Der Mai 2025 war ein Monat der Extreme. Während der S&P 500 mit einem Plus von 6,2 Prozent den besten Mai seit 1990 hinlegte, verbirgt sich hinter diesem Glanz eine ernüchternde Realität: Der US-Markt steht nach fünf turbulenten Monaten praktisch bei null und wird von internationalen Börsen so deutlich abgehängt wie seit 1993 nicht mehr.
Ein Comeback ohne Substanz
Nach dem dramatischen Absturz im April, als der S&P 500 auf den tiefsten Stand seit Dezember 2023 fiel, wirkte die Mai-Rally wie eine Auferstehung. Doch der Schein trügt. Mit einem mageren Plus von 0,5 Prozent für das Jahr liegt der Index weit hinter seinen historischen Standards zurück. Während er in den beiden Vorjahren jeweils über 20 Prozent zulegte, kämpft er nun mit einer beispiellosen Underperformance gegenüber dem Rest der Welt.
Noch konkreter: Der S&P 500 hinkt dem MSCI All Country World Index ohne die USA um fast 12 Prozentpunkte hinterher. Deutsche Aktien legten 20 Prozent zu, Hong Kong sogar 18 Prozent. Der amerikanische Traum wird zum internationalen Albtraum.
Trumps Versprechen treffen auf die Realität
Hinter dieser Schwäche stehen die gescheiterten Ambitionen von Präsident Trump, der mit großspurigen Ankündigungen ins Weiße Haus zurückgekehrt war. Putin ignoriert seine Friedensappelle für die Ukraine, Netanyahu hört nicht auf seine Vermittlungsversuche im Nahen Osten, und Elon Musk verlässt frustriert seinen Regierungsposten, nachdem die versprochenen Einsparungen ausblieben.
Das größte Desaster ereignete sich diese Woche vor Gericht: Der US Court of International Trade erklärte Trumps Zollpolitik für weitgehend illegal, auch wenn ein Berufungsgericht das wieder einkassierte. Tatsache bleibt aber: Von 171 eingereichten Klagen gegen seine Präsidialerlasse verlor Trump bereits 128 – ein vernichtendes Zeugnis für seine Regierungsführung. Während er über „schikanöse Richter“ schimpft, gerät sein wirtschaftspolitisches Fundament ins Wanken.
Die Vergeltungssteuer als Eigentor
Doch das wahre Gift für die Märkte lauert in einem scheinbar technischen Detail von Trumps Steuerreform. Sektion 899, euphemistisch „Durchsetzung von Rechtsmitteln gegen unfaire ausländische Steuern“ genannt, bedroht internationale Investoren mit drastischen Steuererhöhungen. Wer aus Ländern mit „diskriminierenden“ Steuerpolitiken stammt – darunter Kanada, Großbritannien, Frankreich und Australien – soll zunächst fünf Prozentpunkte mehr Steuern auf passive Einkommen wie Dividenden und Zinsen zahlen. Diese Rate steigt jährlich um weitere fünf Punkte bis zu einem Maximum von 20 Prozentpunkten über dem regulären Satz.
Die Zielscheibe sind besonders Länder, die „Digital Services Taxes“ auf Technologiegiganten wie Meta erheben oder am multilateralen Abkommen für Mindestunternehmenssteuern teilnehmen. Das würde im Endeffekt dann auch die gesamte EU treffen, inklusive Deutschland, wo sowohl national als auch in der EU insgesamt über Digitalsteuern für Internetriesen wie Meta, Apple, Microsoft und Alphabet nachgedacht wird. Der Gesetzestext mag auf den ersten Blick eher harmlos und technokratisch klingen, trifft aber potentiell Billionen von Dollar an ausländischen Investitionen in US-Assets.
So waren Kapitalmarkt-Experten bereits davor, dass es hier zu einer „Bewaffnung der US-Kapitalmärkte“ kommen könnte, die einen Handelskrieg in einen Kapitalkrieg verwandeln könnte. Denn in der Praxis hieße das, dass ein europäischer Pensionsfonds, der heute zehn Prozent Steuern auf Dividenden amerikanischer Aktien zahlt, künftig 30 Prozent abführen müsste – eine Verdreifachung der Steuerlast.
Kapitalflucht mit globalen Folgen
So melden auch schon amerikanische Broker besorgte Kundenanfragen aus aller Welt. Die Argumentation ist klar: Wir haben es bereits mit einem Markt zu tun, in dem US-Treasuries für ausländische Investoren nicht mehr die attraktivste Anlage sind. Wenn jetzt noch eine massiv ungünstige Steuerbehandlung hinzukommt, dann ist das nur ein weiterer Grund, fernzubleiben.
Die Ironie der Situation: Während Trump versucht, den Dollar zu schwächen und Handelsungleichgewichte zu korrigieren, könnte seine Steuerwaffe genau das Gegenteil bewirken. Weniger ausländische Nachfrage nach US-Assets würde die Finanzierungskosten für die US-Regierung in die Höhe treiben – ein gefährliches Spiel mit dem Feuer.
Besonders brisant wird die Situation, weil ausländische Investoren bereits skeptischer geworden sind. Morgan Stanley warnt vor einer weiteren Schwächung des Dollars und europäischer Aktien mit US-Exposure. Ohne Zolleinnahmen nach dem Gerichtsurteil wird die Suche nach alternativen Finanzierungsquellen dringlicher – und Sektion 899 könnte sich als Schuss ins eigene Knie erweisen.
Der Juni-Blues vor der Tür
Als wäre das politische Chaos nicht genug, steht dem Markt historisch gesehen der schwächste Monat des Jahres bevor. Der Juni brachte in den vergangenen drei Jahrzehnten durchschnittlich nur 0,2 Prozent Gewinn – verglichen mit 0,8 Prozent in allen anderen Monaten. Besonders nach starken Mai-Performance wie in diesem Jahr folgte traditionell eine Sommerflaute.
Trotz aller Widrigkeiten zeigen sich aber auch erste Anzeichen einer gesünderen Marktstruktur. Industrieaktien führen bislang in diesem Jahr mit einem Plus von 8,2 Prozent die Sektorenliste an – ein ermutigendes Signal, da diese Unternehmen eng mit der Realwirtschaft verknüpft sind. Defensive Sektoren wie Versorger und Basiskonsumgüter performten ebenfalls überdurchschnittlich.
Die „Magnificent Seven“ erholten sich zwar um 29 Prozent seit ihren April-Tiefs, liegen aber noch 4,3 Prozent im Minus. Diese Rotation weg von den Megacaps könnte langfristig eine gesündere Basis für weitere Kursgewinne schaffen.
Struktureller Wandel statt zyklische Schwäche
Die aktuelle Situation geht über normale Marktzyklen hinaus. Während der S&P 500 seit seinem Bärenmarkt-Tief im Oktober 2022 um 65 Prozent gestiegen ist, signalisiert die Unterperformance gegenüber internationalen Märkten einen fundamentalen Wandel. Wobei mancher aber auch relativiert: Denn das dritte Jahr eines Bullenmarktes ist traditionell das schwächste, mit durchschnittlich nur 5,2 Prozent Gewinn seit dem Zweiten Weltkrieg.
Doch diesmal könnten strukturelle Faktoren schwerer wiegen als zyklische Muster. Die Vergeltungssteuer droht, eine unkontrollierte Kapitalflucht auszulösen, die den Dollar schwächt und die Inflation anheizt. Was als Druckmittel gegen vermeintlich unfaire Steuerpraktiken gedacht ist, könnte sich als Eigentor historischen Ausmaßes entpuppen.
Der beste Mai seit 1990 kann nicht über die strukturellen Probleme hinwegtäuschen, die sich unter der Oberfläche aufbauen. Trumps Vergeltungssteuer droht, das Fundament der amerikanischen Kapitalmarkt-Dominanz zu erschüttern. Wer jetzt noch auf den US-Markt setzt, sollte die Risiken genau abwägen. In diesem Umfeld könnte Diversifikation zur wichtigsten Anlagestrategie werden.
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