Liebe Leserin, Lieber Leser,
sehr wahrscheinlich ist es für Sie längst keine Neuigkeit mehr, doch der Hochlauf der Wasserstoff-Industrie ist schwer ins Stocken geraten. Einzig einige politische Akteure sprechen noch von großen Durchbrüchen. Ansonsten richtet der Blick sich aber auf maue Auftragseingänge in der Branche und einfache Tatsachen wie noch immer zu hohe Preise und eine kaum vorhandene Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff. Was eines Tages das Klima und unsere Energieversorgung retten soll, scheint aktuell kaum mehr als ein Hirngespinst mit vorsichtigen Ambitionen zu einer praktischen Umsetzung zu sein.
An der Börse ist dies längst bekannt und mit der gewichtigste Grund dafür, dass Wasserstoff-Aktien einfach nicht aus dem Kurskeller herauskommen wollen. Mit einer schnellen Trendwende rechnen nur die Wenigsten. Ballard Power stellt sich nun sogar auf eine längere Durststrecke ein und will das eigene Unternehmen darauf entsprechend vorbereiten.
Ballard Power schnallt den Gürtel enger
In der vergangenen Woche kündigte Ballard Power ein umfangreiches Sparprogramm an, um die Kosten künftig um über 30 Prozent zu senken. Eine ganze Reihe von Maßnahmen, darunter auch ein Personalabbau, soll dazu führen, dieses Ziel erreichen zu können. Für die Anleger ist dies letztlich ein klares Indiz dafür, dass die aktuell maue Auftragslage zu einem Dauerzustand mutieren könnte. Das lässt bezüglich kommender Bilanzen nicht gerade auf das Beste hoffen.
Noch sorgenvoller stimmt, wie Ballard Power seine Sparpläne begründet. Es werden langfristige politische Unsicherheiten als Argument ins Feld geführt, welche eine mehrjährige Verzögerung bei der Verfügbarkeit von kostengünstigem Wasserstoff nach sich ziehen könnten. Dies habe unmittelbare Auswirkungen auf die Wachstumspläne von Ballard Power, weshalb die Verantwortlichen sich wohl zum Handeln gezwungen werden. Immerhin hält der Konzern an Plänen für einen Standort in Texas fest, der auch mit Fördermitteln verbunden ist. Außerdem wird versprochen, dass die Erfüllung von Verpflichtungen gegenüber Kunden unberührt bliebe.
Wasserstoff kriecht nach vorne
Davon abgesehen scheint bei Ballard Power aber so ziemlich alles auf den Prüfstand zu kommen, auch ein Joint Venture mit Weichai Power in China. Insgesamt spricht der Konzern weltweit von nur langsamen Fortschritten im Segment. Langfristig gibt man sich nach wie vor überzeugt davon, dass in Wasserstoff und dazugehörigen Brennstoffzellen die Zukunft der Energieversorgung liege. Doch ein möglicher Durchbruch und damit wahrscheinlich auch der Sprung in die schwarzen Zahlen scheint erst einmal auf unbestimmte Zeit verschoben zu werden.
An der Börse sorgt dies tatsächlich für ein wenig Erleichterung. Die Ballard Power-Aktie konnte sich in der vergangenen Woche geringfügig erholen und den Kurs vom 52-Wochen-Tief bei 1,61 US-Dollar bis auf 1,80 Dollar zum Wochenende bewegen. Die Anteilseigner scheinen zu schätzen zu wissen, dass endlich Klartext geredet wird und konkrete Maßnahmen in Aussicht gestellt werden, um die derzeitige Misere zumindest etwas zu lindern. Über eine bescheidene Erholung hinaus bleiben die Aussichten für die Aktie allerdings mau.
Ballard Power Aktie Chart
Ein klares Signal
Die Sparpläne von Ballard Power bestätigen auch ein Stück weit, was viele Marktakteure schon seit Längerem befürchtet hatten. Der Wasserstoff-Sektor befindet sich in einer mittelschweren Krise, noch bevor er richtig aufdrehen konnte. Der Nutzen des Kraftstoffs, der im besten Fall klimaneutral produziert werden könnte, wird von kaum jemandem ernsthaft bestritten. Doch die hohen Kosten scheuen die allermeisten Unternehmen und auch gebeutelte Staatskassen scheinen ihre Prioritäten aktuell an anderer Stelle zu haben.
Was fehlt, sind gewaltige Investitionen aus Politik und Privatwirtschaft, welche Produktion und Infrastruktur von Wasserstoff endlich im großen Stil nach vorne bringen könnten. An der Börse wurde lange Zeit erwartet, dass entsprechende Initiativen und zahllose Lippenbekenntnisse sich eines Tages in Form von gewaltigen Auftragseingängen bemerkbar machen würden. Dazu ist es bisher aber allenfalls in Ausnahmefällen gekommen. Viel zu viele Vorhaben versickern in einem Sumpf aus Regulierungen, politischen Querelen und dergleichen mehr. In der Praxis kommt da einfach zu wenig an.
Nel ASA und Plug Power schwächeln weiter
Der Sparkurs von Ballard Power macht sich branchenweit bemerkbar. Auch die Anleger von Nel scheinen eher enttäuscht auf entsprechende Meldungen zu blicken. Darauf lässt schließen, dass ein Erholungsversuch in der vergangenen Woche recht schnell wieder abgewürgt wurde. Heute Morgen mussten schon wieder dezente Verluste verzeichnet werden. Es ging kurz nach Handelsbeginn um 0,6 Prozent bis auf 0,46 Euro in die Tiefe. Hier verteidigen die Bullen noch eine Unterstützung, die kurz zuvor zurückerobert werden konnte. Dass der Kurs sich auf Jahressicht fast halbiert hat, bleibt aber schwer zu übersehen.
Plug Power hatte mit seinen jüngsten Erholungsversuchen etwas mehr Erfolg, blieb aber vor dem Wochenende bei 1,96 US-Dollar und damit unterhalb der magischen 2-Dollar-Marke hängen. Auch wenn es zuletzt keine neuen Tiefstände zu sehen gab, so bleiben die Kurse im Segment doch weiterhin ein Trauerspiel. Platzen dürfte der Knoten erst, wenn Aufträge im großen Stil eintrudeln werden. Plug Power konnte diesbezüglich zuletzt sogar die eine oder andere Neuigkeit abliefern. Doch sollte die Entwicklung bei Ballard Power ein verlässlicher Indikator sein, so stehen uns wohl noch einige weitere Monate, wenn nicht Jahre des Stillstands an der Börde bevor, wenn nicht gar Schlimmeres.
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