Liebe Leserinnen und Leser,
fast punktgenau zur Halbzeit seines laufenden Geschäftsjahres setzt der Essener Industriekonzern Thyssenkrupp das größte Sparpaket seiner Geschichte durch. Vorstand und die Gewerkschaft IG Metall haben sich auf eine Kombi aus verkürzter Wochenarbeitszeit von 32,5 Stunden, gekürztem Urlaubs- und Weihnachtsgeld und der Schließung einzelner Anlagen geeinigt.
Die Belegschaft der Stahlsparte akzeptiert damit effektiv Gehaltseinbußen von rund acht Prozent; gleichzeitig sollen bis zu 11.000 Arbeitsplätze entfallen oder in externe Einheiten ausgegliedert werden, was die Personalkosten jährlich um einen niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag senken soll. Offenbar hat Thyssenkrupp nun eine neue Ära eingeleitet. Gemeinsam blicken wir in der heutigen Ausgabe auf alle relevanten Hintergründe. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen und bedanke mich herzlich bei Ihnen für Ihre Lesertreue! Ihr Erik Möbus.
Warum ist das kursrelevant?
Der Kompromiss wirkt sich direkt auf den Aktienkurs von Thyssenkrupp aus, weil er erst ermöglicht, dass der Partner EP seinen Anteil am Stahlgeschäft um weitere 30 Prozentpunkte erhöhen darf. Ohne belastbaren Tariffrieden drohte die Transaktion zu scheitern, die frisches Eigenkapital und Know-how ins Unternehmen bringen soll. Während die strukturellen Einschnitte die Börse kurzfristig belasten, schafft die Klarheit über Zeitplan und Umfang des Personalabbaus zugleich Planungssicherheit – ein Faktor, der dem zyklischen Stahlwert seit Jahren gefehlt hat.
Thyssenkrupp Aktie Chart
Thyssenkrupp-Aktie: Grünstahl-Projekt droht Kostenlawine!
Parallel zum Sparpakt rückt das Vorzeigeprojekt „tkH2Steel“ in Duisburg in den Fokus. Ursprünglich waren für die Direktreduktionsanlage drei Milliarden Euro veranschlagt, doch der Vorstand räumt inzwischen ein, dass sowohl Bau- als auch Betriebskosten steigen dürften. Entscheidender Unsicherheitsfaktor bleibt der Preis von grünem Wasserstoff. Ohne verlässliche Versorgung könnte die Anlage selbst bei Fertigstellung 2027 nicht wirtschaftlich laufen, warnt Vorstandschef Miguel López.
Für die Thyssenkrupp-Aktie ist das doppelt heikel: Zum einen drohen höhere Abschreibungen, sollten die Investitionskosten klettern; zum anderen ist der Zugang zu günstiger Energie ein Muss, um grünen Stahl zu wettbewerbsfähigen Preisen anzubieten. Bund und Land Nordrhein-Westfalen haben zwar Förderzusagen von bis zu zwei Milliarden Euro erteilt, doch ohne ausreichende H₂-Infrastruktur bliebe die Anlage ein teures Prestigeobjekt. Investoren müssen deshalb einpreisen, dass der Return-on-Investment länger auf sich warten lassen kann als erhofft.
TKMS-Abspaltung öffnet neue Bewertungsfenster!
Während die Stahlsparte saniert wird, treibt der Konzern die Entflechtung seines Marinegeschäfts voran. Im Juni kündigte Thyssenkrupp an, 49 Prozent von Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) noch 2025 an die eigenen Aktionäre auszuschütten. Die Werftengruppe, deren Auftragsbuch dank hoher U-Boot- und Fregatten-Bestellungen auf 18 Milliarden Euro gewachsen ist, soll nach aktuellem Stand anschließend separat an die Börse gehen.
Berlin hat inzwischen ein erstes Papier abgesegnet, das der Bundesregierung weitreichende Vetorechte bei Großverkäufen und einen Sitz im Aufsichtsrat einräumt, um sicherheitsrelevante Technologie in deutschen Händen zu halten. Für die Thyssenkrupp-Aktie kann dieser Spin-off ein Befreiungsschlag werden: Analysten taxieren den Eigenwert von TKMS mit einem zweistelligen Milliardenbetrag – deutlich mehr als dem Gesamtkonzern derzeit an der Börse zugestanden wird. Durch die künftige Mehrheitsbeteiligung von 51 Prozent bleibt der Cash-Flow aus Verteidigungsaufträgen in Essen, während ein liquider Minderheitsanteil einen transparenten Marktpreis eröffnet.
Politischer Rückenwind durch Kanzler Merz!
Die Regierungsbank liefert der Aktie ebenfalls Impulse. Bundeskanzler Friedrich Merz bekräftigte in der Regierungsbefragung Anfang Juli, Deutschland dürfe bei Stahl nicht von Importen abhängig werden, und stellte einen Stahlgipfel in Aussicht. „Deutschland muss eine eigene Stahlindustrie haben“, erklärte er im Bundestag.
Damit rückt der konservative Wirtschaftsflügel näher an Forderungen der IG Metall nach verlässlichen Energiepreisen und Investitionsanreizen. Für Thyssenkrupp könnten daraus mittelfristig drei Vorteile erwachsen. Erstens politisches Commitment für einen Strompreis-Deckel in der energieintensiven Grundstoffindustrie, zweitens mehr Rechtssicherheit bei staatlichen Beihilfen für Wasserstoff-Projekte und drittens die Option auf erleichterte Genehmigungen bei Standortumbauten.
In einem Umfeld, in dem der US-Präsident mit Strafzöllen auf europäischen Stahl droht und die EU Gegenmaßnahmen vorbereitet, sind klare industriepolitische Leitplanken ein wesentlicher Puffer gegen exogene Schocks. Entsprechend sollten Sie den Verlauf hier detailliert beachten.
Thyssenkrupp-Aktie: Bewertung und Ausblick im Transformationsjahr 2025!
Der Vorstandschef López spricht in diesem Jahr von einer „entscheidenden Wegmarke“ der Konzerntransformation. Die Holding-Struktur schreitet voran: Drei der fünf Geschäftsbereiche sollen Minderheitsbeteiligungen erhalten, während Stahl und Marine in eine eigenständige Zukunft geführt werden. Zusammen mit den im Frühjahr beschlossenen Maßnahmen könnte der freie Cash-Flow 2025 wieder nachhaltig steigen; nach dem milliardenschweren U-Boot-Auftrag zahlte TKMS bereits eine Anzahlung von einer Milliarde Euro an den Mutterkonzern.
Gleichzeitig bleibt die Kehrseite der Medaille sichtbar: IG Metall schätzt, dass konzernweit bis zu 20.000 Stellen auf dem Spiel stehen, sollte die Holding-Strategie in vollem Umfang umgesetzt werden. Demografisch rücken zwar zahlreiche Verrentungen in greifbare Nähe, doch mögliche Abfindungen und Qualifizierungskosten könnten den kurzfristigen Bilanzgewinn schmälern.
Das Fazit des Tages!
Die Aktionäre sollten folglich stärker auf operative Kennziffern wie das Verhältnis von Nettoschulden zu EBITDA und den Auftragseingang in den wachstumsstarken Marine- und Wasserstoffsegmenten achten als auf bloße Ergebnissprünge aus Einmaleffekten.
Unterm Strich bleibt die Thyssenkrupp-Aktie eine Turnaround-Wette mit erhöhtem Risiko, die erhebliches Potenzial besitzt, wenn fünf Voraussetzungen zusammentreffen: die Umsetzung des Tarifvertrags ohne Streik, ein tragfähiger Kostenrahmen für Grünstahl, ein erfolgreicher Börsengang von TKMS, verlässliche energie- und handelspolitische Leitplanken sowie die konsequente Reduktion der Nettoverschuldung. Werden diese Bedingungen erfüllt, könnte die Bewertungslücke zu europäischen Wettbewerbern rasch schrumpfen – und das Transformationsjahr 2025 als Wendepunkt in die Konzernchronik eingehen.
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