Im ersten Teil des Interviews mit Gründer Adi Drotleff und CFO Markus Pech geht es vor allem um die aktuelle Situation des Software-Spezialisten und die Entwicklung des operativen Geschäfts. Im Gespräch wird deutlich, wie verlässlich das Unternehmen für Investoren langfristig Rendite schafft.
Eine besondere Situation
Herr Drotleff, das neue Autodesk-Modell beeinflusst die Margen der Mensch und Maschine Software SE (MuM) positiv, während der Umsatz effektbedingt in diesem Jahr rückläufig ist. Welchen Einfluss auf die Wertschöpfung hat das neue Modell? Und wann werden Sie wieder an das Wachstum aus den vergangenen Jahren anknüpfen können?
Adi Drotleff: Durch die Autodesk-Umstellung von Wiederverkauf auf Provision fällt der Großteil des ohnehin nicht wertschöpfenden Einkaufsvolumens weg, was die von Ihnen angesprochene technische Umsatzreduktion zur Folge hat. Die Wertschöpfung, also der Rohertrag aus unserem Autodesk-Geschäft, wird von der Umstellung nicht beeinflusst. Insofern taugt der MuM-Konzernumsatz und insbesondere der Digitalisierungs-Segmentumsatz, wo sich die Umstellung abspielt, derzeit nicht für einen Vorjahresvergleich, der Rohertrag dagegen schon.
Erst ab 2026 werden diese Effekte ein volles Jahr eingespielt sein, dann kann man auch wieder einen aussagefähigen Umsatz-Vorjahresvergleich machen. Grundsätzlich können Sie aber bei MuM an den historischen Zahlen von 2014 bis 2024 ablesen, dass wir uns bei Umsatz und Rohertrag in einer Bandbreite von acht bis zwölf Prozent Wachstum pro Jahr bewegt haben. Beim Rohertrag waren es exakt +8,9 % Wachstum p.a. in den vergangenen zehn Jahren.
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Mensch und Maschine = Profitmaschine?
Herr Pech, fast 75 % Rohmarge und mehr als 24 % EBIT-Marge in Q1 2025 – ein Großteil des Margenanstiegs ist doch vor allem auf das angesprochene neue Autodesk-Modell und die nun annähernd gleichwertige Gewichtung der Segmente zurückzuführen. Und weniger auf eine gestiegene Effizienz des operativen Geschäfts, oder?
Markus Pech: Das ist vollkommen richtig, die Margensprünge sind die technische Gegenreaktion auf die von Herrn Drotleff gerade erläuterte technische Reduktion beim Konzernumsatz. Aber auch hier hilft der Blick auf die vergangenen zehn Jahre. Denn die EBIT-Rendite ist von 4,9 % in 2014 auf 14,3 % im Geschäftsjahr 2024 geklettert, weil wir grundsätzlich die Kostenentwicklung bei etwa zwei Dritteln der Rohertragsentwicklung aussteuern. Und damit eine zu den +8,9 % p.a. beim Rohertrag deutlich überproportionale EBIT-Steigerung von +21 % p.a. erreicht haben, beim Nettoergebnis sogar noch einen Schnaps höher bei +22 % pro Jahr.
Mensch Und Maschine Software Aktie Chart
Starker Cashflow, trotz Einbruch?
Der operative Cashflow war im ersten Quartal stark reduziert. Im Jahresbericht 2024 hattet ihr noch einen Rekord-Cashflow von 62,32 Millionen Euro, jetzt im Q1 2025 einen Rückgang um 43 %: Ein Grund zur Sorge?
Markus Pech: Nein, der Rückgang beim Cashflow kommt ebenfalls aus dem Autodesk-Geschäft, wie wir ja auch im Quartalsbericht erläutert haben. Hier hatte es in den vergangenen beiden Jahren Vorzieheffekte aus den Abrechnungsmodalitäten von 3-Jahres-Verträgen gegeben. Die sich im laufenden Geschäftsjahr und bis Ende 2026 wieder ausgleichen werden.
Wir hatten in den Quartals- und Bilanz-Konferenzen immer wieder darauf hingewiesen, dass der Abstand zwischen Cashflow und Nettoergebnis durch diesen Effekt ungewöhnlich hoch war – 2024 lag der Faktor bei mehr als 2 zwischen den von Ihnen schon genannten 62,32 Millionen Euro Cashflow und dem Nettoergebnis in Höhe von 30,49 Millionen Euro. Im ersten Quartal 2025 war der Faktor erwartungsgemäß bei 1,55, also immer noch ordentlich hoch, und wir erwarten ein ähnliches Muster bis Ende 2026, wie im Q1-Bericht erläutert.
Die Mischung stimmt
Autodesk integriert fleißig KI-Tools in die eigenen Produkte– minimiert Beratungsbedarf. Andererseits ist im Kontext von Engineering und KI ja unglaublich Schulungsbedarf da. Können Sie langfristig auf das Beratungsgeschäft setzen?
Adi Drotleff: MuM nutzt selbstverständlich auch KI-Tools in fast allen Bereichen, wir machen nur nicht so viel Aufhebens davon. Wir haben zum Beispiel die Tests unserer eigenen CAM-Software (computergestützte Fertigung) in den vergangenen Jahren mit KI-Hilfe fast vollständig automatisiert und damit erheblich personelle Ressourcen eingespart. Und die ersten KI-Schulungen sind auch schon in unserer Akademie gelaufen. Zunächst für die Qualifikation der eigenen Mitarbeiter und mittlerweile auch für Kunden.
Unser Eigenanteil am Digitalisierungs-Rohertrag liegt übrigens bei rund 50 %, ist also mit dem Autodesk-Geschäft gut in der Waage. Und besteht hauptsächlich aus eigener Applikations-Software und kundenspezifischen Anpassungen bei Digitalisierung, wie Schulungen, Hotline-Einnahmen und ähnlichem. Das Beratungsgeschäft macht da nur einen geringen Anteil aus. Autodesk-Aussagen sind im Übrigen meist primär auf den US-Markt bezogen. Daher lassen sie sich nicht 1:1 auf unsere europäischen Märkte übertragen.
Ein Gruß an die Konkurrenz
Wie hoch schätzt Ihr die disruptiven Effekte von direkten Konkurrenten wie PTC oder Bricsys ein. Die mit Cloudtechnologie und KI-Tools Marktanteile im Software-Bereich gewinnen wollen?
Adi Drotleff: Von solchen Mitbewerbern unterscheiden wir uns hauptsächlich dadurch, dass wir Erfolge nicht ankündigen. Sondern einfach anhand konstant steigender Ergebnisse melden, wenn wir sie errungen haben. Wer Meldungen über geplante Marktanteilsgewinne veröffentlichen muss, scheint ja diesbezüglich eher ein Problem zu haben.