Die Geldmengenvermehrung, für die die Zentralbanken sorgen, wirbelt
 die Einkommens- und Vermögensposition der Menschen durcheinander,
 macht einige reicher auf Kosten anderer. Anleger müssen aufpassen, von
 diesem „Cantillon-Effekt“ nicht überrollt zu werden!
TÜCKISCH: DER „CANTILLON-EFFEKT“
Lassen Sie uns beginnen mit einer Einsicht, die zwar theoretisch klingt, die aber
 sehr praxisrelevant ist, und die jeder Anleger kennen sollte. Sie lautet: Wenn die
 Geldmenge steigt, verschieben sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse
 in der Volkswirtschaft. Anders gesagt: Eine Geldmengenausweitung ist nicht
 „neutral“, sie schafft vielmehr Gewinner und Verlierer.
Diese Einsicht wiederspricht
 dem „Lehrbuchwissen“, das in Schule und Universität verbreitet wird.
 Dort liest und hört man entweder, dass die Ausweitung der Geldmenge „neutral“
 sei, dass sie „nur“ die Güterpreise in die Höhe treibt; oder man wird davon
 unterrichtet, dass die Ausweitung der Geldmenge das Wirtschaftswachstum anschiebt
 und damit alle besser stellt.
Der irisch-französische Ökonom und Autor Richard Cantillon
 (1680–1734) verfasste um 1730 das Manuskript
 Essai sur la Nature du Commerce en Général, das nachfolgend
 große Verbreitung fand und das vielfach als
 Startpunkt der Politischen Ökonomik angesehen wird
 (es wurde erst 1755 als Buch veröffentlicht).
Darin zeigt
 Cantillon unter anderem hellsichtig auf, dass eine Vermehrung
 der Geldmenge die Eikommens- und Vermögensverhältnisse
 unterschiedlicher Personen in unterschiedlicher
 Weise verändert. Diese wichtige Erkenntnis
 erklärt sich wie folgt:
Bei einer Geldmengenausweitung erhalten nicht alle
 Personen zur gleichen Zeit den gleichen Anteil an der neu ausgegebenen Geldmenge.
 Diejenigen, die als erste an das neue Geld gelangen, sind die Begünstigten.
 Sie können mit dem neuen Geld Güter kaufen, deren Preise sich noch nicht
 verändert haben. Wenn das Geld nachfragewirksam eingesetzt wird, steigen jedoch
 die Güterpreise (gegenüber einer Situation, in der die Geldmenge nicht angestiegen
 wäre).
Das neue Geld wird sprichwörtlich von Hand zu Hand gereicht,
 und die letzten, die das neue Geld erhalten, oder die, die gar nichts von ihm abbekommen,
 können die Güter nur noch zu erhöhten Preisen kaufen.
Das bedeutet: Die Erstempfänger des neuen Geldes werden reicher, die Spätempfänger
 werden ärmer; und die ganz großen Verlierer sind diejenigen, die gar
 nichts von der neuen Geldmenge abbekommen. Dieser „Cantillon-Effekt“ tritt
 stets ein, wenn die Geldmenge in der Volkswirtschaft erhöht wird, unabhängig
 davon welche Geldart verwendet wird: ob also die ungedeckte Geldmenge
 steigt, oder ob die Menge des Gold- oder Silbergeldes vermehrt wird, in beiden
 Fällen tritt der Cantillon-Effekt ein.
In einem Geldsystem jedoch, in dem ungedecktes
 Geld ausgegeben wird – wie es heute überall auf der Welt der Fall ist –,
 fällt der Cantillon-Effekt prinzipiell weitaus stärker aus, als wenn Edelmetallgeld
 Verwendung findet – denn während ersteres willkürlich und beliebig vermehrbar
 ist, ist das bei zweiterem nicht so ohne weiteres möglich.
Warum Anleger auf die Geldmenge achten sollten
Hinter dem bereits dargelegten Cantillon-Effekt verbergen sich im Grunde zwei
 Wirkungen. Zum einen führt der Zuwachs der Geldmenge bei einigen Marktakteuren
 zu einer „Bereicherung“: Ihr Kontostand steigt an. Und ob sie das Geld
 nun auf ihrem Konto halten oder es ausgeben, sie werden dadurch reicher gegenüber
 denen, deren Kontostand sich nicht (in gleichem Umfang) erhöht hat.
Die Kaufkraft der einen steigt also gegenüber der Kaufkraft der anderen. Dieser
 Umverteilungseffekt kommt unabhängig davon zustande, ob die Güterpreise
 steigen, fallen oder unverändert bleiben. Üblicherweise wird das Geld jedoch
 ausgegeben, um damit Güter (Konsum-, Produktions- und/oder Vermögensgüter)
 zu kaufen. Wenn das Geld zu Nachfragezwecken eingesetzt wird, dann steigen
 die Preise der Güter (im Vergleich zu einer Situation, in der die Geldmenge
 nicht erhöht worden und die Güternachfrage unverändert geblieben wäre).
Wie
 der Cantillon-Effekt zeigt, führt auch das zu einer Umverteilung von Einkommen
 und Vermögen innerhalb der Volkswirtschaft. Dabei ist zu beachten, dass die
 „ersten Käufer“ begünstigt werden auf Kosten der „späten Käufer“. Die resultierende
 Preiswirkung erfasst alle Güterpreise, also auch die Preise der Bestandsgüter,
 die sich bereits im Besitz der Marktakteure befinden wie zum Beispiel Aktien,
 Häuser und Grundstücke.
Wer folglich Güter in seinem Portfolio hält, deren
 Preise durch die Geldmengenausweitung inflationieren, für den wirkt der Cantillon-
 Effekt vorteilhaft; der Cantillon-Effekt macht ihn/sie sozusagen zum „Inflationsprofiteur“.
 Wer über keine Güter verfügt, deren Preise in die Höhe steigen,
 hat das Nachsehen.
ENTTÄUSCHEND: ANLEIHERENDITEN ZU GERING
Jeder Anleger ist gut beraten, den Cantillon-Effekt in seinen Entscheidungen zu
 berücksichtigen. (Allerdings ist es leider so, dass es einigen durchaus gelingen
 mag, sich vor Vermögensverlusten zu schützen; jedoch wird es nicht allen gelingen,
 denn irgendwer hat letztlich die Folgen des Cantillon-Effektes zu tragen.)
Betrachten wir ein Beispiel: Derzeit wächst die Euro-Geldmenge M3 mit etwa 12
 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Wenn Ihr Kontostand, liebe Leserin, lieber Leser,
 ebenfalls auf Jahressicht um 12 Prozent zugelegt hat, ist ihre relative Vermögensposition
 in der Volkswirtschaft (tendenziell) unverändert geblieben.
Sollte Ihr Kontostand um mehr als 12 Prozent zugelegt haben, dürften sie (tendenziell)
 zu den Gewinnern der Geldmengenausweitung zählen. Wenn aber ihre
 Guthaben um weniger als 12 Prozent zugenommen haben, werden sie vermutlich
 zu denen gehören, die das Nachsehen haben, deren relative Vermögensposition
 sich verschlechtert hat. (Dabei ist nicht berücksichtigt, wie sich die Preise der
 Güter, die man im Portfolio hält, sich entwickelt haben.) Um das Problem, das
 der Cantillon-Effekt für den Anleger verursacht, noch besser verstehen zu können,
 werden im Folgenden einige Daten betrachtet.
Abb. 1 a zeigt die 10-jährige Rendite der US-Staatsanleihen in Prozent von Anfang
 1980 bis Februar 2021, nominal und real (das heißt inflationsbereinigt).
 Man erkennt, dass die nominale und auch die reale Rendite einem fallenden
 Trend gefolgt sind: Im Zeitablauf sind sie immer weiter abgesunken. Zudem wird
 ersichtlich, dass die reale Rendite mittlerweile auf beziehungsweise sogar unter
 der Nulllinie angekommen ist.
Im Durchschnitt der letzten fünf Jahre belief sich
 die reale Rendite auf nur noch 0,16 Prozentpunkte pro Jahr. Ein enttäuschendes
 Resultat für alle, die immer noch hoffen, mit Staatsanleihen ließe sich Vermögen
 aufbauen.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Inflation der Konsumgüterpreise
 mitunter kein verlässlicher Indikator für die tatsächliche, die wahre Geldentwertung
 ist. So sind Konsumgüterpreisindices häufig nicht repräsentativ für
 die Ausgabestruktur individueller Privathaushalte. Weiterhin erfassen die Konsumgüterpreise
 nicht oder nur unzureichend die Inflationsentwicklung der Vermögengüter
 – und dazu zählen beispielsweise Aktien, Häuser, Grundstücke etc.
 Aussagekräftig(er) dürfte es sein, die Entwicklung der 10-jährigen Rendite der
 US-Staatsanleihen dem Wachstum der US-Geldmenge M2 gegenüberzustellen
 (Abb. 1 b).

Bis etwa 1997 lag die nominale Anleiherendite über der Wachstumsrate der
 Geldmenge. Wer Anleihen hielt, der wurde also tendenziell entschädigt für den
 Zuwachs der Geldmenge. Wer Anleihen hielt, dessen Vermögensposition verschlechterte
 sich nicht, obwohl die Geldmenge anstieg. Ab dem Jahr 1997 etwa
 übersteigt jedoch das Geldmengenwachstum die Anleiherendite. Seither wird der
 Anleiheinvestor nicht mehr entschädigt für den Anstieg der Geldmenge – er sich
 kann sich mit dem Halten von Anleihen nicht mehr schützen vor den Vermögensverschiebung,
 für die die Geldmengenausweitung sorgt.
Abb. 2 a und b zeigen den Langfristzins der Euro-Staatsanleihen (in nominaler
 und realer Rechnung) sowie die Euro-Anleiherendite und das Euro-Geldmengenwachstum.
 Im Euroraum zeigt sich ein ähnliches Bild wie in den Vereinigten Staaten
 von Amerika. Im Trend fallende Nominal- und Realzinsen, und das Geldmengenwachstum
 übersteigt mit Beginn des 21. Jahrhunderts (im Trend) die nominale
 Rendite.
Das Halten von Anleihen war folglich in den letzten zwanzig Jahren
 keine empfehlenswerte Strategie, um den Folgen der Geldmengenausweitung zu
 entkommen. Und nach vor geblickt, gibt es leider auch keinen Grund, eine Änderung
 dieser Situation zu erwarten. Im Gegenteil.

VERLOCKEND: AKTIEN- UND HÄUSERMÄRKTE
In den vergangenen Jahrzehnten haben die Aktienmärkte den Anlegern Renditen
 beschert, die im Durchschnitt deutlich höher ausfielen als die Zuwachsraten
 der Geldmengen. Abb. 3 a und b zeigen diese Verhältnisse für die Vereinigten
 Staaten von Amerika und den Euroraum. Die gezeigte Entwicklung hat vermutlich
 mehrere Gründe. Aktien repräsentieren Anteile am Produktivkapital. Erfolgreiche
 Unternehmen werden im Zeitablauf intrinsisch wertvoller, und das schlägt
 sich in steigenden Aktienkursen nieder.
Zudem dürfte zwischen Geldmengenausweitung
 und Aktienkursen tendenziell ein positiver Zusammenhang bestehen:
 Eine Ausweitung der Geldmengen treibt die Güterpreise in die Höhe, einschließlich
 der Preise für Bestandsvermögen, und dazu zählt das Unternehmervermögen
 beziehungsweise dessen Marktkapitalisierung.
Zur Preisbildung auf den Vermögensmärkten
Nicht nur die Geldmengenausweitung beeinflusst die Vermögenspreise, sondern
 auch die Zinspolitik der Zentralbank. Die Preise für Aktien, Häuser und Grundstücke
 werden üblicherweise gebildet, indem die künftig erwarteten Zahlungen, die
 diese Vermögensbestände abwerfen, auf die Gegenwart abgezinst werden. Je
 niedriger dabei der Zins ist, desto höher fällt der Gegenwartswert der abgezinsten
 Zahlungen aus, und je höher wird auch ihr Marktpreis sein.
Hinzu kommt der
 „Geldmengeneffekt“: Steigt die Geldmenge, steigen tendenziell auch die Güterpreise
 („alles wird teurer“). Die Preissteigerung erfasst natürlich auch das Bestandsvermögen.
 Beispielsweise weil mit künftig höheren Gewinnen gerechnet
 wird – und sei es auch nur, weil die Investoren mit inflationär aufgeblähten Erfolgszahlen
 rechnen. Auch auf diese Weise steigt der Gegenwartswert der abgezinsten
 Zahlungen, und folglich gehen auch die Aktienkurse in die Höhe.

Weder in den Vereinigten Staaten von Amerika noch im Euroraum konnten im Betrachtungszeitraum
 die Häuser- beziehungsweise Immobilienpreise mithalten mit
 dem Anstieg der Geldmengen (Abb. 4 a und b). Man konnte folglich seine relative
 Vermögensposition nicht erhalten, geschweige denn verbessern, indem man auf
 Immobilien gesetzt hat. (An dieser Stelle ist allerdings anzumerken, dass die obige
 Darstellung die Mieteinnahmen nicht berücksichtigt; die Rendite der Immobilien
 wird folglich unterschätzt.
Und vorsichtshalber sei hier auch betont, dass es sicherlich
 einzelne Immobilien gab (und gibt), die dem Investor einen Vermögensschutz
 und sogar Vermögenszuwachs beschert haben, nur ist das – wie die Indices zeigen
 – eben nicht über alle Immobilien hinweg betrachtet der Fall gewesen.)
RATSAM: EDELMETALLE
Von 1980 bis etwa 2000 bot das Halten von Gold und Silber keine Möglichkeit,
 eine Wertsteigerung zu erzielen, die die Zuwachsrate der Geldmenge überstieg
 (Abb. 5 a und b). Das änderte sich jedoch mit Beginn des 21. Jahrhunderts. Der
 Anstieg des Goldpreises fiel deutlich höher aus als der Zuwachs der Geldmenge.
Mitte März 2021 war das gleiche auch für das Silber festzustellen, wenngleich
 die zwischenzeitlichen Preisschwankungen hier merklich stärker ausgefallen sind
 als beim Gold. (Es sei darauf hingewiesen, dass die beiden Graphiken nicht zeigen
 sollen, ob Gold und Silber derzeit „richtig“ bewertet sind, ob sie also zu
 „teuer“ oder zu „billig“ sind; dazu ist eine andere Analyse erforderlich.)

Abb. 6 zeigt die Veränderungsraten von Geldmengen, Aktienkursen, Häuserpreisen
 sowie Gold- und Silberpreisen für unterschiedliche Zeiträume. Ein Ergebnis
 sticht hervor: Über alle Perioden war das Halten von Geld (in unverzinslicher
 Form) ein Verlustgeschäft; es hat in der hier betrachteten nominalen Rechnung
 keine Erträge erzielt, seine Kaufkraft ist in realer Rechnung gesunken.
In
 der langen Frist (1980 bis 2021) hatten die Aktien (USA: +12,7% pro Jahr, Euroraum:
 +9,9%) die Nase vorn, gefolgt von Häusern (Euroraum: +4,3%, USA:
 +4,2%) und Gold (+3,2%); Silber erzielte ein negatives Ergebnis (–0,14%). Nur
 mit Aktien gelang es allerdings, eine Rendite zu erzielen, die über dem Geldmengenwachstum
 lag.
Das Bild ändert sich in der Phase 2000 bis 2021: Gold (+9,3% pro Jahr) und Silber
 (+7,9%) schlugen Aktien (USA: +7,1%, Euroraum: +4,7%) und auch Immobilien
 (USA: 3,2%, Euroraum: 3,1%). Der Zuwachs der Gold- und Silberpreise
 lag zudem über dem durchschnittlichen Zuwachs der Geldmengen. In der
 Zeit 2008 bis 2021 erzielten US-Aktien die größten Preiszuwächse (+10,7%),
 gefolgt von Gold (+7,0%) und Silber (+5,0%); der Preiszuwachs der Edelmetalle
 reichte nicht ganz an die Zuwachsrate der US-Geldmenge (+8,2%) heran. Zwar
 gibt dieser kurze „Blick in den Rückspiegel“ keine verlässliche Indikation für die
 künftige Entwicklung. Aber er gibt zumindest überlegenswerte Hinweise.

RISIKOREICH: NEUES REGIME
Die Geldentwertung der letzten zwei Jahrzehnte hat sich vor allem in den Vermögensmärkten
 gezeigt, tendenziell weniger ausgeprägt im Anstieg der Konsumgüterpreise.
 Auf den Anleihemärkten sind die Renditen von den Zentralbanken
 so weit heruntergedrückt worden, dass der Anleger keine positive Realverzinsung
 mehr erzielte; die Renditen lagen unterhalb des Geldmengenwachstums,
 so dass für Anleihebesitzer Vermögensnachteile beziehungsweise
 –verluste die Folge waren.
Das Gold war – und spätestens ab Beginn des 21.
 Jahrhunderts auch das Silber – ein deutlich besseres Wertaufbewahrungsmittel
 als US-Dollar und Euro (und auch andere ungedeckte Währungen, die hier nicht
 betrachtet wurden).
Eine Abkehr von der Niedrig- beziehungsweise Nullzinspolitik ist in den kommenden
 Jahren nicht zu erwarten, und es ist damit zu rechnen, dass die Zentralbanken
 ihre Politik der relativ hohen Geldmengenausweitung fortsetzen werden
 – vor allem um die chronisch defizitären Staatshaushalten zu finanzieren.
Die Wahrscheinlichkeit ist daher sehr groß, so unsere Einschätzung, dass die
 Kaufkraft von US-Dollar, Euro und Co noch stärker unter die Räder kommt –
 durch ein Ansteigen der Konsumgüter- und/oder der Vermögenspreisinflation.
 Eine fortgesetzte Preisinflation insbesondere auf den Aktien- und Häusermärkten
 wäre vor diesem Hintergrund alles andere als verwunderlich.
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