Im Gespräch: Rock Tech Lithium – Lithium hat weiter Zukunft

Der Lithiumproduzent Rock Tech Lithium bleibt im Plan für den Bau eines Konverters in Guben. Wir sprachen über den Stand der Dinge mit CEO Dirk Harbecke.

Auf einen Blick:
  • Wann kommt der Lithiummarkt aus seinem Preis-Loch?
  • Wie steht es um die Finanzierung des Guben-Projektes?
  • Steht der Zeitplan?
  • Kreislaufwirtschaft im Fokus

Rock Tech Lithium Inc. ist ein deutsch-kanadisches Rohstoffunternehmen mit Schwerpunkt auf der Entwicklung und Verarbeitung von Lithium, einem zentralen Rohstoff für die Batterieproduktion in der Elektromobilität. Mit der klaren Vision, nachhaltige und regionale Lieferketten zu schaffen, sieht sich Rock Tech als Brücke zwischen Rohstoffproduktion und europäischer Industrie. Das Unternehmen kombiniert Bergbauaktivitäten in Kanada mit innovativen Verarbeitungsanlagen in Europa, um hochreines Lithiumhydroxid für die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien bereitzustellen.

Ein zentraler Bestandteil von Rock Techs Strategie ist das Guben-Projekt, eine geplante Lithiumhydroxid-Konverteranlage in Brandenburg. Die Anlage soll das benötigte Lithiumhydroxid für die europäische Automobilindustrie produzieren und eine regionale, unabhängige Lieferkette unterstützen. Das Guben-Projekt wäre ein Meilenstein für die europäische Industrie, da es eine nachhaltige und wettbewerbsfähige Lieferkette für Batteriematerialien direkt in der Region schafft. Durch die Integration von Recyclingprozessen in den Produktionszyklus plant Rock Tech, den Materialkreislauf zu schließen und langfristig die Rohstoffabhängigkeit Europas zu verringern.

Die Redaktion von Finanztrends nutzte das Eigenkapitalforum 2024, um mit dem CEO von Rock Tech Lithium, Dirk Harbecke, über den Planungsstand des Guben-Projektes, die dafür nötige Finanzierung und die Perspektiven für den Lithiummarkt zu sprechen.

Transkript des Interviews

Carsten Müller: Hallo und herzlich willkommen bei Finanztrends. Wir sind hier beim Eigenkapital-Forum 2024, organisiert von der Deutschen Börse AG, und nutzen die Gelegenheit, mit Unternehmensvertretern über die aktuelle Situation ihrer Unternehmen und die Aussichten für ihr Geschäft zu sprechen. Ich freue mich, dass ich heute Dirk Harbecke, den CEO von Rock Tech Lithium, begrüßen darf. Hallo, vielen Dank, dass Sie hier sind.

Dirk Harbecke: Vielen Dank.

Carsten Müller: Lithium ist vielen unserer Zuschauer sicherlich bekannt, es ist einerseits das zentrale Metall für die Elektromobilität und andererseits ein Markt, der momentan ziemlich am Boden liegt. Die Preise für Lithium sind seit geraumer Zeit gefallen und in den letzten Monaten gab es immer mehr negative Schlagzeilen zur Elektromobilität, besonders von deutschen Herstellern. Wie geht ein Lithium-Unternehmen wie Rock Tech mit diesen schlechten Nachrichten um?

Dirk Harbecke: Wir sehen das momentan als eine sehr kurzweilige Marktentwicklung. Sie haben das richtig gesagt, in Deutschland denkt man oft, dass die Elektromobilität tot ist, aber das ist nicht der Fall. Im Gegenteil, Elektromobilität hat sich bereits zu 100 % durchgesetzt, auch wenn wir das hier in Deutschland noch nicht überall auf den Straßen sehen. Ich war vor 10 Tagen in China, und die Entwicklung dort ist unglaublich. Alle sechs Monate, wenn ich dort bin, sieht man immer mehr Elektroautos auf den Straßen.

Und das wichtigste Argument, das auch in Europa gilt: Elektroautos sind günstiger in der Produktion als Verbrenner, sodass die Margen für die Automobilhersteller höher sind. Ich weiß, dass man das in Europa noch nicht sieht, aber das wird sich sehr bald ändern. Wir haben zum Beispiel eine enge Partnerschaft mit Mercedes-Benz, die auch unsere Kunden sind, und wir wissen, dass in den nächsten sechs Monaten viele neue Elektromodelle von BMW, Mercedes und Volkswagen auf den Markt kommen werden. Diese Initiative wird der Elektromobilität einen kräftigen Schub geben.

Aber wirtschaftlich gesehen ist es wichtig, dass wir nicht mehr auf Subventionen angewiesen sind. Wir werden sehr schnell den Trend sehen, dass sich der Markt in Europa wieder ändert. In Deutschland ist der Markt für Elektroautos momentan der am wenigsten attraktive, da wir hier eine Art Stagnation im Verkauf haben. Aber die Verkäufe von Elektroautos werden massiv ansteigen, und das wird auch mit steigenden Lithiumpreisen einhergehen.

Und noch eine kleine Ergänzung: Die Chinesen dominieren derzeit den Lithium-Markt, weshalb wir regionale Wertschöpfungsketten brauchen, weil auch die Chinesen die Preise dominieren. Es gibt eine eigene chinesische Preisagentur, und in Märkten, in denen China aufgrund der Elektromobilität zu stark ist, versucht die chinesische Seite, die Batterie-Wertschöpfungskette zu dominieren. Niedrige Preise, die teilweise künstlich niedrig gehalten werden, führen dazu, dass neue Projekte im Westen nicht mehr rentabel an den Start gehen können. Minenprojekte sind davon betroffen – wir weniger -, aber Minenprojekte werden dadurch beeinflusst.

Carsten Müller: Sie haben bereits gesagt, dass regionale Projekte notwendig sind. Sie haben ein großes Projekt in Guben gestartet, bei dem ein Lithium-Konverter gebaut werden soll, der auch teilweise mit öffentlichen Mitteln aus dem Land Brandenburg gefördert wird. Können Sie uns einen kurzen Überblick über den Stand der Planung geben? Was ist der Stand der Finanzierung? In den letzten Monaten gab es dazu in den Medien große und kleine Fragezeichen – vielleicht können Sie etwas Licht ins Dunkel bringen. Und natürlich die Frage: Warum ausgerechnet Guben?

Dirk Harbecke: Das ist in der Tat eine sehr gute Frage. Denn auch hier habe ich den Eindruck, dass in den deutschen Medien momentan eine sehr merkwürdige Stimmung herrscht, die alles, was neu ist und umgesetzt werden soll, negativ darstellt. Das ist eine seltsame Stimmung im Land.

Wir bauen derzeit eine Finanzierung von 800 Millionen Euro auf, von denen rund 90 % bereits gesichert sind. Wir füllen derzeit den Rest auf, insbesondere eine Eigenkapitalkomponente mit strategischen Partnern. Das machen wir im Rahmen unseres eigenen Zeitplans. Besonders ich bin dafür bekannt, dass ich sehr optimistisch in die Zukunft blicke. Ja, ich gebe Ziele vor, die theoretisch erreichbar sind, aber das Umfeld ist natürlich nicht ganz einfach. Wir haben jetzt den Konkurs von Northvolt und anderen erlebt.

Trotzdem, trotz all dieser Widrigkeiten, gehen wir unseren Weg weiter. Wir finalisieren gerade unsere Finanzierung, und die Fragen, die unter anderem zu den öffentlichen Subventionen in Brandenburg aufkamen – es gab ja in Brandenburg neue Wahlen – aber der Ministerpräsident Woidke ist nach wie vor im Amt. Wir haben klare Vereinbarungen mit dem Land und stehen hier auf sicheren Füßen. Ohne Übertreibung gesagt, ist dies eines der wichtigsten Projekte, nicht nur in Brandenburg, sondern auch in Ostdeutschland. Mit der Investition von 800 Millionen Euro in die neue Batterie-Wertschöpfungskette, bei der Regionalisierung der deutschen Automobilindustrie als Kernstück, sind wir ein sehr relevantes Projekt.

Und wir sind ein Projekt, das letztlich umgesetzt werden kann im Vergleich zu den sehr hohen Subventionen, die zum Beispiel Intel oder Northvolt erhalten haben. Ich glaube, dass wir durch unseren schrittweisen, aber intensiven Fortschritt die Chance haben werden, weitere Förderungen zu erhalten. Wir blicken also eher zuversichtlich in die Zukunft, wie wir unsere Fördergelder erhöhen können, um sie auf ein internationales Niveau zu bringen, das sogenannte „international level playing field“, wo wir trotz unserer Zusagen immer noch deutlich weniger Fördermittel erhalten als in anderen Ländern.

Carsten Müller: Der Bau soll nun Anfang 2025 beginnen. Wann rechnen Sie damit, dass dort die Produktion anläuft, und wie wird diese dann aussehen? Woher beziehen Sie Ihre Rohstoffe?

Dirk Harbecke: Wir haben bereits alle unsere Lieferungen und Rohstoffe gesichert. Unser EPCM-Auftragnehmer, das Unternehmen, das den Bau umsetzen wird, ist Worley, eines der größten Bauunternehmen der Welt mit über 40.000 Mitarbeitern. Die Verträge sind alle abgeschlossen, unsere Serviceverträge sind alle ratifiziert, und wir sind bereit zu starten, sobald unsere gesamte Finanzierung steht. Der Bau wird sofort beginnen.

Wir haben bereits Vorarbeiten geleistet, ein paar Dinge laufen noch, zum Beispiel die Aktualisierung der Kosten. Wie gesagt, 800 Millionen Euro, das bleibt so, aber in den letzten 12 Monaten sind viele Preise und viele Kosten gesenkt worden, die zuvor jahrelang gestiegen sind. Diese Dinge müssen immer wieder aktualisiert werden, weil man mit Banken immer mit den aktuellen Business Cases arbeiten muss.

Wenn alles nach Plan läuft, brauchen wir vom Baubeginn bis zum ersten Produkt etwa 24 Monate. Wir versuchen jedoch, durch internationale Partnerschaften die Sache zu beschleunigen. Wenn eine Branche weltweit etwas runtergeht, wie wir es bisher im Lithium-Sektor gesehen haben, gehen wir davon aus, dass der Tiefpunkt nun erreicht ist. Und das bietet immer auch Chancen, weil jetzt Experten verfügbar sind, die 100 % ausgelastet waren, und uns dabei helfen können, den Fortschritt unseres Projektes und den Bau sowie die Inbetriebnahme zu beschleunigen.

Carsten Müller: Wie sieht die generelle Wettbewerbssituation in Europa für Lithium-Konverter aus? Stoßen Sie hier auf einen offenen Markt, oder ist dieser bereits besetzt?

Dirk Harbecke: Es ist ein sehr offener Markt. In Europa gibt es zwar einige Projekte, die angekündigt oder auch umgesetzt werden, aber es sind noch nicht viele. Ein Beispiel ist ein Projekt von AMG, einem ebenfalls sehr guten Unternehmen, allerdings verfolgen sie ein komplett anderes Konzept als wir. Während wir einen Konverter bauen, bei dem wir Rohmaterialien – im Wesentlichen große Gesteinsbrocken, die Lithium enthalten – verarbeiten und daraus das sogenannte Lithiumhydroxid herstellen, das wie Zucker aussieht und in die Batterieproduktion geht, deckt AMG nur einen kleinen Teil dieser Wertschöpfungskette ab. Sie starten nicht mit den Rohmaterialien, sondern lassen diese Vorarbeit woanders erledigen und führen am Ende nur eine Aufbereitung in Deutschland durch. Das Produkt ist am Ende zwar mit unserem vergleichbar, aber die gesamte Wertschöpfungskette in Deutschland fehlt.

Es gibt auch ein Projekt in Finnland von einem südafrikanischen Unternehmen namens Keliber. Das ist ebenfalls ein sehr vielversprechendes Projekt, allerdings bauen sie einen kleineren Konverter als den, den wir planen. Dieser steht kurz vor der Fertigstellung, und wir sind dort in engem Austausch. Insgesamt gehen wir davon aus, dass es in Europa in den nächsten fünf Jahren etwa sieben bis acht solcher Konverter geben wird, ähnlich wie unser Projekt. Das bedeutet, wir sehen die anderen Projekte nicht als Konkurrenz. Wir brauchen diese regionale Produktion, und es ist positiv, dass es weitere Produzenten in Europa gibt.

Carsten Müller: Ihr Unternehmen ist eine deutsch-kanadische Firma. Sie haben auch Projekte in Kanada oder zumindest in der Planungsphase. Können Sie uns dazu etwas sagen?

Dirk Harbecke: Das ist absolut richtig. Historisch gesehen bin ich 2011 bei Rock Tech eingestiegen und seitdem im Lithium-Markt aktiv, mit all der Volatilität, die wir in den letzten 15 Jahren gesehen haben. Ursprünglich war unser Hauptprojekt eine Mine in Kanada. Vor fünf Jahren haben wir uns jedoch entschieden, dass in dieser Branche sogenannte Konverter, also Aufbereitungsanlagen, notwendig sind. Der Grund dafür ist, dass wir stark an Recycling glauben. Wir sehen jetzt, dass große deutsche Unternehmen wie BASF oder Aurubis nicht nur Kupfer, Kobalt und Mangan aus Batteriezellen recyceln, sondern auch Lithium.

Lithium ist im gesamten Recycling-Prozess das teuerste Element, da Lithium-Moleküle hochreaktiv sind. Wir haben bereits Partnerschaften abgeschlossen, sodass wir das recycelte, noch unreine Lithium von diesen Unternehmen übernehmen und zu sauberem, batteriekompatiblem Lithium verarbeiten können. Dieser Recycling-Prozess ist ein großer Bestandteil unserer langfristigen Strategie. Wir glauben an die Kreislaufwirtschaft, aber in den ersten fünf bis zehn Jahren wird es immer noch eine Rolle für abgebautes Material geben. Deshalb haben wir entschieden, dass wir für unseren deutschen Konverter Material aus Afrika und Australien zukaufen werden. Gleichzeitig planen wir in Kanada parallel, da unser großer Vorteil das gesamte Planungs- und Genehmigungspaket für den deutschen Konverter ist. Dieses können wir auf Märkte in Nordamerika oder im Mittleren Osten übertragen – quasi ein „Copy-Paste“-Ansatz. Das klingt einfach, ist aber auf großer Skala machbar. Wir haben diesen Prozess für den kanadischen Markt bereits gestartet und entwickeln parallel unser Minenprojekt. Wenn alles positiv verläuft, gehen wir davon aus, dass wir in Kanada um 2028 mit der Produktion starten können.

Carsten Müller: Können Sie vielleicht etwas greifbarer machen, wie die Produktion im deutschen Konverter aussehen wird? Von welchen Produktionsvolumen sprechen wir?

Dirk Harbecke: Grundsätzlich werden wir 24.000 Tonnen Lithiumhydroxid pro Jahr produzieren. Die Preise liegen aktuell zwischen 10.000 und 12.000 US-Dollar pro Tonne, was sehr niedrig ist. Vor anderthalb Jahren lagen sie noch bei 80.000 US-Dollar. Die allgemeine Markterwartung ist, dass sich die Preise langfristig irgendwo zwischen 25.000 und 30.000 US-Dollar pro Tonne einpendeln. Selbst bei einem konservativen Preis von 20.000 US-Dollar pro Tonne sprechen wir von 500 Millionen US-Dollar Umsatz pro Jahr. Bei höheren Preisen könnten wir bis zu einer Milliarde Umsatz pro Jahr pro Konverter erreichen. Die Rentabilität wird in den ersten fünf bis zehn Jahren bei mindestens 15 bis 20 % liegen. Natürlich wird die Konkurrenz irgendwann zunehmen, und die Effizienz des Recyclings wird besser werden. Aber wir rechnen damit, dass wir auch langfristig sehr positive Margen erzielen können.

Carsten Müller: Sehr spannend. Wir bleiben gespannt, wie es weitergeht. Vielen Dank, dass Sie heute hier bei uns waren, und viel Erfolg auf der Konferenz. Bis zum nächsten Mal!

Dirk Harbecke: Vielen Dank! Bis bald.

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