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Trump und von der Leyen: Handelskrieg oder Handelsfrieden?

Kritische Verhandlungen zwischen EU und USA könnten ab 1. August hohe Strafzölle auslösen oder eine neue Handelsära einleiten. Beide Seiten bereiten Gegenmaßnahmen vor.

Auf einen Blick:
  • Drohende 30% Strafzölle auf EU-Exporte in die USA
  • EU plant Vergeltungsmaßnahmen im Wert von 100 Mrd. Euro
  • China als indirekter Fokus der US-Handelspolitik
  • Komplexe Lieferketten erschweren Durchsetzung von Zöllen

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

während Sie diese Zeilen lesen, sitzt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vermutlich bereits im Flugzeug nach Schottland. Ihr Ziel: Ein entscheidendes Gespräch mit Donald Trump, das über die wirtschaftliche Zukunft von über 500 Millionen Europäern bestimmen könnte. Am kommenden Freitag läuft eine Frist ab, die entweder den Beginn einer neuen Ära des transatlantischen Handels markiert oder Europa in einen kostspieligen Handelskrieg mit den USA stürzt.

Die Ausgangslage könnte dramatischer nicht sein. Ohne eine Einigung drohen ab dem 1. August Strafzölle von 30 Prozent auf europäische Exporte in die USA. Das würde nicht nur deutsche Autobauer, französische Luxusgüterhersteller und italienische Maschinenbauer treffen, sondern letztendlich jeden europäischen Verbraucher über höhere Preise belasten.

Der Poker um Prozentpunkte

Was derzeit zwischen Brüssel und Washington verhandelt wird, ist ein komplexes Tauschgeschäft. Die EU soll nach aktuellen Berichten mit 15-prozentigen Zöllen auf die meisten ihrer Exporte davonkommen – deutlich weniger als die angedrohten 30 Prozent, aber immer noch schmerzhaft genug für europäische Unternehmen.

Besonders interessant: Trump selbst räumt den Verhandlungen nur eine „50-50 Chance“ ein und spricht von etwa 20 strittigen Punkten, die noch geklärt werden müssen. Diese Ehrlichkeit ist bemerkenswert für einen Präsidenten, der normalerweise Verhandlungserfolge bereits vor deren Abschluss verkündet.

Die geplanten Ausnahmen von den Zöllen verraten viel über Amerikas wirtschaftliche Abhängigkeiten. Luftfahrt, bestimmte Medizinprodukte, Generika und spezielle Fertigungsausrüstungen sollen verschont bleiben – alles Bereiche, in denen die USA auf europäische Expertise angewiesen sind. Stahl und Aluminium hingegen würden durch ein Quotensystem geschützt, darüber hinaus aber mit 50-prozentigen Strafzöllen belegt.

Die Verhandlungen gehen jedoch weit über Zölle hinaus. Auch nichttarifäre Handelshemmnisse, die Zusammenarbeit bei wirtschaftlichen Sicherheitsfragen und strategische EU-Käufe in Bereichen wie Energie und Künstliche Intelligenz stehen auf der Agenda. Europa hat bereits signalisiert, Zölle auf viele Industriegüter und landwirtschaftliche Produkte abzuschaffen – ein Entgegenkommen, das die Gespräche voranbringen könnte.

Europas nukleare Option

Die EU hat sich für den Fall des Scheiterns bereits gerüstet. Ein Vergeltungspaket im Wert von 100 Milliarden Euro liegt in den Schubladen der Brüsseler Bürokratie. Boeing-Flugzeuge, amerikanische Autos und Bourbon-Whiskey stehen ganz oben auf der Abschussliste. Zusätzlich könnte das neue Anti-Zwangs-Instrument der EU zum Einsatz kommen – eine Art handelspolitische Atomwaffe, die auch Dienstleistungen und öffentliche Aufträge ins Visier nehmen kann.

Diese Drohkulisse ist mehr als nur Säbelrasseln. Sie zeigt, dass Europa gelernt hat, sich gegen amerikanische Handelspolitik zur Wehr zu setzen. Die Zeiten, in denen die EU stumm amerikanische Zölle hingenommen hat, sind vorbei. Die Geschwindigkeit, mit der diese Gegenmaßnahmen implementiert werden könnten, unterstreicht Europas Entschlossenheit.

China im Schatten der Verhandlungen

Während sich Europa und die USA um Zollsätze streiten, schwebt ein größerer Schatten über den globalen Handelsbeziehungen: China. Trumps aggressive Zollpolitik zielt primär darauf ab, chinesische Waren aus amerikanischen Lieferketten zu verdrängen. Doch diese Strategie zeigt bereits unerwartete Nebenwirkungen.

Südostasiatische Länder wie Vietnam, Indonesien und die Philippinen sehen sich mit Zöllen von 19 bis 20 Prozent konfrontiert. Der Grund: Washington vermutet, dass chinesische Unternehmen ihre Produkte über diese Länder in die USA schleusen, um hohe China-Zölle zu umgehen. Wer beim sogenannten Transshipping erwischt wird, muss sogar 40 Prozent Strafzoll zahlen.

Das Problem: Die Lieferketten sind so komplex geworden, dass eine klare Herkunftsbestimmung nahezu unmöglich ist. Chinesische Komponenten machen 60 bis 70 Prozent der Exporte aus Südostasien aus. Ein Möbelhersteller aus Shanghai, der in Vietnam produziert, muss bereits jetzt kämpfen, um die lokalen Inhaltsanforderungen zu erfüllen.

Die Situation verschärft sich dadurch, dass Trump auch Zölle auf Kupfer um 50 Prozent erhöht hat und weitere Branchen wie Pharmazeutika und Halbleiter bereits für August ins Visier genommen hat. Diese sektoralen Angriffe zeigen das systematische Vorgehen der amerikanischen Handelspolitik.

Die wirtschaftlichen Realitäten

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Etwa 15 Prozent der südostasiatischen Exporte gehen mittlerweile in die USA – vier Prozentpunkte mehr als 2018. Diese Verschiebung zeigt, wie erfolgreich die Region als Alternative zu China positioniert wurde. Doch genau dieser Erfolg macht sie nun zum Ziel amerikanischer Handelspolitik.

Thailand signalisierte bereits Frustration über die unklaren Anforderungen für lokale Inhalte. Während traditionell 40 Prozent als Maßstab galten, sprechen amerikanische Verhandlungsführer nun von 60, 70 oder sogar 80 Prozent lokaler Wertschöpfung. Für Schwellenländer, deren Fertigungskapazitäten noch im Aufbau sind, sind solche Anforderungen kaum erfüllbar.

Die Grenzen der Durchsetzbarkeit

Hier offenbart sich ein grundlegendes Problem von Trumps Handelspolitik: Die Regeln sind zwar streng, aber schwer durchsetzbar. Wie soll Washington bestimmen, ob ein in Thailand montiertes Elektronikgerät zu viele chinesische Bauteile enthält? Experten sprechen von lokalen Inhaltsanforderungen von 60, 70 oder sogar 80 Prozent – Werte, die für die meisten Schwellenländer kaum erreichbar sind.

„Die Realität ist, dass das überhaupt nicht durchsetzbar ist“, warnt Dan Wang von der Eurasia Group. Chinesische Unternehmen finden immer neue Wege, die Regeln zu umgehen, während die betroffenen Länder weder die Anreize noch die Kapazitäten haben, Washingtons Wünsche zu erfüllen.

Die Trump-Administration will bis zum 1. August Details zu ihrem Ansatz gegen Transshipping veröffentlichen. Doch selbst dann bleiben grundlegende Fragen offen: Gelten die Regeln für Rohstoffe, Bauteile oder auch Dienstleistungen? Wie wird ausländisches Investment bewertet? Diese Unklarheiten schaffen zusätzliche Unsicherheit für internationale Unternehmen.

Lessons learned für Anleger

Was bedeutet dieses handelspolitische Chaos für Investoren? Zunächst einmal Volatilität. Unternehmen mit komplexen internationalen Lieferketten werden weiter unter Druck stehen. Besonders betroffen sind Branchen wie Automobil, Elektronik und Maschinenbau.

Gleichzeitig entstehen aber auch Chancen. Unternehmen, die erfolgreich ihre Lieferketten diversifizieren oder lokale Produktionskapazitäten aufbauen, könnten sich Wettbewerbsvorteile verschaffen. Die Nearshoring-Trends, also die Verlagerung der Produktion näher zu den Absatzmärkten, dürften sich beschleunigen.

Für europäische Anleger ist besonders relevant, wie sich die EU-USA-Verhandlungen entwickeln. Ein Scheitern würde europäische Exporteure hart treffen, könnte aber gleichzeitig europäische Unternehmen begünstigen, die primär für den Binnenmarkt produzieren.

Interessant wird auch die Entwicklung der Rohstoffmärkte. Trumps Kupferzölle zeigen, dass auch Grundstoffe nicht vor protektionistischen Maßnahmen sicher sind. Anleger sollten verstärkt auf Unternehmen setzen, die ihre Rohstoffversorgung diversifiziert haben oder von regionalen Lieferketten profitieren.

Der Blick nach vorn

Das heutige Treffen zwischen von der Leyen und Trump ist mehr als nur ein diplomatisches Ritual. Es könnte den Grundstein für eine neue Welthandelsordnung legen oder den Beginn einer Ära protektionistischer Blockbildung markieren. Die 50-50-Chancen, die Trump selbst einräumt, spiegeln die Ungewissheit wider, die derzeit die globalen Märkte prägt.

Unabhängig vom Ausgang der Verhandlungen steht fest: Die Ära des freien Welthandels, wie wir sie kannten, ist vorbei. An ihre Stelle tritt ein System, in dem geopolitische Überlegungen mindestens so wichtig sind wie wirtschaftliche Effizienz.

Die Auswirkungen reichen weit über die unmittelbar betroffenen Branchen hinaus. Verbraucher müssen sich auf höhere Preise einstellen, während Unternehmen gezwungen sind, ihre Strategien grundlegend zu überdenken. Die Zeiten, in denen globale Effizienz das Maß aller Dinge war, weichen einer Welt, in der Versorgungssicherheit und politische Loyalität wichtiger werden.

Als Anleger sollten Sie sich auf eine Welt einstellen, in der Handelspolitik zur Chefsache geworden ist und sich von einem Tweet zum nächsten ändern kann. Diversifikation wird wichtiger denn je – nicht nur geografisch, sondern auch in Bezug auf Branchen und Geschäftsmodelle.

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