Liebe Leserin, Lieber Leser,
es war von Beginn an klar, dass die Umstellung auf Wasserstoff mit enormen Herausforderungen verbunden sein würden. Doch seit geraumer Zeit mehren sich die Anzeichen dafür, dass die Widerstände noch heftiger als gedacht ausfallen könnten. Einen weiteren Hinweis darauf liefert eine neue Studie des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität Köln. Darin beschäftigen sich Forscherinnen und Forscher mit den enormen Finanzierungslücken, die rund um Wasserstoff derzeit noch klaffen. Über das Ganze berichtete das Portal „Telepolis“.
Zu entnehmen ist dem Papier, dass Wasserstoff auch im Jahr 2030 aus wirtschaftlicher Sicht kaum konkurrenzfähig zu fossilen Energieträgern sein wird. Zwar können Maßnahmen wie eine steigende CO2-Bepreisung voraussichtlich für etwas Linderung sorgen. Zudem bleiben Unsicherheiten bei den Prognosen bestehen. Doch dass Wasserstoff über Nacht zur kostengünstigen Lösung all unserer Energieprobleme avancieren könnte, das scheint sich nicht einmal im besten Fall abzuzeichnen. Es braucht dringend Unterstützung aus der Politik in Form von Subventionen, um den Durchbruch von Wasserstoff zu forcieren.
ThyssenKrupp sorgt für Verunsicherung
Im Prinzip ist das alles nichts Neues. Die Studie spricht aber auch von konkreten Zahlen bei der Finanzierungslücke. Im günstigsten Fall werden im Jahr 2045 etwa 30 Milliarden Euro fehlen. Es könnten aber auch bis zu 200 Milliarden Euro werden. Das ist eine Summe, bei denen die EU-Staaten mit ihren klammen Kassen wahrscheinlich nur schlucken können. Die anhaltende Zurückhaltung in der Politik ist aktuell aber nicht der einzige Faktor, welcher in Sachen Wasserstoff für Ernüchterung sorgt.
Gegenüber dem „Handelsblatt“ äußert Thomas Hüwener als Chef des Gasnetzbetreibers OGE große Sorgen rund um ThyssenKrupp. Anfang Oktober wurde bekannt, dass die Tochter ThyssenKrupp Steel Europe wohl darüber nachdenkt, Pläne zur Umstellung auf Wasserstoff auf Eis zu legen. Der Konzern befindet sich mitten in einer schweren Krise und sucht händeringend nach Möglichkeiten, um die finanzielle Last zu senken.
Aus Sicht von Hüwener wäre ein Abschied von Wasserstoff aber ein fatales Signal. Die Branche sei angewiesen auf Ankerabnehmer, die zuverlässig im großen Stil Wasserstoff zukaufen. Ohne ThyssenKrupp könne man die Skalierung nicht hinbekommen und in absehbarer Zeit auch keine attraktiven Preise anbieten. Wasserstoff an sich sieht Hüwener noch nicht als gescheitertes Vorhaben an. Er spricht aber klar von „dunklen Wolken“, die zuletzt aufgezogen seien.
Thyssenkrupp Aktie Chart
Nel ASA: Stabil?
Das ist wahrscheinlich noch eine eher wohlwollende Beschreibung angesichts der Neuigkeiten, welche in den letzten Tagen auf die Anlegerinnen und Anleger einprasselten. Dass es bei der Nachfrage schwer hakt, bekam Nel ASA mehr als deutlich zu spüren. Die Norweger berichteten kürzlich bekanntlich über sehr enttäuschende Quartalszahlen und lassen weiterhin frische Großaufträge vermissen. Zum Teil mussten sogar Stornierungen vermeldet werden. Die Auftragsbücher leeren sich und die Investitionen für das kommende Jahr wurden rigoros zusammengestrichen.
Viel zu bieten hat die Aktie den Anteilseignern da nicht. Kurz vor dem Wochenende ist die größte Freude wahrscheinlich noch, dass die Kurse sich ansatzweise stabil zeigen. Das am Dienstag etablierte Mehr-Jahres-Tief bei 0,33 Euro scheint nicht weiter auf die Probe gestellt zu werden. Heute Morgen reichte es immerhin für 0,35 Euro. Das ist noch immer niederschmetternd, aber besser als der nächste Rutsch in die Tiefe. Es bleibt die vage Hoffnung, dass die jüngsten Enttäuschungen mittlerweile verdaut werden konnten.
Plug Power kommt nicht vom Fleck
Bei der Aktie von Plug Power gibt es ebenfalls nur wenig Bewegung zu erkennen. Am Donnerstag musste das Papier Abschläge von 1,5 Prozent verkraften, konnte sich mit einem Schlusskurs in Höhe von 2,04 US-Dollar aber noch oberhalb der psychologisch wichtigen Marke von 2 Dollar handeln. Bei dem Papier scheint ein Stück weit Schockstarre zu herrschen. Positive Nachrichten gab es zuletzt durchaus, doch damit verbundene Kursgewinne wurden schnell wieder kassiert.
Tatsächlich gibt es viele gute Gründe, um bei Plug Power derzeit eine abwartende Haltung einzunehmen. Der November dürfte einige richtungsweisende Signale mit sich bringen. Denn zum einen stehen dann die Wahlen in den USA an und damit die Entscheidung, ob der Klimawandelleugner und Anhänger von fossilen Brennstoffen Donald Trump wieder ins Amt kommt. Darüber hinaus wird Plug Power aber auch Zahlen präsentieren und auf gute Neuigkeiten dürften momentan wahrscheinlich längst nicht alle Markakteure eingestellt sein.
SFC Energy reiht sich ein
Nicht überall im Segment gibt es nur rote Vorzeichen, Sorgen und Nöte zu sehen. Leser dieses Newsletters wissen wahrscheinlich, dass mein liebstes Positiv-Beispiel SFC Energy ist. Das deutsche Unternehmen erzielt bereits Gewinne, wenn auch in bescheidenem Ausmaß. Es lässt aber vor allem Wachstumssignale erkennen, etwa durch Zukäufe von Anlagen von Ballard Power in Europa oder diverse frische Partnerschaften, die im laufenden Jahr verkündet werden konnten.
Der Aktie hilft es aber nur wenig weiter. Die scheinbar allumfassende skeptische Stimmung gibt den Ton an und hält auch die SFC Energy-Aktie auf niedrigem Niveau fest. Seit Wochen schon gelingt es den Bullen nur mit Ach und Krach, zumindest die Marke bei 20 Euro zu verteidigen. Dabei scheint es zu bleiben. Am Freitagmorgen fand das Papier sich bei 20,45 Euro wieder. Gewartet wird schlicht auf Durchbrüche in einem viel größeren Maßstab. Solange die Aussicht auf Maßnahmen fehlt, mit denen Wasserstoff perspektivisch wirtschaftlich den Vergleich mit Öl und Gas nicht mehr fürchten müsste, scheinen die Börsianer sich auf der Seitenlinie recht wohl zu fühlen.
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