, die im Ausland erzielt werden.
Ein weiterer Begriff im Zusammenhang mit der Abgeltungssteuer ist die Quellensteuer. Die Abgeltungssteuer fällt direkt dort an, wo sie entsteht, also an ihrer Quelle. Diese Ertragssteuer wird von Kapitalerträgen aus Zinsen, Dividenden sowie Veräußerungsgewinnen beim Verkauf von Wertpapieren abgezogen und automatisch an das zuständige Finanzamt weitergeleitet.
Wie hoch ist die Abgeltungssteuer und wie wird sie abgeführt?
Im Gegensatz zur Einkommensteuer wird die Abgeltungssteuer nicht einmal im Jahr mit der Steuererklärung deklariert, sondern bei der Auszahlung von Kapitalerträgen einbehalten und durch die jeweilige Bank beziehungsweise den Broker direkt an das Finanzamt weitergeleitet. Ein weiterer Unterschied zwischen Abgeltungs- und Einkommensteuer ist die Höhe des Steuersatzes. Während es bei der Einkommensteuer mehrere progressive Steuersätze gibt, besitzt die Abgeltungssteuer einen pauschalen Steuersatz in Höhe von 25 Prozent.
Dazu kommen (abhängig von der Höhe der Einkünfte) gegebenenfalls noch 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag sowie 8 bzw. 9 Prozent Kirchensteuer, falls eine Mitgliedschaft in einer der beiden Kirchen besteht. Ohne Kirchensteuer fällt demnach eine Abgeltungssteuer in Höhe von 26,38 Prozent an. Anleger, die Mitglied in einer Kirche sind, bezahlen 27,82 Prozent beziehungsweise 27,99 Prozent Kapitalertragsteuer.
Da die Kapitalertragsteuer direkt bei der Ertragsgutschrift durch das auszahlende Institut einbehalten und an das zuständige Finanzamt abgeführt wird, hat der steuerpflichtige Anleger seine Steuerpflicht erfüllt. Die eigenverantwortliche Berechnung und Erklärung der Abgeltungssteuer gegenüber dem Finanzamt entfällt.
Diese Vorteile hat die Abgeltungssteuer
Der größte Vorteil der Abgeltungssteuer ist ihre Einfachheit. Im Unterschied zur Einkommensteuer spielen bei ihrer Berechnung weder das Jahreseinkommen noch der Familienstand oder der persönliche Steuersatz eine Rolle. Die Kapitalertragsteuer beträgt immer 25 Prozent (plus ggf. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer).
Ein weiterer Vorteil der pauschalen Kapitalertragsteuer besteht darin, dass die Steuerbelastung in der Regel geringer ausfällt als bei der Einkommensteuer. Dies gilt für alle Personen, die Einkommen beziehen, das mit durchschnittlich mehr als 25 Prozent besteuert wird.
In manchen Fällen kann sich der Aufwand, Einkünfte aus Kapitalerträgen gegenüber dem Finanzamt zu deklarieren, allerdings lohnen, und zwar immer dann, wenn der persönliche Steuersatz aufgrund eines geringen Einkommens weniger als 25 Prozent beträgt. In diesem Fall deklariert der Steuerpflichtige seine Erträge aus Kapitalerträgen in der Anlage KAP der Einkommensteuererklärung. Das Finanzamt führt dann eine sogenannte „Günstigerprüfung“ durch, um zu ermitteln, ob der persönliche Steuersatz oder der Abgeltungssteuersatz günstiger ist. Sofern feststeht, dass der individuelle Steuersatz geringer ist als der Steuersatz der Kapitalertragsteuer, führt diese Günstigerprüfung zu einer Steuererstattung.
Welche Freibeträge gelten bei der Abgeltungssteuer?
Mit einem Freistellungsauftrag können steuerpflichtige Anleger die Abgeltungssteuer ganz oder teilweise vermeiden. Für ledige Anleger werden Kapitalerträge bis 1.000 Euro jährlich steuerfrei gestellt, bei Verheirateten verdoppelt sich dieser Freibetrag auf 2.000 Euro. Anleger, die es versäumen, den Freistellungsauftrag bei ihrer Bank bzw. ihrem Broker zu beantragen, können mit der individuellen Steuererklärung die Anlage KAP ausfüllen und sich so eventuell zu viel gezahlte Abgeltungssteuer vom Finanzamt erstatten lassen.
Kosten im Zusammenhang mit dem Kauf und Verkauf von Wertpapieren, beispielsweise Depotkosten oder Ausgabeaufschläge, können übrigens nicht als Werbungskosten in der Steuererklärung geltend gemacht werden. Mit der Abgeltungssteuer geht ein Abzugsverbot von Werbungskosten einher. Auch die Abgeltungssteuer selbst kann selbstverständlich nicht von der Steuer abgesetzt werden.
Falls ein Steuerpflichtiger nur ein geringes Einkommen besitzt, auf das voraussichtlich keine Steuer zu zahlen ist, kann er sich vom Finanzamt eine sogenannte „Nichtveranlagungsbescheinigung“ ausstellen lassen. In diesem Fall werden Kapitalerträge nicht von der Abgeltungssteuer erfasst und ein Freistellungsauftrag ist nicht notwendig.
Auf diese Kapitalerträge fällt die Abgeltungssteuer an
Die Abgeltungssteuer fällt auf alle Arten von Kapitalerträgen an. Dazu gehören:
• Zinsen von Giro- und Sparkonten, Tages- und Festgeldkonten sowie Anleihen
• Veräußerungsgewinne bei Aktien, Anleihen, ETFs und Fonds
• Dividenden aus Aktien, GmbH- oder Genossenschaftsanteilen
Hinsichtlich der Veräußerung von Aktien, die vor der Einführung der Abgeltungssteuer 2009 gekauft wurden, gilt eine Besonderheit: Dieser Vorgang ist steuerfrei und unterliegt damit nicht der Abgeltungssteuer.
Zu den pauschal zu versteuernden Kapitalerträgen gehören
• Zinsen aus festverzinslichen Anlagen und Sparguthaben
• Aktienerträge (Dividenden und Kursgewinne)
• Ausschüttungen aus Fondsanteilen
• Sparvertrage: Banksparpläne, Tagesgeldkonten, Festgeldanlagen, Bausparverträge
Hinsichtlich Veräußerungsgeschäften von Aktien, die vor der Einführung der Abgeltungssteuer 2009 gekauft wurden, gilt eine Besonderheit: Dieser Vorgang ist steuerfrei und unterliegt damit nicht der Abgeltungssteuer.
Diese Besonderheit gilt bei Kapitallebensversicherungen
Bei der Anwendung der Abgeltungsbesteuerung auf Kapitallebensversicherungen gelten einige Besonderheiten. Bei Versicherungsverträgen mit einer Laufzeit von weniger als zwölf Jahren und einer Auszahlung der Beträge vor dem 60. Lebensjahr fällt auf alle Kapitalerträge die Abgeltungssteuer in Höhe von 25 Prozent an.
Die Auszahlung einer Kapitallebensversicherung kann aber auch steuerfrei sein. Voraussetzung dafür ist, dass der Versicherungsvertrag eine Laufzeit von mehr als zwölf Jahren hat, der Vertrag vor dem 1.1.2005 geschlossen wurde und als Todesfallleistung mindestens 60 Prozent der Versicherungssumme ausgezahlt werden.
Bei Kapitallebensversicherungen, die nach dem 1.1.2005 abgeschlossen wurden, können die Hälfte der Erträge zum persönlichen Einkommensteuersatz versteuert werden. Dies kann zu einer geringeren Steuerlast als beim Ansatz der Abgeltungssteuer führen. Voraussetzung dafür ist allerdings eine Laufzeit von über zwölf Jahren und eine Auszahlung nach dem 60. Lebensjahr.
Wie wird die Abgeltungssteuer bei ausländischen Kapitalanlagen behandelt?
Auch Kapitalerträge, die im Ausland erzielt werden, unterliegen einer Kapitalertragsbesteuerung. Welches Land die Besteuerung durchführt und in welcher Höhe folglich die Erträge besteuert werden, hängt davon ab, bei welcher Bank oder welchem Broker das Depot geführt wird. Liegen die Wertpapiere in einem Depot einer inländischen Bank oder einem inländischen Broker, unterliegen die Gewinne der deutschen Abgeltungssteuer. Für Anleger macht es dann keinen Unterschied, ob sie Erträge mit in- oder ausländischen Wertpapieren erzielen.
Anders verhält es sich jedoch, wenn Wertpapiere im Ausland verwahrt werden. Dann kommt die deutsche Abgeltungssteuer nicht zum Ansatz und der Anleger muss seine Kapitalerträge im Rahmen der Einkommensteuererklärung deklarieren. Das kann mithilfe der Anlage AUS der Steuererklärung erfolgen. Sofern der Anleger im Ausland eine höhere Quellensteuer gezahlt hat als in Deutschland, kann er sich vom deutschen Fiskus diesen Differenzbetrag erstatten lassen.
So funktioniert die Abgeltungssteuer bei thesaurierenden Fonds
Bei ausschüttenden Fonds ist die Besteuerung auf den ersten Blick klar. Die Depotbank zieht die fällige Abgeltungssteuer zum Zeitpunkt der Auszahlung an den Fondshalter ab und führt sie direkt an den Fiskus ab. Bei thesaurierenden Fonds funktioniert dieses Prinzip der Quellenbesteuerung jedoch nicht, da die Erträge in den Fonds reinvestiert werden und es demnach zu keiner Auszahlung von Erträgen an den Fondshalter kommt.
Seit 2018 gelten neue Regeln zur Besteuerung von thesaurierenden Fonds. Bei diesen nichtausschüttenden Fonds müssen Anleger jährlich einen Mindestbetrag, die sogenannte „Vorabpauschale“, versteuern. Die Höhe dieser Pauschale orientiert sich an einer risikolosen Marktverzinsung. Darunter wird die Verzinsung einer risikofreien Geldanlage verstanden. Die Höhe der Vorabpauschale ist auf die tatsächliche Wertsteigerung eines Fondsanteils begrenzt. Im Falle von Verlusten fällt somit auch keine Pauschale an. Die genaue Berechnung der Vorabpauschale orientiert sich nicht an den tatsächlich angefallenen Gewinnen des thesaurierenden Fonds, sondern richtet sich nach einer Formel (70 Prozent des jährlichen Basiszinses der Bundesbank mal den Wert des Fondsanteils zum Jahresbeginn).
Um bei der tatsächlichen Veräußerung der Anteile eines thesaurierenden Fonds eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, wird die geleistete Vorabpauschale vom Veräußerungsgewinn abgezogen. Anleger haben folglich bei einem thesaurierenden Fonds keine höhere Bemessungsgrundlage für die Kapitalertragsteuer als bei einem ausschüttenden Fonds.
Für die Besteuerung von thesaurierenden Fonds bei der Veräußerung gelten die gleichen Regelungen wie bei ausschüttenden Fonds. Auch hier wird die Abgeltungssteuer in Höhe von 25 Prozent (plus ggf. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) erhoben.
Kann man bei der Abgeltungssteuer Verluste mit Gewinnen verrechnen?
Jeder Anleger weiß, dass Kapitalanlagen nicht immer Gewinne, sondern teilweise auch Verluste erzielen. Gemäß deutschem Steuerrecht dürfen diese Verluste mit den Gewinnen verrechnet werden. Sie mindern demnach die Berechnungsbasis für die Abgeltungssteuer und folglich die Steuerlast. Die Verrechnung von Gewinnen und Verlusten aus Kapitalanlagen ist übrigens zeitlich unbegrenzt. Ein steuerlicher Verlust kann auch in späteren Jahren noch steuerlich geltend gemacht werden.
Eine Besonderheit gibt es jedoch bei der Verlustverrechnung bei Kapitalanlagen. Es werden zwei Verrechnungstöpfe unterschieden, zwischen denen Gewinne und Verluste nicht miteinander verrechnet werden dürfen. Der erste Topf betrifft Aktien. Im zweiten Topf werden alle anderen Kapitalanlagen wie zum Beispiel Anleihen, Derivate, ETFs und Fonds berücksichtigt. Verluste aus Aktien dürfen demzufolge nur mit Gewinnen aus Aktien und nicht mit Gewinnen aus anderen Kapitalanlagen verrechnet werden.
Kann man die Abgeltungssteuer vermeiden?
Nein, letztlich lässt sich die Abgeltungssteuer nicht vermeiden. Früher oder später fällt auf jede Art von Kapitalerträgen diese Form der Kapitalertragsteuer an.
Es gibt jedoch eine Möglichkeit, die Steuer in die Zukunft zu verschieben, und zwar im Rahmen einer sogenannten „Buy-and-Hold-Strategie“. Bei dieser Investmentstrategie werden Wertpapiere gekauft und über einen langen Zeitraum gehalten.
Solange es nicht zu einem Verkauf der Wertpapiere kommt, fällt auch keine Abgeltungssteuer an. Diese wird schließlich nicht auf Buchgewinne, sondern nur auf tatsächlich realisierte Veräußerungsgewinne angewendet. Mit dieser Strategie kann ein Anleger seine Steuerlast zwar nicht effektiv verringern, aber sie in die Zukunft verschieben.