Liebe Leserin, lieber Leser,
die Aktie von Hapag Lloyd bleibt weiter unter Druck. Nach einem weiteren Abschlag von gut zwei Prozent notierten die Papiere der Container-Reederei am Mittwoch bei 179 Euro, und damit erstmals seit langem wieder unter der Marke von 180 Euro. Wenngleich sie sich wieder leicht verbesserte: Der Abschlag aus dem vergangenen Monat beträgt somit bereits 138 Euro bzw. 43 Prozent, weit mehr als es der hohe Dividendenabschlag von 63 Euro vom 4. Mai rechtfertigen würde. Dass die Hapag Lloyd-Aktie derart an Wert verlieren wird, hatte die Analystenmehrheit allerdings vorausgesagt – die goldenen Jahre sind vorbei. Und doch macht kein anderes Unternehmen der Branche den Hamburgern in Sachen Rendite etwas vor.
Hapag Lloyd weiter mit höchster Gewinnmarge
Denn auch Hapag Lloyd hat im 1. Quartal 2023, wie allgemein erwartet und seit dem 11. Mai bekannt, zwar einen deutlichen Rückgang bei den Margen verzeichnet. Allerdings fällt dieser laut eines Medienberichts vom Mittwoch im Vergleich moderat aus. Nach Berechnungen von Alphaliner landeten, mit zwei Ausnahmen, alle Carrier operativ im Plus, aber mit teilweise deutlichen Einbußen. Nach der Euphorie der zurückliegenden beiden Corona-Jahre mit nie gesehenen Fracht- und Charterraten sei am Containermarkt „Ernüchterung eingekehrt“, wie es heißt.
„Im Durchschnitt aller Unternehmen ging es bei der Gewinnmarge von rund 33% auf 13% nach unten, wobei die Spanne von 4,2% bei Yang Ming bis 31,3% bei Hapag-Lloyd“ reiche, meldet das Branchenportal Hansa. Mit anderen Worten: „Unter allen Linienreedereien arbeitet Hapag-Lloyd am profitabelsten“, so der Bericht. Eine Zurückhaltung bei der Verbrauchernachfrage, die steigende Inflation und vor allem geopolitische Unsicherheiten haben demnach zu einem signifikanten Rückgang des Transportvolumens und der Preise im Containerverkehr geführt.
Der Gewinn brach im 1. Quartal 2023 ein
In der Tat hatte Hapag-Lloyd das 1. Quartal 2023 mit einem EBITDA in Höhe von 2,4 Milliarden US-Dollar abgeschlossen, nachdem im Vorjahresquartal noch 5,3 Milliarden Dollar verzeichnet worden waren.
- Das EBIT verringerte sich im Vergleich von 4,8 auf 1,9 Milliarden US-Dollar
- Auch das Konzernergebnis bewegte sich laut Mitteilung deutlich unter dem Vorjahresniveau
- Nach 4,6 Milliarden lag dieses bei rund 2 Milliarden Dollar, weniger als die Hälfte
Die Transportmenge lag mit 2.842 TTEU (Q1 2022: 2.987 TTEU) um knapp fünf Prozent unter dem ersten Quartal des Vorjahres, da laut Hapag Lloyd lokale Lagerbestände abgebaut wurden und die globale Nachfrage insgesamt schwächer ausfiel. Darüber hinaus führte insbesondere die niedrigere durchschnittliche Frachtrate von 1.999 USD/TEU (Q1 2022: 2.774 USD/TEU) zu rückläufigen Umsatzerlösen. Und doch reichten diese Zahlen zum Spitzenplatz was die Profitabilität anbetrifft.
Hapag-Lloyd bestätigte Prognose für 2023
„Trotz rückläufiger Ergebnisse sind wir robust in das laufende Geschäftsjahr gestartet“, kommentierte denn auch Rolf Habben Jansen, CEO der Hapag-Lloyd AG, das Zahlenwerk. Das Marktumfeld habe sich normalisiert mit entsprechend niedrigerer Nachfrage und nachgebenden Frachtraten. Das werde sich „zweifelsohne im Jahresverlauf auf unsere Erträge auswirken, weshalb wir unsere Kosten sehr genau im Blick haben werden“, versicherte er. Für das Gesamtjahr 2023 bestätigte Hapag-Lloyd seine am 2. März veröffentlichte Prognose mit einem EBITDA zwischen 4,3 bis 6,5 Milliarden US-Dollar.
Das alles aber ist weit weg von den Zahlen aus dem Vorjahr. Die Umsätze hatten sich 2022 auf 20,5 Milliarden US-Dollar erhöht, insbesondere durch einen Anstieg der durchschnittlichen Frachtrate. Im Jahr des 175. Jubiläums schloss Hapag-Lloyd auf Basis dieser Zahlen mit einem fast surrealen EBITDA in Höhe von 18,5 Milliarden US-Dollar ab. Dass es so nicht weitergehen wird, das war nicht nur der Reederei bewusst, auch den Analysten.
Analysten mit extrem niedrigen Kurszielen
Im Laufe dieses Monats meldeten sich gleich vier Experten zu Wort – und hatten wenig Hoffnung verbreitet. Während die Berenberg Bank aktuell noch ein wenig Luft nach oben sieht, andere von weiteren Abschlägen ausgehen, sagte eine amerikanische Großbank einen regelrechten Einbruch des Kurses der Aktie voraus:
Kursziel | Kurspotenzial | |
Berenberg Bank | 190,00€ | +5,32% |
Warburg Research | 112,00€ | -37,92% |
JP Morgan | 89,00€ | -50,67% |
Deutsche Bank | 150,00€ | -16,85% |
JP Morgan hatte den fairen Wert für Hapag-Lloyd Mitte Mai drastisch von zuvor 144 auf 89 Euro gesenkt, die Einstufung folglich auf „Underweight“ belassen. In Bezug auf die Gewinnaussichten sei die Reederei gut aufgestellt und sollte die Konkurrenz in diesem Jahr abhängen, schrieb Analyst Samuel – und sollte Recht behalten. Danach aber trübe sich auch der Ausblick für Hapag-Lloyd ein, so seine Prognose. Zudem sei die Aktie „erheblich überbewertet“, trotz des jüngsten Kursrückgangs. Dieser reflektiere teils den Dividendenabschlag, der eher „als eine fundamental nochmals negativere Einschätzung der Grund sei für seine Kurszielsenkung“, so der Analyst.
Hapag Lloyd verlor 50 Prozent Börsenwert
Die Anleger allerdings sahen das lange Zeit ganz anders. Obwohl Reederei-Chef Jansen bereits im März konstatierte, dass die Party vorbei sei, man nun wieder um jeden Container kämpfen müsse, schickten sie die Aktie von Hapag Lloyd Mitte April, offenbar angesichts der anstehende Rekorddividende von 63 Euro, bis auf 358,80 Euro nach oben. Doch seitdem ist die Stimmung gekippt, hat das Unternehmen wieder glatt die Hälfte seines damaligen Börsenwerts eingebüßt.