Liebe Leserin, Lieber Leser,
rund um Wasserstoff-Aktien macht sich schon seit einer ganzen Weile, wenn nicht gar blankes Entsetzen bemerkbar. Der Ausbau im Segment geht nur schleppend voran und die bekanntesten Player weisen mit schöner Regelmäßigkeit hohe Verluste aus. Das ist Wasser auf die Mühlen der Skeptiker, von denen einige die Wasserstoff-Revolution bereits als gescheitert ansehen möchten. Doch es gibt auch noch einige Verfechter der Technologie.
Dazu gehört der Autobauer BMW, mit dem wir uns in diesem Newsletter bereits das eine oder andere Mal beschäftigt haben. Anders als die hiesigen Konkurrenten halten die Münchener am Wasserstoff-Auto weiterhin fest. Aktuell sind rund 100 Fahrzeuge mit Brennstoffzellen auf hiesigen Straßen unterwegs. Eines davon wurde beispielsweise dem bayrischen Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger übergeben, der jenes im Juni mit viel Lob überschüttete und darin einen gangbaren Weg zu mehr Klimaschutz beim Individualverkehr erkannt haben möchte.
BMW macht ernst
Doch bei solchen Experimenten will BMW es nicht belassen. Bereits vor einer Weile wurde bekannt, dass der Konzern sich mit Toyota zusammengeschlossen hat, um die Entwicklung von Wasserstoff-Autos weiter voranzubringen. Nun wurden auch konkrete Ziele in Aussicht gestellt. Angestrebt wird, die Kosten zu halbieren und die Reichweite um 20 Prozent zu erhöhen. Letztlich soll auf Basis dieser Technologie dann im Jahr 2028 das erste Wasserstoff-Auto von BMW in Serie gehen.
Angesichts der kaum vorhandenen Infrastruktur ist das ein sehr sportliches Ziel. BMW scheint sich aber darauf zu verlassen, dass in den nächsten drei Jahren noch einige Wasserstoff-Tankstellen aus dem Boden sprießen werden. Der Konzern lobbyiert auch aktiv dafür, dass Tankstellen für Lkws möglichst schnell auch für Pkws freigegeben werden.
Eine gewagte Strategie
Doch selbst wenn BMW damit erfolgreich sein sollte, so bleiben doch noch zahlreiche Herausforderungen zu meistern. Dazu gehört etwa, dass gerade grüner Wasserstoff bislang nur in homöopathischen Mengen verfügbar ist und der Hochlauf der Produktion nicht recht in Gang kommen will. Daran wird BMW im Alleingang wenig ändern können. Die Pläne für ein erstes Brennstoffzellenfahrzeug in Serie sind daher ein großes Wagnis. Das wissen auch die Anleger, die zudem auf eine Flaute bei E-Autos und auch nicht unbedingt fulminante Absatzzahlen anderer Antriebsarten blicken. Die BMW-Aktie gab am Freitagmorgen um 0,9 Prozent bis auf 79,60 Euro nach.
BMW Aktie Chart
Bei Partner Toyota fällt die Stimmung keinen Deut besser aus. Hier ging es an den hiesigen Märkten heute Morgen um etwas mehr als zwei Prozent auf 16,26 Euro zurück. Im ersten Halbjahr konnten japanische Autobauer noch eine Weile vom schwachen Yen profitieren. Damit hat es sich aber mittlerweile auch schon wieder erledigt und die Kooperation mit BMW scheint in Tokio tatsächlich niemanden beeindrucken zu können.
Nel ASA: Als wäre nichts gewesen
Trotz der Zurückhaltung an der Börse ist es letztlich erfreulich, dass sich mit BMW noch ein namhafter Verfechter für Wasserstoff findet, noch dazu im Bereich von Brennstoffzellen-Pkw, die von vielen anderen Autokonzernen bereits vollständig abgeschrieben wurden. Vielleicht ließe sich darin sogar eine Chance für Hersteller von Elektrolyseuren und Wasserstoff wie Nel ASA erkennen. Doch die Unsicherheit mit Blick in die Zukunft ist noch viel zu hoch, als dass nun schon frische Fantasien entstehen würden.
Stattdessen tappt die Nel ASA-Aktie weiterhin auf der Stelle und am Freitagmorgen reichte es nach kleineren Verlusten nur für einen Kurs in Höhe von 0,45 Euro. Einigermaßen hält das Papier sich damit noch stabil. Doch die wichtige Linie bei 0,50 Euro scheint unerreichbar zu bleiben. Außerdem deutet alles darauf hin, dass sich der Boden nun bei 0,45 Euro statt zuvor 0,46 Euro anzusiedeln scheint. Das mag nur ein minimaler Unterschied sein. Es wäre aber ein weiterer Indikator für einen aktiven Abwärtstrend.
Plug Power macht den Kurskeller unsicher
Dass es aber noch schlimmer aussehen kann, das beweist einmal mehr die Aktie von Plug Power. Nachdem jene in den letzten Tagen diverse charttechnische Linien mitsamt ehemaliger Tiefstände unterschritten hat, scheinen alle Dämme zu brechen. Am Donnerstag ging es auf ein frisches 5-Jahres-Tief bei 1,71 US-Dollar in die Tiefe. Nachbörslich legten die Bären nach und beförderten den angeschlagenen Titel auf nur noch 1,69 Dollar zurück.
Leider fehlt es momentan auch vollständig an irgendwelchen Lichtblicken. Der Vorstoß von BMW spricht dafür, dass die Nachfrage nach Wasserstoff ansteigen wird, so das Brennstoffzellenfahrzeug sich denn als Erfolg erweisen mag. Allerdings ist die Nachfrage im Segment eher das kleinere Problem. Sehr viel mehr Kopfzerbrechen bereitet den Anlegern, dass die Produktion nicht recht in die Gänge kommen will und es zudem an konkreten Aufträgen mangelt.
Hübsche Wasserstoff-Zukunft?
Etwas zermürbend dürfte aus Sicht viele Anleger auch sein, dass BMW bei seinen Plänen doch eher weit in die Zukunft blickt. Natürlich lässt sich eine Serienproduktion nicht mal eben über Nacht aus dem Boden stampfen. Doch mit einem Start im Jahr 2028 werden die Verfechter von Wasserstoff letztlich wieder einmal vertröstet. Andere Unternehmen sprechen gar erst 2030 oder später von größeren Erfolgen im Segment. Bis dahin kann noch viel passieren, gerade auch mit Blick auf diverse politische Umbrüche, welche sich in diesen Tagen abzuspielen scheinen. Da ist den Börsianern die anhaltende Skepsis gegenüber Wasserstoff-Aktien kaum zu verdenken, auch wenn langfristig hervorragende Chancen in den Kursen aktuell im Prinzip überhaupt keine Berücksichtigung mehr erfahren.
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