Nein, der Kursverlauf der Aktie von NIO lädt aktuell wirklich nicht zu Begeisterungsstürmen ein. Vor dem Wochenende waren die Papiere des aufstrebenden, chinesischen Elektroauto-Herstellers bereits eingeknickt, ebenso wie die der heimischen Konkurrenten XPeng und LI Auto, und haben sich im Laufe der Woche nur leicht erholt. Den Donnerstag begann die NIO-Aktie jedoch erneut mit einem herben Abschlag, am Handelsplatz Frankfurt ging es am Vormittag um fast vier Prozent zurück auf 18,61 Euro. Das passt allerdings nicht zur Nachrichtenlage. Denn der Tesla-Herausforderer hat nun eine revolutionäre Ankündigung bestätigt, die alle(s) in den Schatten stellen würde.
NIO bestätigt die Feststoffbatterie für 2022
Denn laut übereinstimmender Medienberichte kündigte NIO an, in der Tat noch bis Ende dieses Jahres eine 150 Kilowattstunden-Feststoffbatterie anbieten zu wollen. Das berichten chinesische Medien unter Verweis auf Aussagen aus Unternehmenskreisen. Das Entscheidende: Der Anfang 2021 vorgestellte NIO ET7, eine E-Limousine, die das bisher aus SUV und einem Crossover bestehende Portfolio ergänzt, wird mit diesem Akku nach Unternehmensangaben eine Reichweite von rund 1.000 Kilometern erlangen.
1000 Kilometer! Das würde alle bislang auf dem Markt erhältlichen Serien-Elektroautos weit überragen. Ob dies auch nach dem bei uns maßgeblichen WLTP-Messverfahren gilt, ist allerdings nicht ganz klar. Es wäre ein satter Sprung.
Mercedes, Tesla und BMW bislang vorne
Laut Auto-Bild ist der Reichweitenmeister derzeit der Mercedes EQS, der auf eine WLTP-Reichweite bis zu 785 Kilometern kommt. Tesla schaffte es mit dem Model S Long Range und einer Reichweite von bis zu 663 Kilometern demnach nur noch auf Rang zwei. Dritter in der Rangliste sei der BMW iX, der mit einer Ladung laut WLTP auf bis zu 630 Kilometer kommt. Sie alle aber hätten gegen den NIO ET7 keine Chance.
Erreichen will das chinesische Start-up das durch eine neue Technologie: Die Feststoffbatterie verfügt laut Elektroauto News über einen festen Elektrolyten, das Anodenmaterial sei ein silizium-kohlenstoffbasiertes Verbundmaterial ergänzt nach NIO-Angaben um „Ultrahoch-Nickel-Kathodenmaterial“. Die Energiedichte beträgt demnach 360 Wattstunden/Kilogramm. Der NIO ES8 fahre damit rund 850 Kilometer, der ES6 etwa 900 Kilometer und der ET7 besagte 1.000 Kilometer weit. „Bestehende NIO-Kunden können die neue Feststoffbatterie im Rahmen eines flexiblen Batterie-Upgrade-Programms bekommen“, so der Bericht.
NIO lässt Kunden monatlich die Wahl
Nutzer dieses Programms können die Batteriepacks demnach monatlich oder jährlich ändern, je nach Anforderung. In einigen chinesischen Städten sei dieses Programm bereits erfolgreich getestet worden, etwa 8.700 Kunden seien dabei. Bisher stehen NIO-Kunden Batterien mit Kapazitäten zwischen 70 und 75 Kilowattstunden (Standard Range) und die Long Range-Version mit 100 Kilowattstunden zur Verfügung. Bisher.
Festkörperakkus gelten nach Angaben von ecomento.de zwar als sicherer und insgesamt leistungsfähiger als aktuelle E-Auto-Akku-Technologien, „werden aber eigentlich erst gegen Mitte des Jahrzehnts als Lösung für Serienfahrzeuge erwartet“, wie es heißt. Und so ist demnach bezüglich der NIO-Ankündigung auch Skepsis angebracht: „Andere Hersteller trauen sich das erst in einigen Jahren zu, denn Akkus mit festem statt flüssigem Elektrolyt gelten als noch nicht serienreif“, so die Elektroautoexperten.
Batteriewechsel bald auch in Deutschland
Doch NIO traut sich was, das hat das Unternehmen bereits mit seinen Batterie-Wechselstationen bewiesen. Innerhalb von rund fünf Minuten ist der leere gegen einen vollen Akku getauscht. Aktuell steht laut des Anlegermagazins Der Aktionär in China 62 Prozent der NIO-Kunden eine solche Power Swap Station im Umkreis von drei Kilometern zur Verfügung. Bis 2025 soll dieser Wert auf 90 Prozent steigen. Zugleich hatte das Unternehmen auf dem NIO Power Day Anfang Juli die nächste Generation seiner Batteriewechselstationen angekündigt. In den Genuss werden NIO zufolge auch deutsche Kunden kommen.
Denn NIO will nach dem Start in Norwegen im vergangenen Jahr noch im Oktober 2022 den Verkauf in Deutschland starten und einen ersten Showroom in Berlin eröffnen. Mit der Limousine ET7 werde der Markteintritt im größten europäischen Automarkt erfolgen, berichtete jüngst der Spiegel. „Am Berliner Breitscheidplatz an der Gedächtniskirche soll dann das erste Nio House eröffnen, ein aufwendiger Showroom, der etwa Konferenzräume und Bars beherbergt und Teil eines Klubkonzepts für die gehobene Kundschaft ist.“ Auch in Hamburg, München und Frankfurt wollen die Chinesen demnach solche Stores aufbauen. Ende Juli bereits solldie erste Batteriewechselstation an der A 8 fertiggestellt sein. Weitere sollen zunächst an Autobahnen folgen, später auch in Städten.
NIO-Aktie enttäuschte zuletzt
Angesichts all dieser Nachrichten sowie eines Rekordmonats Juni, mit 12.961 verkauften E-Fahrzeugen verzeichnete NIO einen Anstieg bei den Zulassungen um 60,3 Prozent gegenüber Juni 2021, ist die Entwicklung des Aktienkurses schon ein wenig enttäuschend.
- 1 Woche: -4,1 Prozent
- 1 Monat: -13,2 Prozent
- 6 Monate: +5,0 Prozent
- 1 Jahr: -45,6 Prozent
NIO weiter mit hohen Kurszielen
Dies gilt insbesondere deshalb, da auch die Analysten von NIO noch Großes erwarten. So hatte jüngst die chinesische Bank CICC eine Kaufempfehlung für die Papiere ausgesprochen. CICC hob NIO „als einen Marktführer für Elektrofahrzeuge in der Oberklasse an und hebt zudem das Geschäftsmodell mit Premium-Services“ hervor. Dabei ist das Kursziel noch verhältnismäßig bescheiden, wie folgende Auflistung zeigt:
Kursziel | Kurspotenzial | |
CICC Bank | 25,00 US-Dollar | +29,1% |
Citigroup | 41,10 US-Dollar | +112,2% |
Morgan Stanley | 31,00 US-Dollar | +60,1% |
Morgan Stanley-Analyst Tim Hsiao begründete seine „Overweight“-Einstufung für NIO mit den guten Umsätzen des Unternehmens im Juni sowie einem guten Volumenverlauf im zweiten Halbjahr. Positiv hob der Experte drüber hinaus die starke Produktpipeline des Tesla-Jägers hervor. Und von der revolutionären Feststoffbatterie war dabei noch nicht einmal die Rede.
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