Mit Hochspannung erwarteten die Märkte am Mittwoch die halbjährliche Ansprache von Fed-Chef Jerome Powell vor dem US-Kongress. Was dabei niemanden überraschte war, dass Powell weiterhin ein entschlossenes Vorgehen gegen die viel zu hohe Inflation im Land ankündigte. Offenbar unterschätzten einige Beobachter aber, welche Schritte der Chef der US-Notenbank dafür bereit zu sehen ist.
Bisher wurde darüber gemunkelt, dass der Leitzins in den USA im Juli erneut um 0,75 Prozent, vielleicht aber auch wieder nur um 0,5 Prozent angehoben werden könnte. Bei der genauen Höhe wollte Jerome Powell allerdings keinen Deckel setzen. Seiner Aussage nach sei keine Größenordnung undenkbar und so steht die Möglichkeit im Raum, dass die Zinsen im kommenden Monat auch um ein ganzes Prozent angehoben werden könnten. Es versteht sich von selbst, dass das an den Märkten für einiges an Tumult sorgte.
Der Goldpreis gerät weiter unter Druck
Zwar sind sich so ziemlich alle einige darüber, dass die Inflation dringend bekämpft werden muss. Allerdings fürchten viele Ökonomen, dass durch zu beherzte Zinsschritte die Wirtschaft abgewürgt und dadurch der Weg in die Rezession geebnet werden könnte. Diese Aussicht führt zu einem weiter erstarkenden US-Dollar und anziehenden Renditen bei US-Anleihen. In nicht allzu ferner Zukunft könnten dort die Zinsen bei kurzen Laufzeiten jene mit längeren Laufzeiten übersteigen, was allgemein als ein klares Signal für eine drohende Rezession gilt.
Dem Goldpreis schaden all diese Entwicklungen aus diversen Gründen. Zum einen wird das Edelmetall als Anlageform uninteressanter, je höher die Zinsen an den Märkten ausfallen, da Gold an sich nun mal keine Zinsen abwirft. Zum anderen werden Investments unrentabel, die nicht direkt in US-Dollar getätigt werden. Dessen Stärke verschreckt also einen großen Teil von Anlegern aus dem Ausland.
Wackelt der sichere Hafen?
Die großen Sorgen um die Konjunktur fallen momentan derart groß aus, dass der Goldpreis seinem Ruf des sicheren Hafens immer weniger gerecht wird. Stattdessen purzeln die Kurse zeitweise in einem bedenklich hohen Tempo. Am Donnerstag mussten die Investoren zusehen, wie Gold bis zum Nachmittag um 0,6 Prozent auf 1.826 Dollar je Feinunze abwertete. In den vergangenen drei Monaten ging es bereits um 5,5 Prozent in die Tiefe und auf Jahressicht bleiben derzeit lediglich Kursgewinne von 3,3 Prozent bestehen.
Damit performt der Goldpreis zwar besser als die meisten Aktien. Das reicht aber nicht aus, um die hohe Inflation auszugleichen und so erleiden Anleger mit dem Edelmetall derzeit einen realen Wertverlust. Zumindest aktuell bietet Gold damit keine Gelegenheit, um der schwindelerregend hohen Inflation zu entkommen.
Da kann der Goldpreis nicht mithalten
Sehr viel mehr hätte sich vor einem Jahr ein Investment in Energieträger gelohnt. Auch Weizen erfuhr eine Wertsteigerung, von der Gold selbst in seinen besten Zeiten nur träumen könnte. Doch hinterher ist man bekanntlich immer schlauer und letztlich hätte wohl niemand außer dem russischen Machthaber und Kriegsverbrecher Wladimir Putin selbst vorhersehen können, dass in diesem Jahr der größte Krieg seit dem Zweiten Weltkrieg in Europa toben würde.
Rohstoff | Preis (23.6.22, 13:30 Uhr) | Perf. 1 Jahr |
Erdgas | 6,71 USD je MMBtu | +106 % |
Weizen | 364,25 EUR je Tonne | +79,2 % |
Uran | 52,00 USD je 250 Pfund | +60,5 % |
Öl (Brent) | 111,40 USD je Barrel | +48,6 % |
Gold | 1.826,69 USD je Feinunze | +3,3 % |
Silber | 21,14 USD je Feinunze | -17,2 % |
Palladium | 1.865,00 USD je Feinunze | -28,7 % |
So enttäuschend der Goldpreis momentan aussehen mag, im Chart beschreibt er auf lange Sicht immerhin noch eine Aufwärtskurve und es ist durchaus im Bereich des Möglichen, dass das Edelmetall derzeit unterbewertet wird. Zumindest einige Experten sprechen davon, dass aufgrund des geringen Risikobewusstseins der Anleger momentan weniger Goldkäufe als in anderen Zeiten stattfinden würden. Für besonders mutige und stets optimistische Anleger könnte das schon fast einer Einladung zum fleißigen Zukauf gleichkommen.
Tage der Entscheidung für den Goldpreis
Vieles wird bei der weiteren Entwicklung des Goldpreises davon abhängen, ob die Notenbanken mit ihren Strategien zur Bekämpfung der Inflation Erfolg haben werden oder nicht. Grundsätzlich wäre eine Wirtschaft mit niedriger Inflation und hohen Leitzinsen ein denkbar schlechtes Umfeld für den Goldpreis. Sollten die Versuche der Währungshüter allerdings nicht fruchten und die Teuerungsrate weiterhin von Rekord zu Rekord eilen, könnte es noch zu einer echten Fluchtbewegung in Richtung Gold kommen. Spätesten bei zweistelligen Inflationsraten dürfte mancher Anleger kapitulieren, da sich derartige Teuerungen kaum noch durch irgendein halbwegs sicheres Finanzinstrument ausgleichen ließen.
Ob sich ein Investment bei den derzeit noch immer vergleichsweise günstigen Goldpreisen lohnt oder nicht, kann da nur jeder für sich selbst beantworten. Zu beachten ist bei dem Sturz von über 2.000 Dollar auf das jetzige Niveau knapp oberhalb von 1.800 Dollar in jedem Fall, dass die Erwartungen der Märkte an Gold nach Kriegsausbruch in der Ukraine durch die Decke schossen. Vielleicht ist es daher an sich etwas vermessen, die dabei erreichten Höchststände jetzt als Benchmark für die Entwicklung beim Goldpreis anzusetzen. Aufgrund der unzähligen Ungewissheiten, der großen Unsicherheit und Nervosität sowie der vielen anstehenden wichtigen Termine lässt sich aber ohnehin nur darüber spekulieren, welchen Weg der Goldpreis in naher Zukunft einschlagen wird.
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