Liebe Leserinnen und Leser,
das war wohl die kürzeste Handelsblockade der Geschichte. Gerade einmal 40 Tage nach der Ankündigung von Donald Trumps „Liberation Day“-Zöllen auf chinesische Waren in Höhe von 145% haben die USA und China einen dramatischen Rückzieher vollzogen. Zum Wochenbeginn verkündeten beide Seiten in Genf eine Einigung auf drastisch reduzierte Zollsätze: Die USA senken ihre kombinierten Zölle auf chinesische Waren von 145% auf 30%, während Peking seine Vergeltungszölle auf amerikanische Produkte von 125% auf 10% reduziert.
Die vereinbarte Zollsenkung soll zunächst für 90 Tage gelten – ein Zeitraum, in dem beide Seiten an einer umfassenderen Vereinbarung arbeiten wollen. Eine bemerkenswerte Kehrtwende, nachdem Trump erst am Freitag auf seiner Plattform Truth Social verkündet hatte, 80% Zölle auf China seien angemessen.
Die Märkte reagierten mit deutlicher Erleichterung: S&P 500-Futures stiegen um 3%, asiatische und europäische Aktienindizes legten zu, und der chinesische Yuan gewann mehr als 0,5% gegenüber dem Dollar. Es ist, als hätten die Märkte kollektiv aufgeatmet.
Warum die Wende kam
Was hat diesen bemerkenswerten Kurswechsel verursacht? Die Antwort scheint in der harten wirtschaftlichen Realität zu liegen, die sowohl Washington als auch Peking schnell zu spüren bekamen.
Zunächst zeigten jüngste Handelsdaten eine rapide Verschlechterung der Situation: Die chinesischen Exporte in die USA sind im April um ganze 21% eingebrochen. Amerikanische Einzelhandelskonzerne warnten die Trump-Administration eindringlich vor Versorgungsengpässen ähnlich denen während der Pandemie. Leere Regale mitten im US-Wahlkampf 2026 (Midterms) wären politischer Selbstmord.
Gleichzeitig sieht sich China mit wachsender Arbeitslosigkeit konfrontiert und versucht, seine Wirtschaft mit Zinssenkungen und Bankenliquidität zu stützen. Die Verbraucherpreise in China fielen im April den dritten Monat in Folge – ein deutliches Zeichen für die schwache Binnennachfrage, die durch den Handelskrieg weiter belastet wurde.
Doch vielleicht am wichtigsten war die Reaktion der Finanzmärkte. Innerhalb weniger Wochen hatte Trumps Administration bereits mehrere Zugeständnisse gemacht: Ausnahmen für Kanada und Mexiko, eine 90-tägige Pause der reziproken Zölle gegen alle außer China, Ausnahmen für iPhones und Elektronik, ein Mini-Deal mit Großbritannien und nun die 90-tägige Reduzierung der China-Zölle.
Was bleibt übrig?
Obwohl die Einigung eine deutliche Deeskalation darstellt, bleiben die Zölle historisch hoch. Die verbleibenden 30% amerikanischen Zölle setzen sich zusammen aus dem neuen globalen 10%-Basistarif plus 20% speziell für China wegen dessen Rolle im Fentanyl-Handel. Zum Vergleich: Der durchschnittliche US-Zollsatz vor Trumps Amtsantritt lag bei etwa 2,5%.
Interessanterweise enthielt die Ankündigung kaum substanzielle wirtschaftliche Zugeständnisse von chinesischer Seite. Peking stimmte lediglich zu, seine nicht-tarifären Gegenmaßnahmen auszusetzen oder zu streichen – darunter die Exportkontrollen für sieben Seltene Erden, die für die USA besonders problematisch waren.
Die Märkte im Aufschwung – aber für wie lange?
Die unmittelbare Reaktion der Märkte war positiv, aber vorsichtig optimistisch. Für Investoren stellt sich nun die Frage: Ist dies der Beginn einer nachhaltigen Markterholung oder nur eine kurze Atempause?
Für eine nachhaltige Erholung spricht, dass der S&P 500 bereits vor der offiziellen Ankündigung fast wieder auf dem Niveau vor Trumps Zollankündigung Anfang April lag. Die Pause der steilsten Zölle auf die meisten Länder außer China hatte vergangene Woche die stärkste Rallye des S&P 500 seit der Finanzkrise 2008 ausgelöst.
Gegen eine dauerhafte Entspannung sprechen die weiterhin bestehenden strukturellen Probleme im US-chinesischen Handelsverhältnis. Das „Phase One“-Handelsabkommen von Januar 2020, in dem sich China zum Kauf zusätzlicher US-Waren und Dienstleistungen im Wert von über 200 Milliarden Dollar verpflichtet hatte, wurde nie vollständig umgesetzt. Und grundlegende Streitpunkte wie Chinas Marktzugangsbeschränkungen, besonders im Digital- und Finanzdienstleistungssektor, sowie der chronische Diebstahl geistigen Eigentums bleiben ungelöst.
Die verbleibenden Importzölle sind immer noch hoch und könnten die US-Importe aus China mittelfristig erheblich reduzieren. Andere Analysten erwarten hingegen einen kurzfristigen Transportboom über den Pazifik aufgrund des Zoll-Aufschubs.
Gewinner und Verlierer
Wer profitiert von dieser überraschenden Wende im Handelskonflikt? Zunächst einmal Unternehmen, die stark vom US-chinesischen Handel abhängig sind. Besonders Einzelhändler wie Walmart und Target, die in großem Umfang Waren aus China importieren, können aufatmen.
Auch Technologieunternehmen dürften profitieren. Apple hatte sich bereits Ausnahmen für seine iPhones gesichert, aber die breitere Elektronikbranche kann nun aufatmen. Unternehmen wie Nvidia, AMD und Intel, die entweder in China produzieren oder den chinesischen Markt bedienen, könnten zu den größten Gewinnern zählen.
In China selbst könnten Exporteure wie BYD, die stark vom amerikanischen Markt abhängig sind, wieder Boden gutmachen. Der chinesische Aktienmarkt hat bereits fast alle Verluste seit Trumps „Liberation Day“-Ankündigung wettgemacht.
Zu den Verlierern zählen möglicherweise Unternehmen, die von höheren Zöllen profitiert hätten – etwa US-Stahlproduzenten und andere Branchen, die unter chinesischer Konkurrenz leiden. Auch US-Firmen, die sich auf eine Verlagerung von Lieferketten aus China vorbereitet hatten, könnten nun feststellen, dass ihre Investitionen verfrüht waren.
Wie Anleger jetzt agieren sollten
Für Anleger bietet die aktuelle Situation sowohl Chancen als auch Risiken. Die Unsicherheit bleibt trotz der Zollsenkungen hoch. Obwohl die unmittelbare Zollgefahr gebannt scheint, läuft die Vereinbarung nach 90 Tagen aus. Anleger sollten nicht davon ausgehen, dass der Handelskonflikt dauerhaft gelöst ist.
Chinesische Aktien könnten kurzfristig attraktiv sein. Mit der Aussicht auf reduzierte Handelsspannungen und mögliche weitere Stimuli der chinesischen Regierung könnten chinesische Aktien, insbesondere Exporteure, Aufwärtspotenzial bieten.
US-Einzelhandels- und Technologieaktien dürften von der Entwicklung profitieren. Unternehmen, die stark von chinesischen Importen abhängig sind, könnten ihre Prognosen wieder anheben, nachdem viele ihre Guidance aufgrund der Zollunsicherheit zurückgezogen hatten.
Die Dollarschwäche könnte anhalten. Spekulanten haben bereits bearishe Positionen in Höhe von 17 Milliarden Dollar gegen den Dollar aufgebaut. Wenn die Handelsspannungen weiter nachlassen, könnte dies den Dollar weiter belasten – was wiederum für Schwellenländer und Rohstoffexporteure positiv wäre.
Das große Bild: Ein Sieg der wirtschaftlichen Realität
Was wir hier beobachten, ist letztlich ein Sieg der wirtschaftlichen Realität über ideologische Positionen. Die Idee, dass hohe Zollmauern eine neue goldene Ära einläuten würden, hielt nicht einmal zwei Monate stand.
Für die Zukunft bleibt abzuwarten, ob die 90-tägige Frist ausreicht, um ein umfassenderes Handelsabkommen zu erzielen. Die Geschichte lehrt Skepsis: 2018 einigten sich beide Seiten ebenfalls darauf, ihren Streit auf Eis zu legen, aber die USA zogen sich bald darauf vom Deal zurück, was zu mehr als 18 Monaten weiterer Zölle und Gespräche führte.
Eines ist jedoch klar: Die Märkte haben Trump gezwungen, von seinem Fiebertraum hoher Zollmauern abzurücken. Selbst wenn die endgültige Landezone ein globaler 10%-Zoll bleibt, der immer noch viermal höher ist als vor seiner Amtszeit – die Katastrophe eines umfassenden Handelskriegs scheint vorerst abgewendet.
Für mutige Anleger könnte dies eine Gelegenheit sein, in Sektoren zu investieren, die von reduzierten Handelsspannungen profitieren. Wie ein altes Börsensprichwort sagt: Kaufe, wenn die Kanonen donnern – selbst wenn die Kanonen nur kurz zum Schweigen gebracht wurden.
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