Französisches Schuldenchaos: Droht eine neue Eurokrise?

Frankreichs explodierende Staatsschulden und politische Blockade lösen Anleihemarkt-Nervosität aus und gefährden die Stabilität der Währungsunion.

Auf einen Blick:
  • Politische Lähmung blockiert notwendige Sparmaßnahmen
  • Staatsschulden steigen um 5000 Euro pro Sekunde
  • Risikoaufschlag gegenüber Deutschland auf Januar-Niveau
  • Ansteckungsgefahr für gesamtes europäisches Finanzsystem

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

während die Märkte noch die Nachwehen der letzten Krisen verdauen, bahnt sich in Europas zweitgrößter Volkswirtschaft ein neues Drama an. Frankreich steckt in einer politischen Sackgasse, die Staatsschulden explodieren und die Anleihemärkte werden nervös. Die Parallelen zur Eurokrise von 2010 bis 2012 sind unübersehbar. Doch diesmal steht nicht Griechenland im Zentrum der Aufmerksamkeit, sondern eine der Gründernationen der Europäischen Union.

Das französische Dilemma: Politik im Stillstand

François Bayrou, bereits der vierte Premierminister in nur zwei Jahren, kämpft um sein politisches Überleben. Seine Regierung will Ausgabenkürzungen in Höhe von 44 Milliarden Euro durchsetzen, steht aber einer „Blockade-alles“-Bewegung gegenüber, die jede Form von Sparmaßnahmen ablehnt. Am kommenden Montag droht das Misstrauensvotum, das Bayrous Regierung höchstwahrscheinlich zu Fall bringen wird.

Die politische Paralyse hat tiefere Wurzeln. Nach Emmanuel Macrons vorgezogenen Neuwahlen im vergangenen Jahr ist die Nationalversammlung in drei unversöhnliche Lager gespalten: Macrons Zentristen, ein Linksbündnis von der extremen Linken bis zu den gemäßigten Sozialisten und Marine Le Pens deutlich gestärkte Rechtspartei. Diese Konstellation macht es praktisch unmöglich, unpopuläre, aber notwendige Reformen durchzusetzen.

Staatsschulden außer Kontrolle

Frankreichs Haushaltsdefizit ist das größte in der Eurozone. Die Staatsschulden steigen um 5.000 Euro pro Sekunde, und die Zinskosten werden 2025 voraussichtlich 75 Milliarden Euro erreichen. Seit dem Allzeittief nach der Eurokrise haben sich die französischen Staatsschulden dramatisch von Deutschland entkoppelt. Während beide Länder 1999 bei Einführung des Euro noch auf ähnlichem Niveau standen, klafft heute eine gewaltige Lücke.

Pierre Moscovici, ehemaliger Finanzminister und heutiger Leiter des französischen Rechnungshofes, bringt das Problem auf den Punkt: „Es ist ein nationales Merkmal. Es gehört zu unserem Gesellschaftsvertrag.“ Frankreich kann einfach nicht aufhören zu investieren. Aufeinanderfolgende Regierungen haben sich durch Krisen hindurchgekauft und fanden sich dann durch die Wahlpolitik gelähmt und unfähig, wieder zu kürzen.

Wenn Märkte nervös werden

Die Anleihemärkte haben bereits reagiert. Frankreichs Risikoaufschlag gegenüber Deutschland ist auf Niveaus geklettert, die zuletzt im Januar zu sehen waren. Die 30-jährigen Renditen schnellten auf den höchsten Stand seit 2011, während die 10-jährigen Renditen längst die von Spanien, Griechenland und Portugal übertroffen haben – Ländern, die einst im Zentrum der Eurokrise standen.

Besonders bemerkenswert ist die Angleichung zwischen italienischen und französischen Anleiherenditen. Was früher als undenkbar galt, ist heute Realität: Italien, historisch das Paradebeispiel für Haushaltssünden, liegt mittlerweile fast gleichauf mit Frankreich. Der Spread ist von knapp 200 Basispunkten vor drei Jahren auf wenige Basispunkte geschrumpft.

Die Macron-Ära: Vom Hoffnungsträger zum Problemfall

Emmanuel Macron kam 2017 mit dem Versprechen an die Macht, Frankreich durch Wachstum aus der Schuldenfalle zu befreien. Seine unternehmensfreundlichen Reformen zeigten zunächst Erfolg: Die Arbeitslosigkeit sank schnell, und 2018 wuchs Frankreichs Wirtschaft erstmals seit fünf Jahren stärker als die deutsche.

Doch der „Macronismus“ stieß schnell an seine Grenzen. Die Gelbwesten-Proteste von 2018, ausgelöst durch Treibstoffsteuererhöhungen, zwangen die Regierung zu kostspieligen Zugeständnissen. Die Covid-Pandemie, während der Macron erklärte, er werde tun, „was es auch kostet“, und die Energiekrise nach Russlands Ukraineinvasion führten zu weiteren Ausgabenschüben. Allein die Covid-Maßnahmen kosteten etwa 83 Milliarden Euro, die Reaktion auf den Energieschock weitere 72 Milliarden Euro.

Parallelen zur Eurokrise werden sichtbar

Die Situation erinnert zunehmend an die Eurokrise von 2010 bis 2012. Damals gerieten hochverschuldete Länder wie Griechenland, Irland und Portugal unter Druck der „Bond-Vigilantes“ – Investoren, die durch massive Verkäufe von Staatsanleihen Regierungen zur Haushaltsdisziplin zwangen. Der Brexit-Schock nach Liz Truss‘ „Mini-Budget“ 2022 zeigte, wie schnell sich Märkte gegen eine Regierung wenden können.

Die Gefahr einer neuen Eurokrise liegt nicht nur in Frankreichs eigenen Problemen, sondern in den möglichen Ansteckungseffekten. Als zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone könnte eine französische Krise das gesamte europäische Finanzsystem erschüttern. Im Gegensatz zu den Peripherieländern während der ersten Eurokrise ist Frankreich ein Kernland der Währungsunion.

Auswege aus der Krise

Die Optionen für Frankreich sind begrenzt. Als Mitglied der Eurozone ist das Land an die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank gebunden und verfügt nicht über eine eigene Währung. Dies verengt die verfügbaren Instrumente in einer Krise erheblich.

Einige Investoren sehen bereits Chancen in französischen Anleihen. JPMorgan Asset Management und Franklin Templeton haben Interesse signalisiert, UBS rät zum Kauf 30-jähriger Anleihen. Die Argumentation: Frankreich ist eine große, diversifizierte Volkswirtschaft mit geringem Ausfallrisiko.

Dennoch sind die strukturellen Probleme offensichtlich. Eine aktuelle Umfrage zeigt die französische Paradoxie auf: 78 Prozent der Franzosen wollen Ausgabenkürzungen, aber mehr als ein Fünftel kann keine konkreten Bereiche benennen, und nur 8 Prozent sind bereit, selbst Opfer zu bringen.

Langfristige Risiken für Europa

Die französische Krise könnte zum Testfall für die Eurozone werden. Anders als während der ersten Eurokrise, als die Europäische Zentralbank unter Mario Draghi mit dem berühmten „Whatever it takes“ intervenierte, sind die geldpolitischen Möglichkeiten heute durch die Inflation begrenzt.

Die Präsidentschaftswahlen 2027 könnten den Katalysator für eine ernsthafte Marktpanik darstellen. Sollte Marine Le Pen an die Macht kommen oder die politische Blockade fortbestehen, könnten die Märkte endgültig das Vertrauen verlieren.

Fazit: Europa am Scheideweg

Frankreichs Schuldenkrise ist mehr als ein nationales Problem – sie ist ein europäisches Dilemma. Die politische Paralyse in Paris zeigt die Grenzen demokratischer Entscheidungsfindung in Krisenzeiten auf. Während die Märkte noch Geduld zeigen, könnte sich das schnell ändern.

Für Anleger bietet die Situation sowohl Risiken als auch Chancen. Wer auf eine politische Lösung setzt, kann von attraktiven Renditen profitieren. Wer jedoch das Szenario einer neuen Eurokrise fürchtet, sollte die Entwicklungen in Paris genau beobachten. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob Europa aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat oder ob sich die Geschichte wiederholt.

Die französische Krise erinnert uns daran, dass auch in scheinbar stabilen Demokratien die Märkte das letzte Wort haben können. Ob Frankreich einen Ausweg aus der Schuldenfalle findet, entscheidet nicht nur über das Schicksal der Grande Nation, sondern über die Zukunft des europäischen Projekts.

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