Die Bankenkrise in den USA hat in den letzten Tagen die Finanzwelt in Aufruhr versetzt und an den Märkten für Schockwellen gesorgt. Den Anfang hatte die Kryptobank Silvergate Capital gemacht, die Anfang März ihren Betrieb eingestellt hatte. Für viel Aufsehen sorgte in der vergangenen Woche die Pleite der auf Tech- und Startup-Unternehmen spezialisierten Silicon Valley Bank. Daneben ist auch die First Republic Bank ins Wanken geraten.
Als sich die Märkte am Dienstag nach dem ersten Schock zu erholen schienen, sorgte die seit geraumer Zeit kriselnde Schweizer Großbank Credit Suisse für die nächste Panikstufe. Auslöser waren Aussagen der Saudi National Bank, dem Großaktionär der Credit Suisse, wonach man der Bank keine weitere finanzielle Unterstützung zukommen lasse wolle. Deren Aktie brach daraufhin um bis zu 30 Prozent ein und erreichte neue Rekordtiefstände.
Credit Suisse wird von der SNB gestützt
In der Nacht auf Donnerstag folgte die Nachricht, dass die Credit Suisse nach der Rettungsleine greift und bei der Schweizer Nationalbank (SNB) Kredite von bis zu 50 Milliarden Franken aufnehmen will. Das hat die Märkte fürs Erste beruhigt, auch wenn noch nicht der Zeitpunkt gekommen ist, Entwarnung zu geben.
EZB hebt Leitzins trotz Bankenkrise um 50 BP an
Trotz der Turbulenzen im Bankensektor hat die Europäische Zentralbank den Leitzins am Nachmittag um 50 Basispunkte angehoben und damit den Fokus weiter auf Inflationsbekämpfung gelegt. Am Markt wurde dieses Vorgehen allerdings positiv aufgenommen und als Vertrauen in die Solidität des europäischen Bankensystems gewertet. Andersherum hätte ein kleinerer Zinsschritt oder gar ein Verzicht auf Zinserhöhungen die Marktteilnehmer vor dem Hintergrund der Bankenkrise womöglich in Panik versetzen können.
Ungeachtet dessen dürfte die Nervosität an den Märkten groß bleiben. „Die Investoren rätseln nun, ob das dicke Ende schon da war oder noch kommt. Sie versuchen den Schaden abzuschätzen, den die Zentralbanken mit ihrem einerseits zu späten und andererseits dann zu steilen Zinskurs angerichtet haben“, so Jochen Stanzl, Experte bei CMC Markets. Es herrsche weiterhin große Sorge vor dem nächsten Lehman-Kollaps, so der Experte weiter.
DAX und EuroStoxx dämmen Vortagesverluste ein
Zunächst einmal können sich die Märkte in Europa und auch die Schlüsselindizes an der Wall Street aber wieder deutlich stabilisieren. Für den deutschen Leitindex geht es nach zwischenzeitlichen Abgaben um mehr als 1,57 Prozent aufwärts. Der EuroStoxx 50 leitet mit einem Plus von mehr als zwei Prozent eine noch stärkere Gegenbewegung ein.
Die nächsten Tage werden zeigen, ob diese Erholung nachhaltig ist und die großen europäischen Börsenbarometer an den Aufwärtstrend von Ende September anknüpfen können. Seit September haben sich Aktienindizes aus Europa deutlich besser geschlagen als ihre US-Pendants und eine klare Outperformance erzielt.
Europäische Aktien fundamental günstiger als US-Titel
Die Gründe dafür sind vielschichtig. Einerseits profitieren europäische Aktien davon, dass sie fundamental betrachtet einfach günstiger bewertet sind als US-Aktien, deren Kurse in den Jahren des ultralockeren Geldes stark aufgebläht wurden. Trotz der Aufholjagd in den vergangenen Wochen liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) im DAX im Durchschnitt nur bei 13,4. Demgegenüber wartet der den US-Markt abbildende S&P 500 mit einem KGV von 21,3 auf.
Hinzu kommt die Geldpolitik in Europa, die weniger rigide und restriktiv ausfällt. Am Donnerstag hat die EZB den Leitzins zwar auf ein Niveau von 3,50 Prozent angehoben, in den USA liegt der Schlüsselsatz aber bereits in einer Spanne von 4,50 bis 4,75 Prozent. Je höher die Zinsen, desto weniger attraktiv werden Aktieninvestments.
Europäische Unternehmen erzielen bessere Ergebnisse
Ein entscheidender Faktor ist aber auch die deutlich bessere Entwicklung der Unternehmensgewinne. Das vierte Quartal zeigte für Europa einen Gewinnanstieg von gut 4 Prozent, während es in den USA einen Gewinnrückgang von gut 3 Prozent gab. Dementsprechend haben Analysten im Februar für Europa und Großbritannien positive Gewinnrevisionen vorgenommen, während die Gewinnschätzungen für die USA nach unten korrigiert wurden.
Europäische Unternehmen profitieren von den niedrigeren Energiepreisen und der Wiederöffnung Chinas. Sollte sich die Bankenkrise als weniger dramatisch herausstellen als viele befürchten, dürften die vorgenannten Kurskatalysatoren europäischen Aktien auch weiterhin viel Rückenwind geben. Denn die Bewertungsdiskrepanz ist weiterhin immens.
LEGG MASON MARTIN CURRIE GLOBAL LONG-TERM UNCONSTRAINED FUND Chart
Dieser Aktienfonds schlägt 95 Prozent der Konkurrenz
Ein Fonds, der seinen Fokus auf attraktiv bewertete Unternehmen in Europa legt und mit dieser Strategie 95 Prozent der Vergleichsanbieter schlägt, ist der FTGF Martin Currie Global Long-Term Unconstrained Fund. „Wir finden, dass qualitativ hochwertige Wachstumsunternehmen außerhalb der USA derzeit attraktiver bewertet sind“, so Fondsmanager Zehrid Osmani.
Zu den größten Positionen zählen der niederländische Chiphersteller ASML Holdings und das französische Kosmetikunternehmen L’Oreal. Beide Papiere haben in diesem Jahr bereits zweistellig zulegen können. Darüber hinaus tragen vor allem der italienische Sportwagenhersteller Ferrari, das französische Luxusgüterunternehmen Kering, die italienische Bekleidungsfirma Moncler und der irische Baustoffhersteller Kingspan zur guten Performance des Fonds bei.
Auch wenn europäische Aktien deutlich höher gewichtet sind, sind auch US-Unternehmen im Fonds vertreten. Zu den Top Holdings zählen der Softwareriese Microsoft und das Gesundheitsunternehmen ResMed Inc.
20 bis 40 Unternehmen mit Qualitätswachstum
Der Martin Currie-Fonds der Fondsgesellschaft Franklin Templeton ist darauf ausgelegt in 20 bis 40 Unternehmen mit Qualitätswachstum zu investieren. „Wir wollen Unternehmen, die in Bezug auf ihre Erträge stabil sind“, so Osmani. Was die Sektoren betrifft, ist der Fonds auf die Bereiche Technologie, Gesundheitswesen, Konsumgüter und Teile des Industriewesens ausgerichtet.
Seit Jahresbeginn zahlt sich die Strategie des Fonds eindeutig aus. Auf Dollarbasis erzielte der Fonds ein Plus von 8,34 Prozent und damit mehr als doppelt so viel wie die Benchmark des MSCI World Net Dividends Index (4,10 Prozent). Im vergangenen Jahr wäre allerdings ein Investment in den MSCI World Index ratsamer gewesen, der sich mit Verlusten von gut 18 Prozent deutlich besser geschlagen hat als der Fonds mit einem Minus von 33,67 Prozent.
Seit der Auflegung im Jahr 2016 hat der FTGF Martin Currie Global Long-Term Unconstrained Fund die Benchmark aber immerhin in vier von sechs Jahren (2017 – 2022) geschlagen.