Die Aktie von TUI schien bis Mitte vergangener Woche noch auf einem guten Weg zu sein. Nach einem Rücksetzer bis auf 2,51 Euro am 10. Mai im Xetra-Handel, hatten sich die Papiere des Reisekonzerns wieder auf 2,89 Euro nach oben gekämpft – ein zwischenzeitliches Kursplus von 15 Prozent. Ermutigende Zahlen und Prognosen aus dem Unternehmen hatten die Anleger für die TUI-Aktie offenbar wieder deutlich positiver gestimmt. Davon kann mittlerweile keine Rede mehr sein, eine vermeldete Kapitalerhöhung ließ die Papiere wieder in die Tiefe rauschen. Wo wird das enden? Die Analysten sind sich völlig uneins.
TUI schreckt Anleger mit Kapitalerhöhung
Dass TUI staatlichen Hilfen zurückzahlen will, ist zweifellos eine gute Sache. Dass dies mit weiterer Unterstützung von privaten Investoren passiert, eher weniger – zumindest aus Sicht der Anleger. Das Unternehmen hat laut Medienberichten 162,3 Millionen neue Aktien ausgegeben – zu einem Preis von 2,62 Euro je TUI-Aktie. „Mit den nun eingenommenen 425 Millionen Euro plant der deutsch-britische Konzern Finanzspritzen zu tilgen, die er nach dem Zusammenbruch des Tourismus in der Corona-Pandemie vom deutschen Staat erhalten hatte“, meldete die Tagesschau vor knapp einer Woche.
Der deutsche Konzern mit Sitz in Berlin und Hannover hatte bereits am 1. April 2022 erste Kreditlinien der KfW in Hohe von rund 700 Millionen Euro zurückgegeben. Dass die Anleger auf eine weitere Ausgabe von neuen Aktien mit einer erneuten Verkaufswelle reagierten, war dabei wenig überraschend. Am Tag der Ankündigung der Kapitalerhöhung schickten sie die Aktie von TUI auf 2,51 Euro nach unten – ein Minus von gut 13 Prozent im Vergleich zum Vortagesschlusskurs. Es war nur der Anfang der Talfahrt.
UBS lässt Kursziel bei 1,82 Euro
Die Schweizer Großbank UBS hatte am selben Tag die Einstufung für TUI auf „Sell“ mit einem Kursziel von 155 Pence belassen, was lediglich 1,82 Euro entspricht. Die Kapitalerhöhung könnte das Ergebnis je Aktie um bis zu 9 Prozent verwässern, schrieb Analyst Cristian Nedelcu in einer ersten Reaktion, was zweifellos die Laune an den Märkten weiter eintrübte.
Nicht ganz so skeptisch zeigte sich das Analysehaus Jefferies, das TUI zwar auf „Underperform“ beließ, das Kursziel mit 2,10 Euro jedoch etwas höher ansetzte. Jefferies-Analystin Rebecca Lane sieht „anhaltende Liquiditätsrisiken für den Reiseanbieter“, wie sie in einer ersten Reaktion schrieb. Dass die von der Corona-Pandemie stark gebeutelte TUI in diesem Jahr wieder in die Gewinnzone vordringen will, spielte bei diesen Einschätzungen offenbar keine Rolle.
TUI erwartet „signifikant positives EBIT“
In der Tat hatte sich der Umsatz bei TUI im zweiten Quartal 2021/2022 (Januar bis März) auf 2,13 Milliarden Euro glatt verneunfacht, die Nettoverschuldung sank auf 3,9 Milliarden Euro. „Ein deutlich verbessertes zweites Geschäftsquartal und eine starke Buchungs- und Geschäftsentwicklung zeigen, der Touristikkonzern ist auf dem richtigen Kurs und findet zu alter Stärke zurück“, ließ man selbstbewusst wissen.
TUI-Chef Fritz Joussen jedenfalls rechnet im laufenden Geschäftsjahr mit einem „signifikant positiven bereinigten EBIT“, was die Basis sei für neues Wachstum. Es kann ja auch nur besser werden, denn in der Tat waren die beiden vergangeen Jahre für den Touristik-Konzern ein mittleres Fiasko, wie die folgenden Kennzahlen verdeutlichen.
TUI Group | Umsatz je Aktie (in GBP) | Ergebnis je Aktie |
2018 | 15,67 | 0,56 |
2019 | 15,16 | 0,33 |
2020 | 6,31 | -2,50 |
2021 | 3,67 | -1,91 |
- Quelle: finanzen.net
Doch nun soll bei TUI ja alles besser werden, glaubt man dem Management um Fritz Joussen. Das starke Ostergeschäft war nach Unternehmensangaben dafür „schon der erste wichtige Indikator“. Dazu zählen etwa:
- 1,9 Millionen Gäste reisten im Berichtszeitraum mit TUI – zehn Mal so viel wie im Vorjahreszeitraum (2. Quartal 2021: 0,2 Millionen)
- Neubuchungen der letzten sechs Wochen über alle Märkte über dem Niveau des Sommers 2019
- das branchentypisch schwächeres Winterquartal deutlich besser als Vorjahr
- TUI Hotels & Resorts das dritte Quartal in Folge mit positivem Ergebnis seit Pandemie-Beginn
Analysten erwarten Rekordergebnis bei TUI
Das US-Analysehaus Bernstein Research hatte die Einstufung für Tui nach den Quartalszahlen daher auf „Market-Perform“ mit einem Kursziel von immerhin 2,50 Euro belassen. Der Touristikkonzern entwickle sich „besser als vom Markt erwartet“, schrieb Analyst Richard Clarke. Das vierte Geschäftsquartal dürfte mit einem Rekordumsatz aufwarten, so die positive Einschätzung.
Dies alles veranlasste auch die Deutsche Bank, den TUI-Konzern ebenfalls neu einzuschätzen. Das Institut hatte nach dem Quartalsbericht das ohnehin ordentliche Kursziel für die TUI-Aktie von 3,10 auf 3,30 Euro weiter angehoben, die Einstufung allerdings überreschend auf „Hold“ belassen. Die Geschäfte des Reisekonzerns hätten sich im zweiten Quartal gegenüber dem Geschäftsjahresauftakt eindeutig beschleunigt, schrieb Analyst Andre Juillard laut finanzen.net. Die Orientierung sei also richtig, „aber ein positiver Ausgang bleibe unsicher“. Dennoch rechnete er selbst zu diesem Zeitpunkt mit einem deutlichen Kursanstieg.
TUI-Aktie verliert und verliert
Kurzfristig schien die Deutsche Bank mit dieser Einschätzung Recht zu behalten, die TUI-Aktie legte in der Tat bis auf besagte 2,89 Euro zu. Seit einer Woche allerdings befinden sich die Papiere in einem offenbar unaufhaltsamen Sinkflug. Der Dienstag im Xetra-Handel begann mit einem erneuten Abschlag in Höhe von gut drei Prozent auf nur noch 2,22 Euro. Das von der UBS ausgerufene Kursziel von 1,82 Euro ist somit wahrlich nicht mehr allzu weit entfernt.
Auch die mittel- und langfristige Betrachtung des Kursverlaufs ist wenig ermutigend: So hat die TUI-Aktie allein im zurückliegenden Monat 17 Prozent an Wert verloren. Seit ihrem Zwischenhoch im Februar bei einem Kurs von 3,48 Euro beträgt der Abschlag bereits 35 Prozent. Ganz zu schweigen vom 12-Monats-Hoch aus dem Juni 2021: 4,38 Euro waren die Papiere damals kurzzeitig wert, seitdem hat der Reisekonzern fast die Hälfte seines Börsenwerts eingebüßt. Dieser beträgt bei dem Touristik-Konzern, der nach eigenen Angaben 27 Millionen Kunden zählt, aktuell noch rund 3,85 Milliarden Euro.
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