Liebe Leserinnen und Leser,
der Verlust der letzten Spitzenbewertung für Amerika sollte Anleger aufhorchen lassen – aber die eigentliche Botschaft liegt woanders.
Ende letzter Woche gab die Ratingagentur Moody’s bekannt, was viele Finanzmarktteilnehmer schon länger befürchtet hatten: Die USA verlieren ihre letzte Triple-A-Bewertung. Mit der Herabstufung von „Aaa“ auf „Aa1“ zog die letzte große internationale Ratingagentur nach, die der weltgrößten Volkswirtschaft noch die Bestnote gegeben hatte. Ein historischer Meilenstein, der symbolisch für den finanzpolitischen Zustand der USA steht und der weitreichende Konsequenzen für die globalen Finanzmärkte haben könnte.
Das Ende einer Ära
Die Begründung von Moody’s ist ein vernichtendes Urteil für die amerikanische Politik: Es handle sich um das Ergebnis jahrelanger Untätigkeit aufeinanderfolgender US-Regierungen und des Kongresses, den Trend großer Haushaltsdefizite zu stoppen. Besonders alarmierend: Die Zinskosten für die Staatsverschuldung sind nach der Covid-19-Pandemie explodiert und werden laut Prognosen des Government Accountability Office (GAO) in diesem Jahr eine Billion Dollar erreichen – eine Vervierfachung gegenüber 263 Milliarden Dollar im Jahr 2017.
Die US-Staatsverschuldung beläuft sich mittlerweile auf etwa 36 Billionen Dollar, was umgerechnet etwa 106.100 Dollar pro US-Bürger entspricht. Die US-Bundesregierung gab im Haushaltsjahr 2024 mehr als 1,8 Billionen Dollar mehr aus als sie einnahm – das fünfte Jahr in Folge mit Defiziten über einer Billion Dollar. Laut dem GAO wird sich die öffentliche Verschuldung ohne Änderung der Politik bis 2047 verdoppeln und dann doppelt so groß sein wie die gesamte Wirtschaftsleistung des Landes – eine Situation, die als unhaltbar bezeichnet wird und entschlossenes Handeln erfordern würde.
Die Reaktion der Märkte: Beunruhigende Signale
Anders als bei früheren Herabstufungen durch S&P im Jahr 2011 und Fitch im Jahr 2023 scheinen die Märkte diesmal stärker zu reagieren. Der S&P 500 fiel zeitweise um ein Prozent, während die Rendite für 30-jährige US-Staatsanleihen über die psychologisch wichtige Marke von 5 Prozent stieg – ein Niveau, das zuletzt im November 2023 erreicht wurde. Besonders bemerkenswert ist, dass längerfristige Zinssätze in den letzten zwei Jahrzehnten nur selten diese Schwelle überschritten haben.
Diese Marktreaktion spiegelt eine veränderte Wahrnehmung wider. Während Anleger frühere Herabstufungen weitgehend ignorierten, wächst nun die Sorge, dass die fiskalische Situation der USA tatsächlich nicht mehr tragfähig sein könnte. Die Zinskosten werden laut Moody’s bis 2035 voraussichtlich etwa 30 Prozent der Staatseinnahmen verschlingen, verglichen mit etwa 18 Prozent im Jahr 2024 und nur 9 Prozent im Jahr 2021.
Der „Sell America“-Handel nimmt Fahrt auf
Besorgniserregend für Anleger ist vor allem die Gleichzeitigkeit der Marktentwicklungen: Staatsanleihen fallen, der Dollar schwächelt, und die Aktienmärkte geraten unter Druck. Diese unheilige Dreifaltigkeit erinnert an die Turbulenzen vom April, als die Ankündigung neuer Zölle durch Präsident Trump die Märkte erschütterte.
Was die Situation nun verschärft: Während ausländische Investoren sich bereits seit einiger Zeit von US-Vermögenswerten zurückziehen, werden die steigenden Renditen bei Staatsanleihen zunehmend zur Konkurrenz für Aktien. Die Attraktivität des „sicheren Hafens“ USA nimmt ab, und selbst heimische Investoren könnten ihre Allokation überdenken.
Die Fed im Dilemma
Die Herabstufung kommt zu einem kritischen Zeitpunkt für die US-Notenbank. Mehrere Fed-Vertreter, darunter der New Yorker Fed-Chef John Williams und der Präsident der Atlanta Fed, Raphael Bostic, deuteten an, dass die Währungshüter möglicherweise nicht vor September bereit sein werden, die Zinssätze zu senken, da sie mit unsicheren wirtschaftlichen Aussichten konfrontiert sind.
Anleger sehen nun eine Wahrscheinlichkeit von weniger als 10 Prozent für eine Zinssenkung bei der nächsten Fed-Sitzung am 17./18. Juni in Washington. Basierend auf der Preisgestaltung in Fed-Funds-Futures erwarten die Anleger bis Jahresende zwei Zinssenkungen um jeweils einen Viertelprozentpunkt – deutlich weniger als die vier Senkungen, die Ende April noch erwartet wurden.
Politische Dimension: Steuern und Ausgaben im Fokus
Inmitten dieser Marktturbulenzen diskutieren republikanische Gesetzgeber ein neues Steuer- und Ausgabenpaket von Präsident Trump, das nach Ansicht von Kritikern in den kommenden zehn Jahren Billionen zum Haushaltsdefizit hinzufügen könnte. Die politische Realität zeigt wenig Willen zu einer strengeren Haushaltsdisziplin – selbst unter Republikanern, die traditionell für Ausgabendisziplin stehen.
Besonders symptomatisch: Selbst der Vorschlag, eine höhere Steuerklasse für Personen mit Einkommen über 2,5 Millionen Dollar einzuführen, stößt auf erheblichen politischen Widerstand. Steuersätze scheinen nur in eine Richtung zu gehen: nach unten. Diese Tendenz verstärkt den Eindruck, dass die US-Regierung zunehmend von Eliten vereinnahmt wird und die politische Kraft zur Bewältigung struktureller Probleme schwindet.
Welche Bedeutung hat die Herabstufung für Anleger?
Anders als bei vielen Ländern führt die unkontrollierte Verschuldung in den USA nicht automatisch zu einer Flucht aus der Währung und steigenden Zinsen. Der Status des Dollars als Weltreservewährung hat bisher als Puffer gewirkt. Doch die jüngsten Entwicklungen deuten darauf hin, dass dieser Puffer dünner wird.
Eine Bonitätsbewertung einer Ratingagentur soll eine unabhängige Einschätzung eines Schuldners sein. Ratingagenturen bewerten die finanzielle Stärke von Kreditnehmern und vergeben Punkte, die ihre Fähigkeit zur Erfüllung von Schuldendienstzahlungen einstufen. Anleger verlassen sich oft auf Kreditratings, wenn sie Entscheidungen über den Kauf neuer Schulden des Emittenten treffen, sodass die Ratings eine wichtige Rolle bei der Bestimmung der Zinsen spielen können, die ein Kreditnehmer zahlen muss, um Mittel an den Kapitalmärkten aufzunehmen.
Im Fall der USA haben Kreditratings relativ begrenzten Einfluss auf die staatlichen Kreditkosten, da normalerweise eine starke Nachfrage sowohl nach dem Dollar als auch nach US-Staatsanleihen besteht, die als weltweit führender festverzinslicher Vermögenswert gelten. Die US-Bundesregierung profitiert von dem Ruf, ihre Schulden nicht in Verzug geraten zu lassen, und es wird nach wie vor als höchst unwahrscheinlich angesehen, dass dies geschieht.
Fazit: Was bedeutet das für die Zukunft?
Die Herabstufung durch Moody’s ist mehr als ein symbolischer Akt. Sie ist ein deutliches Signal an die Politik und die Märkte, dass die fiskalische Situation der USA nicht mehr ignoriert werden kann. Für Anleger bedeutet dies, dass die Diversifikation über Anlageklassen und Währungen zunehmend wichtiger wird.
Die kommenden Monate werden zeigen, ob die US-Politik den Weckruf hört und entsprechende Maßnahmen ergreift. Bis dahin sollten Anleger die Zinsentwicklung, den Dollar und die politischen Entscheidungen in Washington genau beobachten. Denn obwohl die USA nach wie vor als kreditwürdig gelten, könnte die Zeit des blinden Vertrauens in die finanzpolitische Stärke der weltgrößten Volkswirtschaft vorbei sein.
Die Herabstufung sollte als Warnschuss verstanden werden – nicht nur für die USA, sondern für alle entwickelten Volkswirtschaften mit hoher Verschuldung. In einer Zeit steigender geopolitischer Spannungen und wachsender fiskalischer Herausforderungen könnte die Fähigkeit zur Haushaltskonsolidierung zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor werden. Anleger tun gut daran, diese Entwicklung genau zu verfolgen und ihre Portfolios entsprechend anzupassen.
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