Liebe Leserin, Lieber Leser,
gestern Morgen erst hatten Anlegerinnen und Anleger mit Wasserstoff-Aktien im Depot schwer zu schlucken. Der überraschend deutliche Wahlerfolg von Donald Trump ebnet in den USA den Weg zu einer Renaissance der fossilen Brennstoffe und einem Aus von diversen Projekten rund um Klimaschutz sowie die Reduktion von CO2-Emissionen. Für die nächsten vier Jahre wird es in Übersee wohl heißen „Drill, baby, drill“. Wasserstoff-Aktien stehen da unter keinem guten Stern.
Hierzulande gab es noch keine Gelegenheit zum Verschnaufen. Denn bereits am Abend folgte die nächste politische Hiobsbotschaft. Die Ampel-Koalition ist spektakulär zerbrochen, nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz Finanzminister Lindner aus dem Amt entlassen hat und ihm alle FDP-Minister bis auf Verkehrsminister Volker Wissing folgten. Jener trat aus der FDP aus und will sein Amt nun weiterführen.
Was passiert als nächstes?
Für die kommenden Wochen und Monate bedeute dies zusätzlich Unsicherheit. Gerade in Sachen Wasserstoff sind zunächst überhaupt keine Durchbrüche mehr zu erwarten. Olaf Scholz will die Vertrauensfrage erst Mitte Januar stellen und damit den Weg für Neuwahlen freimachen. Bis dahin regiert er mit einer rot-grünen Minderheitsregierung, die in Sachen Klimaschutz mit enormer Wahrscheinlichkeit keine Erfolge mehr erzielen kann. Themen wie Wasserstoff stehen ohnehin nicht ganz oben auf der Agenda.
Stattdessen bemüht der Kanzler sich vor allem darum, Ukraine-Hilfen auszuweiten und sein Rentenpaket in die Tat umsetzen zu können. Aus der Opposition wird lauthals gefordert, die Vertrauensfrage schon früher zu stellen, am besten schon zu Beginn der kommenden Woche. Doch selbst wenn es dazu käme, würden sich die Aussichten für Wasserstoff-Aktien nicht eben verbessern.
Wasserstoff auf dem Abstellgleis?
Den Umfragen lässt sich entnehmen, dass bei einer Neuwahl das Bündnis aus CDU und CSU als großer Sieger dastehen dürfte. Möglich erscheint aktuelle eine Koalition mit der SPD und/oder den Grünen. Bei einer solchen Konstellation dürften Projekte rund um Wasserstoff erst einmal hintenangestellt werden. Bekanntlich kann die Union sich viel mehr für Alternativen wie eine Belebung der Kernkraft erwärmen.
Doch es lässt sich nur spekulieren, was in den kommenden Jahren auf uns zukommen mag oder eben nicht. Sicher ist für den Moment nur, dass Wasserstoff in der Spitze der Politik zunächst in den Hintergrund rückt. Neue Förderungen sind nicht absehbar, stattdessen muss schon darum gebangt werden, dass bereits zugesagte Unterstützungen nicht wieder gekippt werden.
Ballard Power stürzt weiter ab
Dass die Branche schon mit Inflation Reduction Act und Co. nicht das beste Bild hinterlässt, zeigte Ballard Power gestern mit seinen Quartalszahlen sehr eindrucksvoll. Bereits im gestrigen Newsletter beschäftigten wir uns am Rande damit. Kurz zusammengefasst weiteten die Verluste sich aus, die Umsätze brachen ein und die Erwartungen der Märkte wurden spektakulär verfehlt. Zusammen mit Trumps Wahlerfolg entstand daraus ein explosives Gemisch, welches die Ballard Power-Aktie ungebremst in die Tiefe schickte.
Um satte 19,2 Prozent verlor der bereits schwer angeschlagene Titel an Wert und pendelte sich per Handelsschluss bei 1,35 US-Dollar ein. Zuvor wurde bei 1,32 Dollar ein neues Mehr-Jahres-Tief markiert. Sinkende Kursziele und kassierte Kaufempfehlungen auf Seiten der Analysten rundeten das katastrophale Bild ab. Selbst die letzten Optimisten scheinen sich nun zu verabschieden und Lichtblicke am Horizont sind äußerst rar gesät bis nicht vorhanden.
Ballard Power Aktie Chart
Ernüchterung bei Plug Power
Naturgemäß litten US-Aktien unter dem Wahlerfolg von Donald Trump am meisten und so wertete die Plug Power-Aktie auch ohne eigene Enttäuschungen um 21,8 Prozent bis auf 1,97 Dollar ab. Zu Wochenbeginn trieben Hoffnungen auf einen Wahlsieg von Kamala Harris die Kurse noch in die Höhe, zeitweise bis auf mehr als 2,50 Dollar. Nun folgt darauf die große Desillusion und noch dazu die Sorge, dass der nächste Rückschlag nicht lange auf sich warten lassen könnte.
Bereits am kommenden Dienstag wird auch Plug Power seine Bücher öffnen und die Wahrscheinlichkeit für Enttäuschungen muss als hoch betrachtet werden. Spannend zu sehen wird auch sein, ob das Unternehmen den Wechsel in der US-Regierung bei seinen weiteren Prognosen bereits berücksichtigen wird. In diesem Ozean aus enttäuschenden Entwicklungen findet sich für den Moment leider noch kein Anzeichen von freundlichen Signalen.
Es geht abwärts bei Nel ASA und SFC Energy
In Europa fällt die Stimmung nur geringfügig besser aus. Nel ASA verzeichnet ebenfalls rote Vorzeichen und findet sich am Donnerstagmorgen zurück beim 52-Wochen-Tief bei 0,33 Euro. Hier spielen auch gestoppte Offshore-Projekte in Schweden eine Rolle. Über allem schwebt aber das ungute Gefühl, dass Wasserstoff von der Politik in den nächsten Jahren vornehmlich Gegenwind ernten könnte.
Darauf reagiert auch die Aktie von SFC Energy allergisch. bis auf 18,14 Euro ging es hier am Mittwoch in die Tiefe, was den niedrigsten Stand seit Anfang April markierte. Unter dem Strich kann das Unternehmen sich noch einigermaßen behaupten, wohl auch aufgrund einer fundamental soliden Basis. Doch der Abwärtstrend im Chart lässt sich kaum leugnen und der Verlust der 20-Euro-Marke schmerzt noch immer sehr. Seit den Höchstständen aus dem Mai wertete die Aktie um mehr als 25 Prozent ab.
Kopf hoch!
Es ist nur nachvollziehbar, wenn einige Anleger aufgrund der jüngsten politischen Entwicklungen das Vertrauen in Wasserstoff-Aktien verlieren. Ich kann momentan leider auch keine handfesten Aussichten auf bessere Tage liefern. Doch als bekennender Optimist erkenne ich dennoch auch die guten Dinge an der vermeintlich aussichtslosen Lage. Spätestens jetzt dürften die Erwartungen der Märkte klar abgesteckt sein. Das lässt darauf schließen, dass die Zeiten vorbei sind, in denen viel versprochen und wenig gehalten wurde.
Eingestellt sind die Börsianer nun auf eine mehr als ungünstige Ausgangslage und schon kleine Erfolge könnten da für viel frischen Wind sorgen. Zudem wird gerade Europa sich nicht einfach von Wasserstoff verabschieden (können). Gut möglich also, dass noch bestehende Chancen momentan etwas untergehen und neue Tiefststände sogar Einstiegschancen bieten können. Versprechen kann und will ich Ihnen nichts. Doch bekanntlich lassen sich mit Investments am Tiefpunkt auf lange Sicht noch immer die höchsten Renditen erzielen. Etwas Mut und Zuversicht kann sich daher gerade an den dunkelsten Tagen auszahlen.
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