Liebe Leserin, Lieber Leser,
es ist wahrlich nicht so, als würde sich beim Thema nichts tun. Nahezu täglich lassen sich Schlagzeilen rund um den alternativen Kraftstoff finden, der im besten Fall eines Tages sämtliche Probleme rund um Energiesicherheit und Klimaschutz lösen könnte. Woran es aber fehlt, das sind die richtig großen Durchbrüche. Bisher gibt es eher kleine Tippelschritte zu sehen und in diesem Tempo wird sich Wasserstoff wohl erst in vielen Jahrzehnten als echte Alternative zu fossilen Energieträgern etablieren können.
Appell an die Politik
Nicht nur an den Börsen ist Enttäuschung rund um das schleppende Tempo beim Wasserstoff-Ausbau zu spüren. Auch der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) wünscht sich mehr Initiative und nimmt diesbezüglich nun die Bundesregierung in die Pflicht. Bisher seien lediglich Grundlagen für den weiteren Ausbau gelegt worden. Laut DVGW-Chef Gerald Linke lasse sich aber vor allem ein „Planungs-Durcheinander“ beobachten, bei dem es zu allem Überfluss auch noch ständige Verschiebungen zu sehen gebe.
Als notwendig erachtet Linke unter anderem sich nicht zu sehr auf grünen Wasserstoff zu versteifen. Für den Moment müsse man auch blauen und türkisen Wasserstoff einsetzen. Derartige Varianten sind nicht CO2-neutral, aber bisher noch leichter und vor allem günstiger herzustellen. Langfristig sieht Linke es durchaus als realistische Option an, ganz Europa mit grünem Wasserstoff zu versorgen. Bis dahin sei es aber noch ein langer Weg.
Daimler Truck setzt auf Wasserstoff
Der Ausbau von jeder Art von Wasserstoff würde letztlich auch die Grundlage für eine Infrastruktur mit sich bringen, die in Zukunft für grünen Wasserstoff genutzt werden könnte. Die Forderungen des DVGW sind daher nachvollziehbar. Wenn schon die Politik sich nicht recht bewegen will, müssen wohl die Unternehmen einspringen. Einen neuen Vorstoß in Sachen Wasserstoff wagte kürzlich Daimler Truck.
Dort ist man weiterhin bestrebt darum, die eigene Flotte bis zu Ende der 2030er Jahre vollständig klimaneutral zu bekommen. Um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, sollen aber nicht nur batterieelektrische Lastwagen zum Einsatz kommen. Stattdessen experimentiert der Konzern nun mit flüssigem und tiefgekühltem Wasserstoff, um Diesel zu ersetzen. Eine erste Tankstelle für sLH2 wurde nun eröffnet. Die Auswirkungen dürften aber erst einmal überschaubar bleiben.
Daimler Truck Aktie Chart
Bei den Anlegern weckt Daimler Truck keine neuen Fantasien und der Aktienkurs bleibt unverändert rund um die Marke von 35 Euro hängen. Auf fundamentaler Seite dürfte das Ganze ebenfalls kaum eine nennenswerte Rolle spielen. Das ließe sich wohl erst bei einem ganzen Netzwerk an Tankstellen und einer größeren Verbreitung entsprechend ausgestatteter Fahrzeuge vermuten.
Nel ASA bleibt dem Kurskeller treu
Festhalten lässt sich leider weiterhin nur, dass der Ausbau rund um Wasserstoff sehr schleppend vorangeht und die richtig großen Projekte vornehmlich im Reich der Fantasie stattfinden. Das soll die bisherigen Bemühungen einiger Unternehmen gar nicht schlechtreden. Jedes Bestreben in Richtung Wasserstoff ist zu begrüßen. Doch solange es an grundsätzliche Voraussetzungen für beherzte Investitionen fehlt, geht die Stimmung an der Börse über sehr vorsichtigen Optimismus eher nicht hinaus.
Das bekommen die üblichen Verdächtigen aus der Branche weiterhin zu spüren. Nel ASA kämpft weiterhin im unteren Kurskeller darum, nicht vollkommen den Boden unter den Füßen zu verlieren. Die Bullen sind dabei sogar einigermaßen erfolgreich und ließen die Kurse zu Wochenbeginn von 0,42 Euro auf 0,43 Euro steigen. Am Dienstagmorgen schmolzen diese Zugewinne aber schon wieder dahin und das Mehr-Jahres-Tief bei 0,41 Euro bleibt sehr viel näher als jeder charttechnische Widerstand.
Die Hoffnung trägt auch Nucera nicht
Hierzulande gilt die erst vor wenigen Monaten an die Börse gegangene Thyssenkrupp Nucera als große Hoffnung im Wasserstoff-Segment. Im Sommer 2023 ließ sich auch durchaus eine kurze Phase der Euphorie beobachten. Seither tendieren die Aktienkurse aber klar in Richtung Süden und mit 15,53 Euro am Montag waren auch hier Tiefststände in Sichtweite. Viel mehr als blanke Hoffnungen wird den Anteilseignern nicht geboten, und das hinterlässt klar einen Eindruck
So ist es auch bei Plug Power der Fall, wo auf eine Phase der Erholung schon wieder eine deutliche Abkühlung folgte. Die US-Märkte blieben gestern aufgrund eines Feiertags zwar geschlossen. An den hiesigen Handelsplätzen ging es aber bis auf 3,55 Euro abwärts. Plug Power ist zwar sichtlich bemüht darum, den Ausbau voranzutreiben. Dafür braucht es aber massive Investitionen und das Unternehmen kämpft mit dezenten Liquiditätsproblemen. Da braucht es nicht viel Fantasie, um weitere Widerstände für die nahe Zukunft zu erkennen.
Auf Worte müssen Taten folgen
In der Tat dürfte die Politik eine große Rolle dabei spielen, ob und wie schnell es in Sachen Wasserstoff vorangehen mag. Ohne Subventionen sind die enormen Investitionen in die Branche kaum zu vertreten. Lippenbekenntnisse helfen auch schon lange nicht mehr weiter, um die Kurse zu stabilisieren. Das gilt schon gar nicht inmitten eines wichtigen Wahljahres, in dem Kräfte an Aufwind zu gewinnen scheinen, die dem Thema Erneuerbare Energien eher skeptisch gegenüber stehen. Das gilt in besonderer Weise für Donald Trump, der bei einer Rückkehr ins Weiße Haus Teile des Inflation Reduction Act rückabwickeln könnte.
Unter diesen Voraussetzungen bleibt für die Anleger leider weiterhin eine große Portion Unsicherheit und Wasserstoff-Aktien haben noch immer einen schweren Stand. Die Technologie scheint im Prinzip jeder haben zu wollen, verspricht sie doch sauberen Strom in großen Mengen, ohne sich dabei in die Abhängigkeit von Drittstaaten begeben zu müssen. Doch zahlen wollen nur die Wenigsten, wenn es um den notwendigen Ausbau der Infrastruktur geht. Solange der Knoten hier nicht platz, stehen den Anlegern weiterhin schwierige Zeiten bevor.
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