x
Finanztrends App Icon
Finanztrends App Kostenlos herunterladen! Jetzt bei Google Play

Volker Schilling (Greiff): Brave new world – Das Ende der Globalisierung

07.03.2023 – Der Krieg in der Ukraine beschäftigt derzeit die Welt und auch die Finanzmärkte. Langfristig wird der Ukraine-Konflikt tektonische Auswirkungen auf die Märkte haben, sagen Volker Schilling und Leonhard Fischer, die gemeinsam den Der Zukunftsfonds verwalten. Im Dialog mit der Greiff PartnerLOUNGE erklärt das Duo, warum der russische Ausschluss aus dem SWIFT-System ein strategischer Fehler war, welche Folgen die Deglobalisierung auf die Aktienmärkte hat und wieso Der Zukunftsfonds sich mit seinen Risikoansatz komplett vom Rest der Industrie unterscheidet.

Herr Schilling, Herr Fischer, wir befinden uns in ungewöhnlichen und dramatischen Zeiten. Wie blicken Sie auf die aktuelle Situation in der Ukraine?

Leonhard Fischer: In jedem Fall ist Russland der große Verlierer. Das betrifft dabei nicht nur die politischen und wirtschaftlichen Folgen, sondern auch die militärische Seite. Denn Russland steht nach außen immer für zwei Sachen: Seine Rohstoffe und sein Militär. Es wurde immer ein großer Anteil des Bruttoinlandsprodukts in die Rüstung und das Militär investiert – und jetzt zeigt sich, dass diese Armee deutlich hinter den eigenen Erwartungen zurückbleibt. Insofern könnten wir jetzt einen Wendepunkt bei der militärischen Wahrnehmung und Entwicklung sehen. Russland steht nun vor der künftigen Entscheidung: Die Armee abrüsten oder umrüsten.

Gibt es in diesem schrecklichen Konflikt überhaupt einen Gewinner?

Fischer: Ja, und zwar die USA. Denn die US-amerikanische Position hat sich trotz der großen Diskussion um den Abzug der US-Truppen aus Afghanistan in jeder Hinsicht gestärkt. Wieder einmal zeigt sich, dass der technologische Vorsprung der Vereinigten Staaten extrem groß ist.

Und Europa auf der anderen Seite…

Fischer: … hat durch den Einsatz von SWIFT als politische und wirtschaftliche Waffe einen strategisch schweren Fehler gemacht – für den wir noch zahlen werden. Denn das SWIFT-System ist als internationale Gemeinschaft zu sehen. Wenn die Europäische Union jetzt ein Land von heute auf morgen ausschließt, ist das ein Signal an alle anderen Mitglieder des SWIFT-Systems: Uns kann es auch treffen. Außerdem wurden bisher nur sechs russische Banken aus dem SWIFT-System ausgeschlossen. Das war eine rein symbolische Aktion, die großen strategischen Schaden anrichten wird. Wenn, dann hätte die Europäische Union den Kauf von Öl, Gas und anderen Rohstoffen aus Russland direkt, unmittelbar und vollständig abbrechen müssen. Das hätte Russland heftig getroffen – aber dann hätten wir auch mit den Konsequenzen leben müssen.

Welche weiteren wirtschaftlichen Folgen könnte der russische Ausschluss aus dem SWIFT-System haben?

Fischer: Viele Nationen werden sich deutlich intensiver damit beschäftigen, wie sie ihr Geld unabhängig von westlichen Währungen diversifizieren können. In anderen Worten: Wir sehen ein Ende der Finanzglobalisierung und werden eine Blockbildung mit der USA auf der einen und China auf der anderen Seite sehen. Das Signal ist eindeutig: Die Deglobalisierung schreitet voran und wird zum zentralen Thema der kommenden Dekade werden.

Volker Schilling: Aber das scharfe Schwert SWIFT-System scheint zumindest aktuell zu funktionieren, denn in der russischen Wirtschaft findet ein Ausverkauf statt und der Druck auf die russische Wirtschaft wächst weiter. Weltweit gesehen gibt es jedoch ein weiteres Szenario, das großen Einfluss auf die globalen Märkte haben könnte…

… die Stagflation?

Schilling: Richtig. Die Inflation ist hoch und wird es auch bleiben. Zudem wird sich das Wachstum durch die Deglobalisierung verringern. Insofern ist die Stagflation ein greifbares Szenario.

Fischer: Ehrlicherweise gibt es in den westlichen Ländern schon seit Jahren kein richtiges Wachstum mehr. Und auch trotz der Digitalisierung sehen wir in den westlichen Ländern kein Produktivitätswachstum. Insofern müssen wir die Inflation sehr ernst nehmen; und zwar als Investoren und auch als politisches Risiko.

Wie müssen sich Investoren in diesem Umfeld bestehend aus hoher Inflation, wenig Wachstum und einem Krieg in der Ukraine aufstellen?

Fischer: Zuallererst müssen wir anerkennen, dass unser heutiges Finanzsystem ein Kind der Globalisierung aus dem Niedergang der alten Ost-West-Blöcke der 80er Jahre ist. Die Überhitzung dieses Systems führte zur Finanzkrise 2008. Der große politische Shift durch das Aufkaufen von Staatsanleihen durch die Zentralbanken zur Rettung dieses Finanzsystems, der Bondmärkte und schlussendlich der Staatsschulden der westlichen Welt, hat eine notwendige Anpassung künstlich verlängert. Die neue Sektoralisierung der Welt in Blöcke, wird die Wertschöpfungsketten neu aufstellen und tiefgreifende Folgen haben. Der Umbau der westlichen Welt, vor allem in Europa, in eine klimaneutrale und unabhängige Energieversorgung ist von einer noch nie dagewesenen Tragweite. Wir sprechen nicht weniger als von einem Paradigmenwechsel in der Außen- und Sicherheitspolitik, der Energiepolitik und einer Deglobalisierung. Wir alle unterschätzen das Ausmaß dieses Paradigmenwechsel, in dem wir leben. Vor allem die Finanzmärkte unterschätzen die massiven Auswirkungen auf die Märkte. Bei null Zinsen und hoher Inflation bleiben eigentlich nur die Börse und generell Sachwerte. Aber wir müssen uns auch klar machen, dass die Erträge der vergangenen zehn Jahre nicht mehr erreicht werden. Wir prognostizieren keinen Crash, sondern viele kleinere Verwerfungen, die die Märkte beschäftigen werden. In den kommenden zehn Jahren geht es deshalb nicht darum, das Kapital zu vermehren, sondern darum, das Kapital zu erhalten.

Wie haben Sie Ihren Zukunftsfonds positioniert?

Schilling: Im aktuellen Umfeld haben wir uns mit einem Übergewicht bei Rohstoffen positioniert und unsere Aktienquote im Rahmen der Ukraine-Krise antizyklisch erhöht. Zudem haben wir eine Gold-Position und Kryptowährungen zur Diversifikation des Portfolios sowie Futures auf den Volatilitätsindex aufgebaut. Unsere absolute Stärke ist, dass wir unsere Risikomodelle nicht vergangenheitsbezogen am Value at Risk orientieren, sondern vorausschauend versuchen, potenzielle Risikoszenarien durch Proxi-Hedges zu antizipieren. Deshalb haben wir den Fonds auch Der Zukunftsfonds genannt. Niedrige Volatilität und steigende Kurse führen im System zu Vorsicht und Zurückhaltung. Quasi ein Anti-VaR, das sich damit komplett von der Industrie unterscheidet. Trotzdem oder gerade deswegen hat der Der Zukunftsfonds seit seiner Auflage am 01.11.2017 an keiner größeren Marktkorrektur teilgenommen, sondern seine Anleger immer in ihrer Wohlfühlzone gehalten.

Neuste Artikel

09:50 Tilray-Aktie: Sie hatten es nicht kommen sehen!Achim Graf
Liebe Leserin, lieber Leser, laut Eigenwerbung besteht Tilrays Mission darin, das Leben von Patienten durch den Zugang zu medizinischem Cannabis zu verbessern „und das vertrauenswürdigste und wertvollste Cannabisunternehmen der Welt zu sein“. Es klingt fast wie ein schlechter Scherz. Was die Kursentwicklung der Aktie des 2013 in Kanada gegründeten Unternehmens anbetrifft kann davon nämlich keine Rede sein. Das Vertrauen schwindet…
09:40 PayPal-Aktie: Kann es nur noch besser werden?Peter Wolf-Karnitschnig
Nachdem bereits 2021 und 2022 schlechte Börsenjahre für die PayPal-Aktie waren, setzt sich der langfristige Abwärtstrend des Zahlungsdienstleisters auch 2023 fort. Seit Jahresbeginn hat die PayPal-Aktie um rund 17 Prozent nachgegeben und notiert inzwischen auf einem Fünfjahrestief. Kann es nur noch besser werden? Optimisten vs. Pessimisten Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Bereits in den letzten Monaten wurde der PayPal-Aktie mehrfach…
09:23 Nikola-Aktie: Die Katastrophe nimmt kein Ende!Peter Wolf-Karnitschnig
Die Kursentwicklung der Nikola-Aktie lässt sich nur noch mit einem Wort beschreiben: Katastrophe! Noch schlimmer: Es ist eine Katastrophe, die einfach kein Ende nehmen will. In den letzten zwölf Monaten ist der Titel des US-amerikanischen E-Lkw-Herstellers um mehr als 90 Prozent in den Keller gerauscht. Allein in den letzten sieben Tagen büßte die Nikola-Aktie mehr als 25 Prozent an Wert…
08:30 Rheinmetall-Aktie: Die nächste Hoffnung!Bernd Wünsche
Rheinmetall gab am Pfingstmontag in den ersten Handelsstunden trotz der grundsätzlich zunächst positiven Einigung in den USA im sogenannten Schuldenstreit nach. Der US-Streit stand seit Tagen im Mittelpunkt der Diskussionen in den Finanzmedien, da eine fehlende Einigung dazu hätte führen können, dass die USA die Wirtschaft massiv schwächen würden. Die Einigung liegt nun vor - Rheinmetall aber zählte nicht zu…
08:16 BYD-Aktie: Jetzt wird es ernstBernd Wünsche
BYD ist sehr schwach in die neue Woche gestartet. Das Unternehmen aus China musste schon in den ersten Handelsstunden einen Abschlag von -1,4 % hinnehmen. Jetzt kann es ernst werden, so die Analysten. Denn es stehen wichtige Daten an. BYD: Die Grenze ist erreicht In China sind die Daten offenbar nicht so besonders erfreulich. Die Einigung im US-Schuldenstreit zwischen den…
08:15 Nvidia-Aktie: Das übersehen fast alle!Bernd Wünsche
Liebe Leserinnen und Leser, Nvidia ist am Montag zum Pfingstfest erneut geklettert. Diesmal ging es um gut 1,2 % aufwärts. Damit erzielte die Aktie schon wieder neue Rekorde. Es scheint derzeit kein Ende in Sicht, wenngleich es natürlich immer mahnende Stimmen gibt. Der KI-Boom wird unterschätzt, meinen einige Beobachter und Analysten dazu. Die jüngsten Zahlen von Nvidia berichten etwas anderes.…
07:55 Amazon-Aktie: Da sollte noch was kommen!Achim Graf
Am Montag war in New York die Börse geschlossen, es war Memorial Day. Daher gilt auch für die Aktie von Amazon noch der Dollar-Kurs vom vergangenen Freitag. Und an jenem Tag hatten sich die Papiere des E-Commerce-Giganten an der Nasdaq ordentlich nach oben entwickelt. Von 115 US-Dollar ging es gleich um fünf Prozent nach oben auf gut 120 Dollar, erstmals…
07:24 Borussia Dortmund-Aktie: Extremer Hammer!Bernd Wünsche
Nackenschläge für alle, die mit Borussia Dortmund fiebern - als Fussball-Unternehmen oder aber als am Aktienmarkt notierte Gesellschaft. Die Aktie verlor am Montag gleich in den ersten Handelsstunden am Pfingstmontag fast -30 %. Dieser Rücksetzer begründet sich offenbar in dem sportlichen Erleben. Am Sonnabend war die Profi-Mannschaft in letzter Minute um den Gewinn der Deutschen Meisterschaft gebracht worden, Konkurrent Bayern…
Mo Varta-Aktie: Nur dann eine Chance!Stefan Salomon
Technische Gegenbewegungen nach Panikreaktionen an der Börse beinhalten oftmals die Chance auf eine kurze, aber kräftige Erholung, die Trader und sehr kurzfristig orientierte Anleger für sich nutzen können. Dabei ist allerdings stets das Risiko verbunden, in einer Aktie spekulativ gegen einen vorherrschenden mittel- bis langfristigen Abwärtstrend zu handeln. In der Varta-Aktie zumindest könnte nach den jüngsten Kursverlusten auch einmal eine…
Mo PayPal-Aktie: Noch keine Erholung!Andreas Göttling-Daxenbichler
Eine erste vorläufige Einigung rund um den US-Schuldenstreit treibt am Pfingstmontag die Kurse tendenziell in die Höhe. Davon können auch Titel profitieren, die zuletzt stark unter Druck standen. Mit der PayPal-Aktie ging es bis zum Vormittag um 1,4 Prozent aufwärts. Ein Grund zum Feiern ist das aber noch nicht. Zum einen fehlen heute Vorgaben aus den USA, wo der Kurs…
Mo Die Aktie des Tages: Borussia Dortmund — Katerstimmung!Andreas Göttling-Daxenbichler
Liebe Leser, allgemein herrschte heute eine recht freundliche Stimmung an den Märkten und selbst manche abgestürzte Aktie freute sich über leichte Kursgewinne. Weit abgeschlagen erscheint da die Aktie von Borussia Dortmund. Der verpasste Meistertitel in der Bundesliga hinterlässt große Spuren. In der heutigen Ausgabe sehen wir uns an, wie es zum massiven Kursdebakel kam und ob es trotzdem noch Hoffnung…
Mo TUI-Aktie: Kommt die Gegenbewegung?Stefan Salomon
Eine echte Bodenbildung ist in der TUI-Aktie aus charttechnischer Sicht noch nicht festzustellen. Aber es besteht durchaus Hoffnung auf eine Gegenbewegung. Denn die jüngste Abwärtsbewegung seit Mitte Januar 2023 hat sich deutlich abgeschwächt. Die Verkäufer haben keinen weiteren Verkaufsdruck aufgebaut. Dabei auffällig sind die hohen Umsätze in der Aktie in den vergangenen Handelstagen. Sicherlich noch ein Nachwirken der Kapitalerhöhung. Und…
Mo BYD-Aktie: Kippt die Stimmung?Andreas Göttling-Daxenbichler
Bei BYD gibt es eigentlich nur wenig bis gar nichts zu meckern. Der chinesische Autobauer blickt trotz aller Krisen rund um die Welt auf ein rasantes Wachstum und stetig steigende Auslieferungszahlen. Dabei kommt der Markteintritt in Europa gerade erst so richtig ins Rollen. Analysten sind da überzeugt von weiteren Chancen und empfehlen die Aktie mehrheitlich zum Kauf. Manches Mal gehen…
Mo Wasserstoff-Aktien: Grüne Vorzeichen bei Nel ASA, auch Plug Power mit Rückenwind, doch das letzte Bisschen sch...Andreas Göttling-Daxenbichler
Liebe Leserin, Lieber Leser, Seit Tagen schon gibt es an der Börse kaum ein anderes Thema als den Schuldenstreit in den USA. Die größte Volkswirtschaft auf dem Planeten stand bis zuletzt kurz vor der Zahlungsunfähigkeit mit potenziell katastrophalen Folgen für die globale Wirtschaft. Umso erleichterter reagieren die Aktionäre darauf, dass eine Lösung nun zumindest absehbar geworden ist. Auch bei Wasserstoff-Aktien…
Mo Varta-Aktie: Kein Grund zum Feiern!Andreas Göttling-Daxenbichler
In den USA kündigt sich eine Einigung im US-Schuldenstreit an, welche im Prinzip nur noch durch den Senat abgesegnet werden muss. Auch wenn die Sache damit noch nicht vollständig über die Bühne gegangen ist, so macht sich an den Märkten doch ein wenig Hoffnung breit. Das hilft auch der schwer angeschlagenen Varta-Aktie auf die Sprünge. Jene konnte sich heute kurz…

Disclaimer

Die auf finanztrends.de angebotenen Beiträge dienen ausschließlich der Information. Die hier angebotenen Beiträge stellen zu keinem Zeitpunkt eine Kauf- beziehungsweise Verkaufsempfehlung dar. Sie sind nicht als Zusicherung von Kursentwicklungen der genannten Finanzinstrumente oder als Handlungsaufforderung zu verstehen. Der Erwerb von Wertpapieren ist risikoreich und birgt Risiken, die den Totalverlust des eingesetzten Kapitals bewirken können. Die auf finanztrends.de veröffentlichen Informationen ersetzen keine, auf individuelle Bedürfnisse ausgerichtete, fachkundige Anlageberatung. Es wird keinerlei Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit, Angemessenheit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen sowie für Vermögensschäden übernommen. finanztrends.de hat auf die veröffentlichten Inhalte keinen Einfluss und vor Veröffentlichung sämtlicher Beiträge keine Kenntnis über Inhalt und Gegenstand dieser. Die Veröffentlichung der namentlich gekennzeichneten Beiträge erfolgt eigenverantwortlich durch Gastkommentatoren, Nachrichtenagenturen o.ä. Demzufolge kann bezüglich der Inhalte der Beiträge nicht von Anlageinteressen von finanztrends.de und/ oder seinen Mitarbeitern oder Organen zu sprechen sein. Die Gastkommentatoren, Nachrichtenagenturen usw. gehören nicht der Redaktion von finanztrends.de an. Ihre Meinungen spiegeln nicht die Meinungen und Auffassungen von finanztrends.de und deren Mitarbeitern wider. (Ausführlicher Disclaimer)