Regional statt global: Wie Anleger vom Paradigmenwechsel profitieren können

Globalisierung weicht regionalen Handelsblöcken: Strategien für Anleger in fragmentierten Märkten. Technologieunternehmen zeigen besondere Widerstandsfähigkeit.

Auf einen Blick:
  • Gewinnprognosen sinken trotz guter Quartalsergebnisse
  • Technologiefirmen trotzen Handelskonflikten erfolgreich
  • Regionale Champions und digitale Geschäftsmodelle im Fokus
  • Historische Parallelen zur Entglobalisierung der 1930er Jahre

Der schwelende Zoll-Krieg belastet trotz aktuell deutlich erholter Märkte immer noch die Stimmung. Während die Gewinne im ersten Quartal 2025 überraschend gut ausfielen, ziehen Unternehmen weltweit ihre Jahresprognosen zurück oder präsentieren düstere Ausblicke.

Ein Bloomberg-Indikator, der die Gewinnprognosen der S&P 500-Unternehmen misst, ist auf den niedrigsten Stand seit mindestens 2010 gefallen – trotz doppelt so hohem Gewinnwachstum wie erwartet im ersten Quartal. In Europa haben sich die Erwartungen für das Gewinnwachstum 2025 so stark verlangsamt wie seit der Covid-Pandemie nicht mehr. Unternehmen ergreifen ungewöhnliche Maßnahmen: United Airlines veröffentlichte gleich zwei Gewinnprognosen – eine für stabile Bedingungen, eine andere für den Fall einer Rezession. Delta und American Airlines zogen ihre Jahresprognosen komplett zurück, ebenso wie Mercedes-Benz.

Was wir erleben, ist nichts weniger als der Beginn einer neuen wirtschaftlichen Weltordnung. Nach Jahrzehnten der Globalisierung bewegen wir uns nun in Richtung einer fragmentierten Weltwirtschaft mit regionalen Handelsblöcken. Für Anleger bedeutet dies eine fundamentale Neuausrichtung ihrer Strategien – weg vom universellen Globalisierungsansatz, hin zu einer differenzierteren Betrachtung der Märkte.

Die versteckten Gewinner der Fragmentierung

Die aktuelle Situation erinnert stark an die 1930er Jahre, die letzte große Periode der Entglobalisierung. In einem bemerkenswerten Bloomberg-Beitrag wird diese Parallele ausführlich beleuchtet. Damals wie heute kämpften technologische Fortschritte, die die Welt enger zusammenbringen wollten, gegen politische Kräfte, die in die entgegengesetzte Richtung drängten. Die Lektion aus der Geschichte ist eindeutig: Politik hat immer mehr Einfluss auf die Richtung der Wirtschaft als Technologie.

In den 1930er Jahren gelang es trotz Handelsbeschränkungen und wirtschaftlicher Unsicherheit einigen Unternehmen, nicht nur zu überleben, sondern zu prosperieren. Sie setzten auf drei Hauptstrategien: Lokalisierung durch starke ausländische Tochtergesellschaften, institutionelle Innovation durch Konsolidierung oder Koordination und Nutzung der regionalen Fragmentierung als Geschäftschance. Das Paradoxe: Die Zahl der multinationalen Unternehmen stieg sogar in einer Zeit der Fragmentierung. Sie passten sich an, indem sie ihre globalen Lieferketten zurückbauten und mehr vor Ort produzierten.

General Motors kaufte damals Opel in Deutschland und Vauxhall in Großbritannien und setzte lokale Manager ein. American Home Products übernahm mehrere kleinere britische Firmen. Andere Unternehmen entwickelten innovative Organisationsformen wie die Multidivisionsstruktur, bei der starke regionale Manager große operative Befugnisse erhielten, während die Zentrale sich auf strategische Planung beschränkte.

Diese historischen Lektionen sind heute aktueller denn je. Harvard-Professor Geoffrey Jones stellt fest, dass Unternehmen gut beraten wären, ihre universellen Globalisierungsstrategien aufzugeben und sich stattdessen als Föderationen nationaler Firmen neu zu organisieren, die flexibel auf lokale Gegebenheiten reagieren können.

Technologieunternehmen trotzen dem Trend

Inmitten all der Unsicherheit gibt es einen Lichtblick: Technologieunternehmen, insbesondere solche im Bereich künstlicher Intelligenz, zeigen bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit. Die aktuellen Quartalszahlen belegen dies eindrucksvoll. Die sogenannten Magnificent Seven haben Befürchtungen eines zollinduzierten Gewinneinbruchs zerstreut. Von den sechs Unternehmen, die bisher Ergebnisse vorgelegt haben, boten vier Umsatzprognosen, die entweder im Einklang mit oder besser als die Erwartungen der Analysten waren.

Die Widerstandsfähigkeit der KI-Giganten ist ein positives Signal für den Gesamtmarkt. In Europa ist das Bild gemischter. Während die Buchungen des Chip-Ausrüsters ASML enttäuschten, signalisierte der deutsche Softwarekonzern SAP eine robuste Nachfrage nach seiner Cloud-basierten Software trotz wachsender Handelsunsicherheiten.

Dies verdeutlicht einen wichtigen Trend: Unternehmen mit einem starken digitalen Fokus und geringer Abhängigkeit von physischen Lieferketten sind besser positioniert, um den Handelsstürmen zu trotzen. Sie können Grenzen überwinden, selbst wenn physische Güter es nicht können.

Interessanterweise haben die Aktienmärkte trotz der düsteren Prognosen eine beeindruckende Erholung erlebt. Der S&P 500 ist seit seinem Tiefpunkt am 8. April um 20% gestiegen, der Hang Seng China Enterprises Index um 14% und der Stoxx 600 um 17%. Anleger scheinen Unternehmen zu belohnen, die sich auf unterschiedliche Zoll- und Wirtschaftsszenarien vorbereiten, sowie solche mit geringerer Zollexposition und nachhaltiger Ertragskraft.

Die neue Anlagestrategie für fragmentierte Märkte

Für Anleger erfordert die aktuelle Situation einen Paradigmenwechsel. Anstatt auf globale Giganten zu setzen, die von offenen Märkten profitieren, sollten sie nach Unternehmen Ausschau halten, die bestimmte Eigenschaften aufweisen. Gefragt sind Firmen mit regionaler Stärke und Anpassungsfähigkeit, die eine starke lokale Präsenz und die Fähigkeit besitzen, ihre Geschäftsmodelle an lokale Gegebenheiten anzupassen. Unternehmen mit dezentraler Struktur und starker lokaler Verwurzelung werden in diesem Umfeld florieren.

In einer Zeit unterbrochener Lieferketten werden zudem Unternehmen, die kritische Teile ihrer Wertschöpfungskette kontrollieren, einen Wettbewerbsvorteil genießen. Diese vertikale Integration reduziert die Abhängigkeit von potenziell beeinträchtigten internationalen Lieferanten und sorgt für mehr Stabilität in unsicheren Zeiten.

Besonders interessant sind Unternehmen mit digitalen Geschäftsmodellen. Firmen mit einem hohen Grad an Digitalisierung sind weniger anfällig für die physischen Barrieren des Handels. Software, Cloud-Dienste und digitale Plattformen können Grenzen überwinden, selbst wenn physische Güter es nicht können. Dies erklärt auch, warum Technologieunternehmen in der aktuellen Situation besser abschneiden als traditionelle Industrieunternehmen.

Nicht zu unterschätzen ist auch der Bereich der kritischen Infrastruktur und Sicherheit. Regierungen weltweit investieren in diese Bereiche, um ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit zu stärken. Unternehmen in Sektoren wie Cybersicherheit, Energieunabhängigkeit und Verteidigung profitieren von diesem Trend und bieten daher interessante Anlagemöglichkeiten.

Praktische Schritte für Ihr Portfolio

Wie können Sie Ihr Portfolio an diese neue Realität anpassen? Ein erster wichtiger Schritt ist die Überprüfung Ihrer globalen ETFs. Breit gestreute globale ETFs könnten in einer fragmentierten Welt nicht mehr die optimale Wahl sein. Erwägen Sie, einen Teil Ihres Portfolios in regionale ETFs umzuschichten, die auf spezifische Handelsblöcke ausgerichtet sind. Dies ermöglicht eine gezieltere Allokation und reduziert das Risiko, das von globalen Handelskonflikten ausgeht.

Parallel dazu lohnt es sich, auf lokale Champions zu setzen. Identifizieren Sie Unternehmen, die in ihren Heimatmärkten eine dominante Stellung haben und gleichzeitig über die Flexibilität verfügen, sich an veränderte Handelsregeln anzupassen. Diese Unternehmen sind oft besser in der Lage, regulatorische Veränderungen zu antizipieren und ihre Geschäftsmodelle entsprechend anzupassen.

Trotz der allgemeinen Marktunsicherheit sollten Sie die Technologiebranche im Auge behalten. Wie bereits erwähnt, zeigt dieser Sektor Anzeichen von Stärke. Insbesondere Bereiche wie künstliche Intelligenz, Cloud-Computing und Cybersicherheit könnten sich als widerstandsfähig gegenüber Handelskonflikten erweisen, da sie weniger auf physische Lieferketten angewiesen sind und oft einen hohen Grad an Lokalisierung aufweisen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Diversifizierung nach Währungen. In einer fragmentierten Weltwirtschaft könnten Währungsblöcke entstehen, ähnlich wie in den 1930er Jahren. Eine Diversifizierung über verschiedene Währungen hinweg kann dazu beitragen, diese Risiken zu mindern und gleichzeitig von unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklungen in verschiedenen Regionen zu profitieren.

Bemerkenswert ist auch der aktuelle Versuch, trotz aller Spannungen den Dialog aufrechtzuerhalten. So haben die Handelsminister des Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsforums APEC, darunter die USA und China, kürzlich eine gemeinsame Erklärung verabschiedet, in der sie sich auf die Reform globaler Handelsregeln konzentrieren – allerdings ohne Erwähnung von Zöllen, dem Hauptstreitpunkt. Die beiden größten Volkswirtschaften erreichten am Wochenende zudem einen vorläufigen Waffenstillstand, der einen massiven Abbau der Zölle für 90 Tage vorsieht. Solche diplomatischen Erfolge könnten kurzfristige Erholungen an den Märkten unterstützen.

Fazit: Krisen sind auch Chancen

Die aktuelle Situation mag beunruhigend erscheinen, aber sie bietet auch Chancen für weitsichtige Anleger. Die Geschichte lehrt uns, dass selbst in Zeiten wirtschaftlicher Fragmentierung und politischer Instabilität Unternehmen gedeihen können, die sich anpassen und innovativ sind.

Die Herausforderung besteht darin, die Gewinner dieser neuen Ära zu identifizieren – Unternehmen, die die Fragmentierung als Chance begreifen und nicht als Hindernis. Mit einem differenzierten, regional ausgerichteten Ansatz und einem Fokus auf widerstandsfähige Geschäftsmodelle können Anleger nicht nur überleben, sondern in dieser neuen Wirtschaftsordnung erfolgreich sein.

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