Liebe Leserin, lieber Leser,
die Aktie von Kion setzte auch am Donnerstag ihren Aufwärtsmarsch unbeirrt fort. Im Xetra-Handel verbesserten sich die Papiere von Europas größtem Anbieter für Flurförderzeuge um weitere knapp sechs Prozent auf 33,65 Euro, am Freitagmorgen ging es leicht zurück auf 33,30 Euro. Innerhalb von gut drei Monaten hat sich die Kion-Aktie damit noch immer um rund zwei Drittel im Wert verbessert. Dass es noch weiter nach oben gehen könnte, daran glaubt ein Analyst ganz fest – ein anderer sieht sie hingegen vor dem erneuten Absturz.
Analyst lässt Kursziel bei 40 Euro
Zunächst zu Jorge Gonzalez Sadornil von Hauck Aufhäuser Investment Banking: Der Analyst hatte die Einstufung für Kion am Montag auf „Buy“ mit einem Kursziel von 40 Euro belassen – sieht also noch gut 20 Prozent an weiterem Aufwärtspotenzial. Der Gabelstaplerhersteller sei im Vorjahr von hohen Inputkosten und den globalen Einschränkungen in der Lieferkette stark belastet worden, schrieb Sadornil laut Medienberichten in seiner Studie zwar. Doch das sollte seiner Ansicht nach nun anders werden:
Für 2023 rechnet Jorge Gonzalez Sadornil bei Kion mit einem Anstieg der Profitabilität (bereinigte Ebit-Marge) um 4,7 Prozentpunkte. Ab 2024 sollte sich nach seiner Einschätzung die Rentabilität beim Unternehmen mit Sitz in Frankfurt am Main wieder normalisieren. Mehr noch: Kion sei ein günstig zu habender „Champion“, wurde der Experte zitiert.
Bernstein erwartet Rücksetzer der Kion-Aktie
Das sieht man beim US-Analysehaus Bernstein Research völlig anders: Analyst Nicholas Green hat das Kursziel für Kion in dieser Woche zwar angehoben, aber lediglich von von 17 auf 20 Euro, glatt die Hälfte des Werts des Kollegen. Der Analyst erwartet somit nichts weniger als einen erneuten Rücksetzer um knapp 40 Prozent. Kein Wunder, dass er die Einstufung auf „Underperform“ beließ.
Eine Normalisierung der Ergebnisse nach der Corona-Pandemie dürfte bei den meisten Investitionsgüter-Unternehmen „eine Tatsache und weniger eine Ansichtssache sein“, schrieb Green laut Medienberichten in einem am Mittwoch vorliegenden Branchenausblick. Die konjunkturellen Widrigkeiten des vergangenen Jahres sowie mehrere Quartale mit schwachen Auftragseingängen schienen eingepreist zu sein. Deshalb sei es nun „Zeit für eine positive Einschätzung des Sektors“. Von Kion allerdings scheint Nicholas Green nicht allzu viel zu erwarten.
- Bereits im November hatte er von „erhebliche Ergebnisrisiken“ bei Kion gesprochen
- Neben problembehafteten Projekten machte ihm die hohe Verschuldung beim Unternehmen Sorgen
Andere Experten sind bei Kion zuversichtlicher
Andere Experten sind da weitaus zuversichtlicher. Lediglich die Deutsche Bank sieht den Lagertechnik-Spezialisten aktuell bereits fair bewertet, andere sehen dagegen noch Luft nach oben, wie folgende Auflistung zeigt.
Kursziel | Kurspotenzial | |
Deutsche Bank | 32,00€ | -3,76% |
Warburg Research | 40,00€ | +20,30% |
Baader Bank | 40,00€ | +20,30% |
JP Morgan | 43,70€ | +31,43% |
JPMorgan sieht erhöhte Nachfrage im Sektor
Am zuversichtlichsten bezüglich Kion zeigte sich JPMorgan vor knapp einem Monat: Die Gewinnaussichten der europäischen Investitionsgüterindustrie für 2023 seien komplex, aber insgesamt besser als sonst zu diesem Zeitpunkt im Zyklus, schrieb Analyst Andrew Wilson in einer Branchenstudie. Seine kurzfristige Sektoreinschätzung sei neutral, angesichts einer Normalisierung der erhöhten Nachfrage, des Risikos sinkender Einkaufsmanagerindizes und der allgemein unsicheren Konjunkturlage. Seine mittelfristige Sicht auf die Branche aber bleibe positiv
Für Kion galt das offenbar in besonderem Maße: Der Experte der US-Bank hatte die Einstufung für die Aktie am 8. Dezember auf „Overweight“ mit einem Kursziel von 43,70 Euro belassen. Trotz der jüngsten Kursgewinne müssten sich die Anteilscheine im Wert um weitere rund 30 Prozent steigern. Ob das realistisch ist?
Kion baut 2023 seinen Vorstand um
Tatsache ist, dass das Unternehmen nach einer Gewinnwarnung im September und dem folgenden Kurssturz bereits im Oktober Veränderungen im Management angekündigt hatte: Marcus A. Wassenberg soll spätestens zum 1. April 2023 neuer Chief Financial Officer des Konzerns werden, Valeria Gargiulo am 1. Mai die neu geschaffene Position des Chief People and Sustainability Officer übernehmen. Wassenberg wechselt als CFO von der Heidelberger Druck AG zu Kion, Gargiulo kommt von der Daimler Truck AG.
„Die Neubesetzung des Vorstandes unterstreicht den deutlichen Anspruch der KION Group, ihre mittelfristigen strategischen Ziele zügig und vollumfänglich zu erreichen“, ließ sich Michael Macht, Vorsitzender des Kion-Aufsichtsrats, damals zitieren. Dies gelte insbesondere für eine starke Profitabilität, die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele sowie die Erweiterung der Personalplanung des Unternehmens.
Kion mit hohem Quartalsverlust
An der Profitabilität hatte es zuletzt gemangelt: Das bereinigte EBIT für das 3. Quartal 2023 wies ein Minus von 101,1 Mio. € aus, nachdem im Vorjahr noch ein Plus von 228,9 Mio. € erwirtschaftet worden war. Das Unternehmen sprach unter anderem von
- anhaltendenden Unsicherheiten auf den Absatzmärkten
- weiteren Störungen in den Lieferketten
- sowie Risiken bezüglich weiter steigender Beschaffungskosten
Die Einschätzung der Geschäftsentwicklung des Konzerns und der operativen Segmente im verbleibenden Jahresverlauf sei nach wie vor „mit erheblichen Unsicherheiten behaftet“, hieß es. Und so ist die Erholung am Aktienmarkt seit Ende September, als kurzfristig nur noch knapp 19 Euro bei Kion auf dem Kurszettel standen, allenfalls als Schadensbegrenzung zu sehen. Innerhalb eines Jahres haben die Papiere noch immer rund zwei Drittel ihres Werts eingebüßt.