Liebe Leserinnen und Leser,
in den USA sind die Zinsen um 0,25Punkte gestiegen – am Mittwochabend. In Folge dessen sind die Kurse auch im Bereich der Wasserstoff-Aktien deutlich nach oben geklettert. Nel Asa etwa legte am Donnerstag um mehr als 3 % zu. ITM Power konnte sogar um gut 10 % aufsatteln. Die Hintergründe sind tatsächlich recht einfach. Die Zinserhöhung war nicht so hoch wie befürchtet.
Nel Asa und Co.: Die niedrigen Zinsen sind vorteilhaft
Die Unternehmen der Wasserstoff-Branche, namentlich also Nel Asa und Plug Power, ITM Power und Ballard Power, sind von den Zinsen besonders abhängig. Höhere Zinsen sorgen bei Wachstumsunternehmen dafür, dass die künftigen Gewinne – die bei steigenden Umsätzen erwartet und erhofft werden – mit einem höheren Zinssatz abgezinst werden.
Das wiederum sorgt dafür, dass die Aktien bezogen auf das eigentliche Kursziel wiederum nach unten rutschen, wenn die Zinsen steigen. Die Zinserhöhung in den USA war höher erwartet oder befürchtet worden, womit die künftigen Kursziele nicht so stark fielen oder fallen wie angenommen. Die Faustformel für Wachstumsunternehmen: Niedrige Zinsen, höhere rechnerische Kursziele (von reinen Algorithmen – inhaltliche Bewertung durch Analysten und Investoren sind hier ausgenommen).
Nel Asa nun konnte am Donnerstag mit dem Aufschlag von gut 3,2 % die Marke von 1,60 Euro massiv überwinden. Dies findet auch den Gefallen von Investoren und Analysten, die sich an der Charttechnik und hier am Chartbild orientieren.
Nel ASA Aktie Chart
Die Statistik der vergangenen Wochen und Monate ist recht eindeutig. Der Titel – Nel Asa – konnte sich seit Jahresanfang um 23,5 % nach oben schieben.
Die Kursperformance der Nel ASA-Aktie
Dies ist kein Zufall. Die Unternehmen der Branche in Europa, womit auch Nel Asa betroffen ist, entwickeln nun massiven politischen Druck auf die EU-Kommission und die EU insgesamt. Die EU kämpft im Wettstreit mit den USA um die Rahmenbedingungen für die Branche. Die Energie-Branche insgesamt hat in den USA einen Vorteil von annähernd 370 Milliarden Dollar. Dies ist Teil des IRA, des Programms „Inflation Reduction Act“. Über Subventionen wie auch über Steuervorteile ist die Branche der Energielieferanten und insbesondere der regenerativen Unternehmen in den USA in der Lage, günstiger zu produzieren oder ihre Kunden über deren Steuervorteile zu locken.
Ganz konkret zeigt sich dies in der Wasserstoffbranche, die davon ausgeht, dass das KG grüner Wasserstoff künftig mit etwa 2,50 Euro ähnlich günstig sein kann wie beim grauen, dem herkömmlichen Wasserstoff. Das führt wiederum dazu, dass Kunden für die Elektrolyseure von Plug Power schneller und einfacher investieren könnten, wenn der grüne Wasserstoff endlich wettbewerbsfähig produziert bzw. angeboten werden kann.
EU-Unternehmen wehren sich
Wer ausschließlich in der EU produziert, muss sich dagegen wehren: Die Subventionen in den USA werden nicht erreichbar sein. Deshalb wird nun der Druck in der EU erhöht, auch hier soll es Subventionen, Unterstützungen politischer Natur (wie auch einen faktischen Schutz vor dem Wettbewerb in den USA) oder Steuervorteile geben. Doch auch aus China wird offenbar Konkurrenz befürchtet.
Die Wasserstoff-Konzerne in der EU haben nun, wie Kollegen berichteten, einen Brandbrief an die EU-Präsidentin bzw. die Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen geschrieben. Demnach solle ein „Label“ geben, das die Produktion und die Produkte kennzeichnet – „Made in Europe“. Das würde zum Beispiel einen Schutz gegenüber Unternehmen und Importen aus China darstellen, so die Hoffnung.
Chinesische Unternehmen haben – staatlich aufgepäppelt – bereits die Solarindustrie in Deutschland und in der EU vor mehr als einem Jahrzehnt massiv unter Druck gesetzt sowie letztlich verdrängt. Unternehmen wie Solarworld, an den Börsen für einige 10.000% zwischenzeitlichem Kursgewinn prädestiniert, konnten sich nicht mehr im Wettbewerb halten. Im Kern hatte die europäische Politik weniger großzügig Subventionen verteilt als die chinesische.
Nun allerdings haben offenbar die EU-Wasserstoff-Unternehmen die Sorge, dass auch jetzt wieder europäischer Tiefschlag herrscht. Nel Asa, ThyssenKrupp oder McPhy haben in dem Brandbrief „gleiche Wettbewerbsbedingungen“ gefordert. Schon jetzt gingen europäische Steuergelder an ausländische Hersteller. Die Klammer der EU-Unternehmen ist dabei durchaus eng: Der US Inflation Reduction Act (IRA) läute einen „Paradigmenwechsel“ in den USA ein, womit West und Ost der europäischen Wettbewerbsfähigkeit enge Grenzen vor.
Ob dieser politische Druck mit Blick nach China gerechtfertigt ist? Derzeit gibt es weltweit unterschiedliche Regularien bezüglich der technischen Standards der Elektrolyseure, um die es geht. Die EU neigt – in anderen Fällen – gern dazu, über die Definition technischer Standards den Markt zu schützen.
Daher scheint die Sorge vor China aus Sicht von Kritikern durchaus etwas vorgeschoben. Dennoch: Die Politik soll aus dieser Perspektive heraus den Wasserstoff-Bereich in der EU und in Europa schützen. Dass Nel Asa sich hier gut aufstellt, ist wahrscheinlicher.
Die Börsen sind insgesamt weitgehend zufrieden. Der Titel hat den Aufwärtstrend mit den Gewinnen seit Jahresanfang deutlich verstärkt. Die Aktie hat sowohl den GD100 wie auch den GD200 um deutlich mehr als 15 % abgehängt. Damit ist der Titel in einer starken Verfassung. Die nächsten Kursziele – wenn der Aufwärtstrend sich bestätigt – werden bei alten Hochpunkten zwischen 1,75 und 1,80 Euro vermutet. Die Aktie kommt sogar von Notierungen von mehr als 2 Euro. Demzufolge ist noch immer viel Luft nach oben sichtbar, so die Auffassung der charttechnischen und technischen Experten.