Exasol-CFO im Interview: „Hier findet ein architektureller Shift statt!“

Exasols hochwertige und sichere Datenbank- und Analytics-Systeme stehen im Zeichen der eigenen Datensouveränität. Welche Ambitionen hat das Unternehmen?

Auf einen Blick:
  • Fokus auf Hochleistungsbranchen mit eigener Infrastruktur
  • USA als langfristiger Wachstumsmarkt im Visier
  • Neue Architekturen für Datenanalytik in Entwicklung
  • KI und offene Lake-House-Architekturen als Zukunftsthemen

Der deutsche Datenbank-Spezialist vertreibt mit seinen Analytik-Tools und Speichertechnologien wegweisende Schlüsseltechnologien. Das Unternehmen befindet sich im Wandel und steht dabei sinnbildlich für eine Industrie, die sich aktuell neu erfindet. Für Exasol ging es dabei nach herausfordernden Jahren zuletzt wieder aufwärts, über 27 Prozent liegt die Aktie seit Jahresbeginn im Plus.

In unserem Whats-App Kanal erfahrt ihr am Montag auch, wie Henrich zur Entscheidung der Bundeswehr steht, für die kommenden Jahre die Google Cloud zu nutzen.

Die Strategie im Check

Im ersten Teil des Interviews mit CFO Jan-Dirk Henrich geht es vor allem um die Frage der richtigen Strategie und des richtigen Marktes. Um an den Erfolg der vergangenen Monate anzuknüpfen und bevorstehende Herausforderungen bewältigen zu können.

Der Kern eurer Wachstumsstrategie sind natürlich die Focus Verticals, mit hohem Upsell-Potenzial, geringer Abwanderung und Downsell-Dynamik. Was gibt euch so viel Vertrauen das diese Bereiche mittelfristig euer Schlüssel zum Erfolg sind, abseits der operativen Zahlen?

Jan-Dirk Henrich: Um das zu verstehen, ist es sinnvoll, kurz zu rekapitulieren, was unsere Software eigentlich im Kern ausmacht, und was unsere Unique Selling Proposition eigentlich ist. Wir vertreiben eine digitale Infrastrukturkomponente, die in jenen Unternehmensbereichen eingesetzt wird, die sich mit der analytischen Auswertung von Daten auseinandersetzt. Und da kommt uns insbesondere die Rolle zu, Anfragen auf große Datenmengen zu verarbeiten und an die eigentlichen Analyse-Tools anzuliefern.

Der Kern unserer Technologie zieht seine Stärke, sprich seine Performanz, daraus, dass er vorhandene Infrastruktur besonders effizient nutzt und skalierbar macht. Deswegen sind wir insbesondere für Kunden interessant, die ihre analytische Infrastruktur selbst verwalten und sie nicht „as-a-Service“ im Gesamtpaket dazukaufen. Dies muss man im Kontrast sehen zu den nativen Cloud-basierten Analytics-Plattformen wie Snowflake, Databricks oder jenen der Hyperscaler wie AWS oder Google, bei denen du einfach deine Daten reingießt, aber selbst die dahinterliegende Infrastruktur nicht verwaltest. Bei diesen Lösungen steht dann mehr die Flexibilität und sogenannte „Elastizität“ im Vordergrund.

Wenn du hingegen deine Infrastruktur selbst managst, ist es hochrelevant, diese auch möglichst effizient zu nutzen und eine möglichst hohe „Capacity Utilization“ und Skalierbarkeit derselben zu generieren. Und das ist der „Sweet Spot“, in dem wir unsere natürlichen Stärken ausspielen können: Nämlich die Datenbank-Infrastruktur optimal zu nutzen, die ein Kunde vorliegen hat – sei es mit physischen Servern bei sich vor Ort oder im Rahmen von privaten Cloud-Lösungen.

Diese Nischen gilt es zu bedienen

Warum haben wir uns daher auf diese Focus-Segmente fokussiert? Das liegt daran, dass diese Branchen eine Kombination von Merkmalen haben, die auf diese Stärken ganz besonders einzahlt. Sei es die Finanzindustrie, Telekommunikation, öffentlicher Hand oder Versorger: das sind Unternehmen, bei denen einerseits eine hohe Systemleistung und jene Performanz gefordert ist.

Wo also ein sehr hohes internes Servicelevel in Bezug auf die Zuverlässigkeit der Infrastruktur gestellt wird, und zudem ein starker Fokus darauf liegt – oftmals auch aus regulatorischen und Compliance-Gründen –, die Daten-Infrastruktur unter der eigenen Kontrolle zu haben. Sie also auch selbst zu verwalten und damit natürlich diese Investitionen optimal zu nutzen. Bei dieser Art von Kunden können wir mit unseren Lösungen ganz besonders helfen, deren Infrastruktur bestmöglich zu nutzen und auch zu skalieren.

Skalieren heißt: Wenn die Datenvolumina wachsen oder die Anzahl an Usern im System steigt, können wir mit unserer Software Leistungsreserven aus der Infrastruktur herausholen – ohne dass die Kunden übermäßig viel in zusätzliche Infrastruktur investieren müssen. Der Kunde bekommt am Ende ein Gesamtpaket, in dem er eine extrem hohe Leistung zu vergleichsweise schlanken Infrastruktur-Investitionen erhält. Deswegen haben wir uns auf diese Branchen konzentriert, in der festen Überzeugung, dass wir genau dort erfolgreich sein können.

EXASOL Aktie Chart

Gibt es perspektivisch weitere Focus Verticals, die sich etablieren könnten?

Das wird stark davon abhängen, ob und in welchem Maße sich andere Branchen ebenfalls wieder mehr in Richtung „Ich will meine Daten und Infrastruktur selbst im Griff haben und selbst verwalten“ orientieren. Wird perspektivisch ein höherer Wert daraufgelegt, aus Überlegungen zur Souveränität oder aus Kostengesichtspunkten wieder Kontrolle über seine Infrastruktur und Daten zu haben? Wir glauben „Ja“. Wir sehen zum Beispiel, dass die gesamte Diskussion um digitale Souveränität gerade hier in Europa sehr starken Rückenwind hat und auch andere Branchen wieder erfasst. Die bisher eine eher starke Tendenz hatten in die nativen Cloud-only Lösungen zu gehen.

In eurer Q1-Präsentation hattet ihr lokale Datenbanklösungen und Analytic-Tools als euer Kernsegment benannt. Die USA sind dabei jedoch als High Priority Region nicht aufgetaucht. Obwohl ihr dort schon eine Kundenbasis aufgebaut habt und der Markt für Financial Analytics und Infrastruktur gigantisch ist– warum?

Das ist auch eine Frage der Fristigkeiten, sprich was machen wir kurzfristig und was ist strategisch langfristig von Bedeutung. Wir erwirtschaften rund 15 bis 20 Prozent unseres Umsatzes im US-Markt und werden uns dort natürlich auch weiter engagieren. Strategisch haben die USA eine ungebrochen hohe Bedeutung. Sämtliche technische Innovationen, die in unserem Markt stattfinden, entstehen zum großen Teil dort oder werden dort zumindest am schnellsten bei Kunden umgesetzt. Wenn du in unserem Markt relevant bleiben willst, musst du dort also am Puls der Zeit bleiben.

Zu Anfang des Gesprächs hattest du schon unsere neue Wachstumsstrategie der Focus-Segmente angesprochen. Während wir dort bereits stark zweistellig wachsen, geht diese Transformation aber auch mit temporär höheren Abwanderungsraten in den anderen Kundensegmenten einher. Deshalb wachsen wir auf Gruppenebene derzeit nur moderat, in den Fokusbranchen legten die Umsätze in Q1 allerdings um fast 15 Prozent zu.

Während dieser Phase muss sich für uns die Frage stellen, wo wir gerade am sinnvollsten in Kundenakquisitionen investieren. Wo kriege ich den größten „Bang for the buck“, also in den nächsten 12 bis 18 Monaten den höchsten Return, zur Beschleunigung des Wachstums? Auf Basis des oben besprochenen Rückenwindes in den Fokus-Segmenten sehen wir dies momentan im europäischen Kernmarkt. Zum jetzigen Zeitpunkt muss man sagen, dass es für uns in Europa im Vergleich zu den USA ungleich einfacher ist mit einem investierten Euro eine attraktive Customer Conversion zu generieren.

Welche mittel- und langfristigen Investitionsfelder habt ihr identifiziert?

Im Wesentlichen sind das zwei Felder. Das eine ist natürlich das gesamte Thema KI, also wie verändert sich die Landschaft für Datenanalytik dadurch? Aus unserer Sicht kannst du in Zukunft den Bereich Data Analytics nicht mehr ohne KI denken. Wir als Anbieter einer „Analytics Engine“ in diesem Bereich müssen uns in diese Welt nahtlos integrieren und den Kunden Mehrwert bieten. Unsere Kernkompetenz, große Datenmengen mit marktführender Geschwindigkeit zu bearbeiten, wird durch diese Veränderung der Analytics Welt aus unserer Sicht noch wertvoller.

Das zweite Feld, womit wir uns beschäftigen, setzt sich mit einem architekturellen Shift auseinander, den wir gerade in den nativen „Cloud-Only“ Datenplattformen beobachten. Früher waren das geschlossene Ökosysteme. Wenn du deine Analytics bei Snowflake machen wolltest, hast du eigentlich alles innerhalb des Snowflake Ökosystems mit den Tools des Hauses gemacht. Dort etablieren sich aber zunehmend sogenannte „offene Lake House Architekturen“. Das heißt, dass sich diese Plattformen für externe Komponenten und Lösungen öffnen.

Ein gewaltiger Markt mit erheblichem Potenzial

Um es mit einer Analogie zu beschreiben: Wenn du in diesen Plattformen dein „Analytics-Auto“ fahren wolltest, musstest du früher den ganzen Wagen dort kaufen. Nun bietet sich die Möglichkeit, nur das Chassis zu nehmen und die anderen Komponenten nach „best of breed“ zusammenzustellen.

Wo kommen wir dort ins Spiel? Kern unserer Technologie ist ja wie besprochen unsere hochperformante Analytics Engine, also im Prinzip im obigen Bild der eigentliche Datenverarbeitungs-„Motor“. Unser Ansatz ist, dass wir in dieser Architektur unsere Analytics-Engine anbieten können. Also nicht als direkte Konkurrenz zu diesen Plattformen, sondern als komplementäre Komponente, um Daten dort effizienter und kostengünstiger zu verarbeiten.

Beides sind Projekte, an denen wir gerade arbeiten und bei denen wir mittelfristig deutliches Wachstumspotenzial sehen. Um deine vorherige Frage aufzunehmen: Der US-Markt ist für beide Seiten ein sehr wichtiger Pilotmarkt. Weil dort sowohl KI-Lösungen als auch die neuen Lakehouse-Architekturen schneller umgesetzt und angenommen werden und man bereits viel mehr Kunden vorfindet, die in diesen Bereichen Bedarf haben. Deswegen besteht unser US-Engagement einerseits daraus, unsere Bestandskundenbasis weiter zu bedienen und in den Fokus-Segmenten selektiv Neukunden-Projekte voranzutreiben, und gleichzeitig dort mit mittel- bis langfristigen Wachstumsthemen Pilotprojekte zu starten.

Der US-Markt ist also umkämpftes Schlachtfeld und vielversprechende Goldgrube zugleich?

Genau, aber du kannst dich dort auch sehr schnell verheben. Wenn du unsere Historie seit dem IPO betrachtest: Das war eine bewegte Zeit und da hat sich das Unternehmen gerade beim Thema USA an manchen Stellen auch stellenweise verrannt und mit zu wenig Fokus gearbeitet. Daraus haben wir gelernt. Der US-Markt bleibt der „Testing Ground“ für die „Next Frontier“ an technologischer Entwicklung. Wo wir auch neue Dinge ausprobieren, um dort auch mittel- bis langfristig eine Basis für stärkeres Wachstum aufzubauen.

Im zweiten Teil unseres Interview verrät der CFO, in welcher Form KI das Geschäftsmodell von Exasol beeinflusst und welche Erwartungen er an die kommenden Jahre hat.

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