Wasserstoff-Aktien: Nel ASA stürzt weiter ab und auch anderswo fehlt es an Zuversicht!

Liebe Leserin, Lieber Leser,

es ist noch immer ein Leichtes, positive Worte zum Thema Wasserstoff zu finden. Der Energieträger gilt gemeinhin als unverzichtbar, um die Energiewende irgendwie auf die Beine stellen zu können. Entsprechend hoch wird der voraussichtliche Bedarf für die kommenden Jahrzehnte taxiert und für die Unternehmen aus der Branche scheint sich eine wahre Goldgrube aufzutun. Allerdings gibt es noch so manche offene Frage darum, wie das Ganze eigentlich umgesetzt werden soll.

Deutschland plant unter anderem ein großangelegtes Kernnetz für Wasserstoff, das unter der Feder von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck entsteht. Jenes könnte aber vor großen Problemen bei der Finanzierung stehen, wie das „Handelsblatt“ berichtet. Zahlreiche institutionelle Investoren scheuen demnach einen Einstieg in das Projekt. Bevorzugt werden den Berichten zufolge risikoärmere Investments in Stromnetze, die aktuell auch höhere Renditen versprechen.

Wasserstoff-Aktien unter Zeitdruck

Bereits Mitte März sollen im Bundestag gesetzliche Regelungen für das Wasserstoff-Netz beschlossen werden. Dass nur kurz vorher Investoren wenig Begeisterung zeigen, ist kein gutes Signal. Gefordert wird nun, dass an der einen oder anderen Stelle nachgehakt wird. Unternehmen erhoffen sich von der Bundesregierung vor allem Planungssicherheit und damit grob zusammengefasst, dass der Bund die Risiken bei der ungewissen Marktentwicklung tragen wird.

Doch nicht nur in Deutschland ist die Geduld rund um das Thema Wasserstoff mittlerweile aufgebraucht. Auch anderswo wartet man vergeblich darauf, dass endlich der große Durchbruch gelingt. Hier und dort gibt es Modellprojekte, bei denen Züge oder Lkw mit Wasserstoff durch die Gegend fahren. Doch nichts davon hat bisher einen Maßstab erreicht, bei dem sich ernsthaft über eine Alternative zu fossilen Energieträgern sprechen ließe.

Nel ASA verliert den Halt

Irgendwann in den vergangenen Monaten gab es für die Börsianer eine Enttäuschung zu viel und seither hat sich bei Wasserstoff-Aktien ein klarer und schmerzhafter Abwärtstrend etabliert. Ganz vorne mit dabei ist die Aktie von Nel ASA, die heute Morgen wieder neue Tiefstände markierte. Mit einem Minus von rund sieben Prozent purzelten die Kurse bis auf 0,38 Euro und damit unter die Marke bei 0,40 Euro, welche in den letzten Wochen noch einen gewissen Support bot.

Nel ASA Aktie Chart

Die Analysten erweisen sich aktuell als wenig hilfreich. Jefferies hat sich die Aktie von Nel ASA noch einmal genauer angesehen und dabei massive Abwertungen vorgenommen. Der Wasserstoffsektor wird auch hier zunehmend skeptisch betrachtet. Die Kaufempfehlung wurde folgerichtig gestrichen und das Kursziel von zuvor 20 auf nun nur noch 5,50 norwegische Kronen zusammengestrichen. Letzteres entsprich umgerechnet etwa 0,48 Euro. Selbst wenn Nel ASA dieses Ziel noch erreichen sollte, käme es einer Enttäuschung gleich. Schließlich konnten noch vor einem Jahr im Hoch bis zu 1,50 Euro erreicht werden.

Bei Plug Power geht die Angst um

Als das wahrscheinlich größte Problem gelten die fundamental teils haarigen Ausgangslagen bei Wasserstoffkonzernen. In den meisten Fällen wird kräftig investiert, doch bisher kommt wenig bis gar nichts zurück. Entsprechend machen die Unternehmen herbe Verluste und die nächste Kapitalerhöhung scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Da ist es durchaus verständlich, dass immer mehr Anleger auf Abstand gehen.

Plug Power hat die nächste Kapitalerhöhung bereits in Aussicht gestellt und ohne jene würde das Unternehmen sich wohl auf direktem Wege in Richtung Exitus bewegen. Trotz mancher guter Neuigkeit und dem einen oder anderen neuen Auftrag steht die Zukunft des US-Unternehmens unter einem großen Fragezeichen. In dieser Woche blicken die Aktionäre eher sorgenvoll neuen Zahlen entgegen. Der Aktienkurs gab auch hier heute Morgen nach, wenngleich die Verluste sich mit 1,9 Prozent im Vergleich zu Nel noch in Grenzen hielten. Es setzt sich damit aber eine Korrekturbewegung fort, welche den Kurs nun schon auf 2,77 Euro hat absacken lassen.

Keine Ausnahme für Ballard Power

Der Blick nach Kanada fällt derzeit auch nicht viel freundlicher aus. Dort sackte Ballard Power heute Morgen auf ein neues 52-Wochen-Tief bei 2,67 Euro hinab. Knappe 50 Prozent Verlust auf Jahressicht sind hier zu verzeichnen. Schuld an der miesen Ausgangslage sind nicht (nur) die Unternehmen selbst. Es fehlt schlicht im gesamten Sektor am Vertrauen in eine glorreiche Zukunft, während mancher Staat schon wieder Investitionen in fossile Brennstoffe in die Wege leitet.

In der Theorie bleibt Wasserstoff eine elegante Lösung, um die Industrie in Zukunft weiter zu befeuern, ohne dabei das Klima weiter zu belasten. In der Praxis zeigt sich aber immer mehr, dass dies vielen Akteuren schlicht zu teuer ist. Eben dies macht sich auch mehr und mehr in der Politik bemerkbar. Gerade der ehemalige US-Präsident Donald Trump, der im November gerne ins Weiße Haus zurückkehren möchte, spricht sich offen skeptisch gegenüber Erneuerbaren Energien aus. Die Bevölkerung wurde durch die Inflation der letzten beiden Jahre schwer getroffen und so scheint es nicht unwahrscheinlich, dass viele dem falschen Versprechen einer kurzfristigen Entlastung durch das „Besinnen“ auf Öl und Gas verfallen könnten.

Make or break

Gerade jetzt wäre der geeignete Zeitpunkt, um den Anlegern endlich wieder frische Impulse zu liefern. Gelegenheit dazu wird es in dieser Woche gleich zweimal geben. Sowohl Nel ASA als auch Plug Power werden frische Zahlen und wahrscheinlich auch neue Prognosen abliefern. Schwer zu hoffen ist, dass dies zumindest ansatzweise mit optimistischen Ausblicken verbunden sein wird. Gibt es hingegen nur wieder die nächsten Enttäuschungen zu sehen, so könnte der Kursverfall in die nächste Runde gehen. Auf den Wasserstoff-Sektor könnte nicht weniger als eine Richtungsentscheidung warten.