Vienna Insurance: Exklusiv-Interview mit CEO Elisabeth Stadler – „Wir wollen nachhaltiges und profitables Wachstum!“

Unser heutiger Interviewpartner ist Prof. Elisabeth Stadler, CEO von Vienna Insurance.

Die Vienna Insurance Group zählt zu den größten Versicherungskonzernen in Europa. Dabei liegt der Fokus des Unternehmens auf Österreich, Zentral- und Osteuropa. Die Strategie von Vienna Insurance ist auf eine nahhaltige Profitabilität und kontinuierliches Ertragswachstum ausgerichtet.

Prof. Elisabeth Stadler, CEO Vienna Insurance Group

Frau Stadler, der Markt wurde von Hilfsprogrammen überflutet. Erwarten Sie nachhaltige Änderungen bei den Finanzierungsbedingungen?

E. Stadler: Wir gehen weiterhin vom anhaltenden Niedrigzinsumfeld auch für die kommenden Jahre aus. Wir erwarten daher keine relevanten Änderungen bei den Finanzierungsbedingungen.

Was hat sich bei Vienna Insurance durch die Corona-Pandemie verändert?

E. Stadler: Im Neugeschäft wurden durch die Lockdown-Phasen in den Ländern logischerweise Rückgänge verzeichnet. In den Lockerungs-Phasen hat sich die Situation relativ rasch wieder normalisiert und insgesamt konnten wir zum 3. Quartal 2020 ein leichtes Prämienplus verzeichnen.

Bei der Schadenentwicklung war es ähnlich, Rückgänge während des Lockdowns vor allem in der Kfz-Versicherung, andererseits haben sich die Haushaltsunfälle erhöht. Durch den exorbitanten Anstieg an Home-Office Tätigkeiten und damit Zeiten, die wir im Netz verbringen, ist die Cyberkriminalität gestiegen. Wir verzeichnen hier höheres Absicherungsinteresse, ebenso bei Krankenversicherungen aufgrund des erhöhten Gesundheitsbewusstseins in der Bevölkerung. Die operativen Versicherungsgesellschaften der Vienna Insurance Group haben in Österreich keine Staatshilfen Anspruch genommen und wir haben auch niemanden in Kurzarbeit geschickt.

Wie sieht Ihre Dividendenentwicklung aus? Gibt es hier langfristige Folgen aufgrund der Corona-Pandemie?

E. Stadler: Wir haben für das sehr erfolgreiche Geschäftsjahr 2019 eine Dividende von 1,15 Euro pro Aktie ausgeschüttet. Wir sehen die Dividendenzahlung als wichtiges Zeichen, unser Versprechen zu halten, ein stabiler und verlässlicher Partner für unsere Stakeholder zu sein und sie am Erfolg des vergangenen Geschäftsjahres entsprechend mitpartizipieren zu lassen. Wir verfolgen eine nachhaltige Dividendenpolitik. Diese sieht eine Ausschüttung in einer Bandbreite von 30 % bis 50 % des Konzerngewinns nach Steuern und nicht beherrschenden Anteilen vor. Ziel ist es, die Dividende pro Aktie weiterhin an der Entwicklung des Unternehmenserfolgs auszurichten. Wir wollen auch ganz klar an unserer Dividendenpolitik festhalten.

Im operativen Geschäft sind wir solide unterwegs. Schwieriger ist die Einschätzung der mittel- und langfristigen Auswirkungen der Pandemie auf die Volkswirtschaften und damit verbunden die Reaktionen der Kapitalmärkte. Das größte Risiko bleiben für uns die Marktrisiken in Zusammenhang mit unserem Investmentportfolio. Investments in einigen Sektoren wie Ölindustrie, Automobilsektor, Tourismus und Fluglinien haben wir neu evaluiert.

Vor Corona galt in der Regel: Das Wirtschaftswachstum ist in CEE im Schnitt doppelt so hoch als in Westeuropa. Die Experten gehen davon aus, dass dies nach der wirtschaftlichen Erholung 2021 bis 2024 auch wieder gelten wird.

Wahnsinn, vielen Dank für den detaillierten Einblick. Was unterscheidet Vienna Insurance von den Wettbewerbern der Branche?

E. Stadler: Die Vienna Insurance Group fährt im Vergleich zu anderen internationalen Versicherungsgruppen eine klar differenziertere Strategie, die sich im Wesentlichen durch zwei Faktoren manifestiert:

  • Lokale Mehrmarkenstrategie
  • Lokales Unternehmertum

Aufgrund der unterschiedlichen Marktgegebenheiten und soziokultureller Unterschiede ist der Zugang zu den Kunden von Land zu Land anders. Indem die VIG bewusst auf regional etablierte Marken und die Autonomie sowie Expertise des lokalen Managements setzt, trägt sie den länderspezifischen Versicherungs- und Vorsorgebedürfnissen der Kunden Rechnung.

Diese breite Streuung auf eine Vielzahl von Märkten und Marken ermöglicht es uns, auch in Krisensituationen stabil zu bleiben. Je vielfältiger ich aufgestellt bin, desto leichter sind Turbulenzen in einzelnen Märkten oder bei einzelnen Gesellschaften durch das Gesamtergebnis auszugleichen.

Der Vorteil unserer breiten Diversität über Länder, Marken, Vertriebswege und Produkte hat sich auch während der Pandemie bewährt. Unsere Vielfalt ermöglicht uns, weiterhin die sich bietenden Chancen optimal zu nutzen und unsere langfristigen Wachstumsambitionen fortsetzen zu können.  Diese Ambitionen haben wir auch weiterhin, unabhängig von Corona, wie wir jüngst mit dem Erwerb des Zentral- und Osteuropageschäfts der niederländischen Aegon gezeigt haben.

Ich bin gespannt, wohin Ihre Ambitionen führen. Wo sehen Sie dadurch Ihr Unternehmen in 5 Jahren?

Prof. Elisabeth Stadler, CEO Vienna Insurance Group

E. Stadler: Die Vienna Insurance Group hat 1990 als eine der ersten westeuropäischen Versicherungsgruppen mit der Expansion in den Osten begonnen und sich mit einem Marktanteil von rund 18 % zur führenden Versicherungsgruppe in der CEE-Region entwickelt und das wollen wir auch bleiben. Wir sind in 30 Ländern mit rund 50 Versicherungsgesellschaften tätig. Unsere mehr als 25.000 MitarbeiterInnen betreuen über 22 Millionen Kunden. Das Prämienvolumen konnten wir während der 30jährigen Expansionszeit mehr als verzehnfachen (10,4 Mrd. Euro 2019).

Im Rahmen von speziellen Managementprogrammen setzen wir zahlreiche Maßnahmen, um unser Geschäftsmodell hinsichtlich Kosteneffizienz, Synergien und Hebung von Marktpotentialen zu optimieren und unsere Zukunftsfähigkeit abzusichern. Wir investieren zum Beispiel rund 50 Millionen Euro jährlich in Digitalisierungsmaßnahmen. Wir arbeiten derzeit am einem Managementprogramm bis 2025, dass wir im Frühjahr 2021 präsentieren werden.

Aufgrund der anhaltendenden Pandemie und der Unsicherheit ist es derzeit jedoch nicht möglich, konkrete Geschäftszahlen über Prämien- und Gewinnentwicklungen zu nennen.

Zum Abschluss habe ich noch eine Frage an Sie, Frau Stadler: Aus welchen Gründen sollten Anleger in Ihr Unternehmen investieren?

E. Stadler: Für ein Investment in die Vienna Insurance Group sehe ich 4 wesentliche Gründe:

  • Wachstum
  • Verlässlichkeit
  • Weitblick
  • Verantwortung

Wachstum

Wir verfolgen eine klare Strategie, die auf nachhaltiges, profitables Wachstum ausgerichtet ist. Im Fokus steht und bleibt dabei die CEE-Region. Ich sehe die VIG-Aktie auch als Wachstumstitel. Wir wollen weiter wachsen um unsere Marktführerschaft in CEE zu festigen bzw. auszubauen. Bezüglich Akquisitionen prüfen wir laufend entsprechende Möglichkeiten am Markt. Zukäufe erfolgen dort, wo es wirtschaftlich sinnvoll und möglich ist.  Für die Umsetzung einer Wachstumsstrategie benötigt man eine starke Kapitalisierung, die wir aufweisen und die uns auch von Standard & Poor‘s abermals bestätigt wurde. Wir haben mit A+ mit stabilem Ausblick auch seit Jahren das beste Rating im österreichischen Börsenindex, dem ATX.

Verlässlichkeit

Unser Motto gegenüber den Stakeholdern lautet: „ein stabiler und verlässlicher Partner zu sein“. Das manifestiert sich nicht nur in unseren langjährigen Investments in unsere Märkte, sondern auch in einer sehr konservativen und stabilen Veranlagungs- und Rückversicherungspolitik. Wir setzen diesbezüglich auch klare Signale in Richtung Investoren. Wir haben, seit wir an der Wiener Börse gelistet sind (Oktober 1994, seit September 2005 im ATX), ohne Unterbrechung beständig Dividenden ausgeschüttet, insgesamt rund 2 Mrd. Euro.

Weitblick

Selbstverständlich greifen wir Trends und aktuelle Entwicklungen auf und schaffen dafür Absicherungen bzw. Serviceleistungen, wie beispielsweise Absicherung von Cyberrisiken, Einsatz der Blockchain-Technologie im Firmenkundenbereich im Frachtversicherungsgeschäft oder im Bereich der Maschinen- und Kaskoversicherung.

Wir setzen in speziellen Strategieprogrammen („Agenda 2020“) umfangreiche Maßnahmen zur Verbesserung der Profitabilität, Kosteneffizienz, Absicherung der Zukunftsfähigkeit und Strukturverbesserung der Gruppe. Z.B. Synergien durch gemeinsame Back Office Funktionen, Fusionen, Forcierung spezieller Geschäftsbereiche wie Bankversicherungsvertrieb mit Erste Group, Ausbau der Krankenversicherung, des Firmenkundengeschäfts in Nordeuropa, Ausbau eigener Assistance-Gesellschaften, Digitalisierungs-Hubs und Projekte.

Verantwortung

Die Verknüpfung wirtschaftlicher Ziele mit sozialen und ökologischen Aspekten wird speziell durch unseren Hauptaktionär unterstützt. Wir setzen auf Diversität als Innovationsmotor und Motivationsfaktor und sehen die Vielfalt als klaren Wettbewerbsvorteil. Die VIG ist in den beiden Nachhaltigkeitsindizes VÖNIX und FTSE4Good vertreten.

Ich bedanke mich für den tiefen Einblick in Ihr Unternehmen, Frau Stadler. Ich wünsche Ihnen und Ihren Mitarbeitern weiterhin alles Gute für die Zukunft!

Disclaimer

Die auf finanztrends.de angebotenen Beiträge dienen ausschließlich der Information. Die hier angebotenen Beiträge stellen zu keinem Zeitpunkt eine Kauf- beziehungsweise Verkaufsempfehlung dar. Sie sind nicht als Zusicherung von Kursentwicklungen der genannten Finanzinstrumente oder als Handlungsaufforderung zu verstehen. Der Erwerb von Wertpapieren ist risikoreich und birgt Risiken, die den Totalverlust des eingesetzten Kapitals bewirken können. Die auf finanztrends.de veröffentlichen Informationen ersetzen keine, auf individuelle Bedürfnisse ausgerichtete, fachkundige Anlageberatung. Es wird keinerlei Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit, Angemessenheit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen sowie für Vermögensschäden übernommen. finanztrends.de hat auf die veröffentlichten Inhalte keinen Einfluss und vor Veröffentlichung sämtlicher Beiträge keine Kenntnis über Inhalt und Gegenstand dieser. Die Veröffentlichung der namentlich gekennzeichneten Beiträge erfolgt eigenverantwortlich durch Gastkommentatoren, Nachrichtenagenturen o.ä. Demzufolge kann bezüglich der Inhalte der Beiträge nicht von Anlageinteressen von finanztrends.de und/ oder seinen Mitarbeitern oder Organen zu sprechen sein. Die Gastkommentatoren, Nachrichtenagenturen usw. gehören nicht der Redaktion von finanztrends.de an. Ihre Meinungen spiegeln nicht die Meinungen und Auffassungen von finanztrends.de und deren Mitarbeitern wider. (Ausführlicher Disclaimer)