Da Immobilienpreise und Mieten trotz Pandemie und Geldpolitikwende zuletzt weiter kräftig stiegen, blickt Vonovia auf ein weiteres Rekordjahr zurück. Das bestätigten die Jahreszahlen, die der Konzern am Freitag vorgelegt hatte. Die Erlöse kletterten demnach im Vorjahresvergleich um knapp 19% auf 5,2 Milliarden €. Die Miete hatten sich im Schnitt auf 7,33 € pro Quadratmeter erhöht – 2,4% mehr als im Vorjahr.
Der operative Gewinn in Form von Funds from Operations (FFO) – bei Immobilienfirmen die zentrale Kennziffer – legte im vergangenen Jahr deutlich zu von 1,3 auf 1,67 Milliarden €. Im Schlussquartal trug auch die Übernahme des Konkurrenten Deutsche Wohnen zum Wachstum bei.
Unter dem Strich ging der Gewinn wegen Wertberichtigungen auf Geschäfts- und Firmenwerte zwar um 15% auf 2,8 Milliarden € zurück; Aktionäre sollen dennoch eine leicht erhöhte Dividende von 1,66 € erhalten.
2,2 Milliarden € hatte Vonovia 2021 in Modernisierungen, Neubau und Instandhaltung gesteckt – 13% mehr als im Vorjahr. Dank des jüngsten Deutsche-Wohnen-Zukaufs legte der Verkehrswert des Immobilienportfolios um zwei Drittel auf 98 Milliarden € zu.
Mit Blick auf 2022 sieht sich der Wohnungskonzern weiter auf Wachstumskurs. „Wir erwarten für Umsatz, EBITDA und Group FFO ein Wachstum von mehr als 20%“, sagte Unternehmenschef Rolf Buch. Demnach soll das operative Ergebnis (FFO) 2022 auf 2,0 bis 2,1 Milliarden € steigen.
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Vorwürfe gegen Beteiligung Adler noch nicht vom Tisch
Durch den Zusammenschluss ist Vonovia zu Europas größtem Wohnungskonzern avanciert, mit mehr als 568.000 Wohnungen in Deutschland, Österreich und Schweden. Der Übernahme war ein langes Tauziehen mit mehreren gescheiterten Versuchen vorausgegangen. Anfang 2023 soll die Integration von Deutsche Wohnen abgeschlossen sein, sagte Vonovia-Chef Buch.
Keine neuen Information lieferte der Vorstand hingegen zur Adler Group – dem Immobilienunternehmen, bei dem der Branchenprimus mit einem Aktienpaket von 20,5% zum Großaktionär aufgestiegen ist. Der auf Berlin fokussierte Wettbewerber kämpft derzeit gegen schwere Vorwürfe von Shortsellern. Im vergangenen Herbst hatte der Leerverkäufer Fraser Perring Adler des Betrugs, der Manipulation und Täuschung beschuldigt.
Das Immobilienunternehmen weist die Vorwürfe zurück, bis dato gelang es jedoch noch nicht, sie final zu entkräften. Die Wirtschaftsprüfungsfirma KPMG eruiert den Fall, der sich bereits seit Monaten hinzieht. Seitdem hat Adler den Großteil seiner Immobilien verkauft, der Aktienkurs des SDAX-Unternehmens ist immer weiter abgestürzt.
Eine Entscheidung, wie es mit der Adler-Beteiligung weitergeht, soll im Herbst fallen, sagte Vonovia-Chef Buch. Im November hieß es noch, dass eine Mehrheitsübernahme nicht ausgeschlossen sei.
Krisenresistente Value-Add-Strategie
Aus Investorensicht liegt der große Reiz an Vonovia in seinem integrierten Geschäftsmodell. Das Unternehmen kombiniert sein Kerngeschäft der Vermietung mit wohnungsbezogenen Dienstleistungen wie Gartenpflege, Hausmeisterdienste und Instandhaltung. Die Value-Add-Strategie führt zu einem besseren Kostenmanagement und nach Firmenangaben auch zu höheren Kundenzufriedenheit.
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Spannend sind ebenfalls Vonovias Aktivitäten als Holding: Der Branchenriese kauft strategische Beteiligungen an anderen europäischen Immobiliengesellschaften, wie zuletzt an der niederländischen Vesteda.
Darüber hinaus zeigte Vonovia zuletzt seine hohe Krisenresistenz: Die Covid-19-Pandemie hat das Unternehmen ohne nennenswerte negative Auswirkungen überstanden.
Abhängig vom Niedrig-Zins-Umfeld
Was allen Beteiligten jedoch klar ist: Die Erfolgsfaktoren des Immobilienkonzern basieren in hohem Maß auf einem Niedrig-Zins-Umfeld. Im Kerngeschäft und bei den kostspieligen M&A-Aktivitäten ist es der entscheidende Hebel.
Das Vonovia-Management geht davon aus, dass der Markt auch in den kommenden Jahren sehr liquide bleiben wird. Im Geschäftsbericht erklärt das Unternehmen, dass es aufgrund „anhaltend niedriger Inflationsrate und der jüngsten Verlangsamung der wirtschaftlichen Konjunkturentwicklung“ auch mittelfristig ein „attraktives Zinsumfeld“ in Europa für wahrscheinlich halte.
Nun, was wir derzeit auf dem Markt beobachten, ist meiner Meinung nach, dass Vonovia hier falsch liegt. Diese Umkehrung des für Vonovia „attraktiven“ Zinsumfelds wird derzeit eingepreist. Der Aktienkurs des Unternehmens korrigiert nicht umsonst stärker als der breite Markt. So steigen derzeit nicht nur die Anleiherenditen: Auch die Zentralbanken haben längst eine restriktivere Haltung eingenommen.
Es ist daher nicht nur sehr fraglich, inwieweit Vonovia seine M&A-Aktivitäten weiterhin finanzieren kann. Höhere Zinsen werden sich auf spürbar auf das Kerngeschäft der Immobiliengesellschaft auswirken. In Deutschland wird zwar bereits vor einer Blase gewarnt; mit einem Crash rechne ich jedoch nicht. Der hohe Regulierungsgrad auf dem hiesigen Wohnungsmarkt wird so etwas kaum zulassen.
Dennoch halte ich zwei Dinge nicht für garantiert: Die Immobilienpreise und Mieten müssen nicht notwendigerweise immer weiter steigen. Es könnte bald auch eine Weile lang abwärts gehen.
Ähnlich verhält es sich in der Republik mit der Wohnungsnachfrage. Vieles deutet darauf hin, dass der demografische Wandel im Land ab 2025 zu einem Rückgang der Nachfrage nach Wohnraum führen wird. In diesem Szenario wäre die Möglichkeit, die Mieten zu erhöhen, sehr begrenzt.
Eine riskante Wette
Ich halte Vonovia für ein großartiges Unternehmen, aber Anleger sollten sich jetzt nicht von der derzeit günstigen Bewertung der Aktie blenden lassen. Der Markt preist derzeit Veränderungen im fundamentalen Umfeld ein. Diese Korrektur ist gerechtfertigt und führt damit nicht automatisch zu einem besseren Risiko-Ertrags-Verhältnis.
Letztlich bleibt der Titel eine Wette auf weiter steigenden Immobilienpreise und Mieten. Anleger sollten das berücksichtigen und nicht auf die „Es kann nur aufwärts gehen“-Erzählung hereinfallen.
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