Vor genau einem Jahr herrschte bei der alljährlichen Sicherheitskonferenz in München ein sehr pessimistischer Grundton. Mit dem Kunstbegriff „Westlessness“ betrauerten die Europäer damals den schwindenden Einfluss und den mangelnden inneren Zusammenhalt in der westlichen Welt – nicht ohne Grund: Seit dem zweiten Weltkrieg war das Verhältnis zwischen den Vereinigten Staaten und Europa nicht mehr so schlecht wie während der vierjährigen Amtszeit Donald Trumps.
Wer gehofft hatte, dass Joe Biden nun ganz andere Töne anschlagen würde als sein Vorgänger, wurde nicht enttäuscht. Bei der diesjährigen Münchener Konferenz, die vergangene Woche erstmals digital ausgetragen wurde, versprach der neue Mann im Weißen Haus die „Wiederbelebung“ der amerikanischen Bündnisse.
Der 78-Jährige bekräftigte insbesondere den Wert der transatlantischen Partnerschaft, die man zuletzt schmerzlich vermisst hat. Er machte deutlich, dass er eine „Allianz der Demokratien“ plant, um sich der wachsenden Macht Chinas und anderer autoritärer Regime entgegenzustemmen. Klarer hätte er sich damit nicht von Trumps „America-First-Politik“ abgrenzen können.
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Was dann verwunderte: Obwohl Europa lange nicht mehr so umworben wurde, wichen Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Macron nicht von ihren vorgefertigten Reden ab, um Biden zu antworten. Entsprechend pflichtschuldig fielen die Entgegnungen auf die enthusiastische Ansprache des US-Präsidenten aus.
Peking treibt Keil zwischen Washington und Brüssel
Trotz des letztlich deutlichen Wahlsiegs der US-Demokraten ist von einer großen transatlantischen Aufbruchstimmung bei den Europäern wenig zu spüren. Das liegt an einer Vielzahl von Streitpunkten zwischen den beiden Parteien: die Nord-Stream-2-Pipeline, die strenge europäische Regulierung von amerikanischen Tech-Konzernen und die niedrigen Verteidigungsetats der europäischen Nato-Partner.
Der größte Disput dreht sich jedoch um die Frage, wie der Westen mit China umgehen soll. Europa ist ökonomisch enger denn je auf dem ostasiatischen Markt verflochten und möchte sich nicht in einen kalten Wirtschaftskrieg hineinziehen lassen. Das ist der entscheidende Grund dafür, warum die Europäer Bidens Einladung in die Allianz der Demokratien noch nicht folgen wollen.
Die erste außenpolitische Priorität des US-Präsidenten ist es hingegen, die Chinesen mit einer breiten Koalition demokratischer Länder unter Druck zu setzen. So will man Peking dazu bringen, auf unfaire Wirtschaftspraktiken zu verzichten.
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Zu diesem Zweck hätten die Amerikaner etwa gerne gemeinsam mit Brüssel das Investitionsabkommen zwischen China und der EU genutzt. Doch die Europäer haben den Vertrag kurz vor dem Amtsantritt Bidens in aller Eile und ohne US-Input mit China unterzeichnet.
Peking hat das Abkommen genutzt, um einen Keil zwischen Europa und Amerika zu treiben. Sie haben den Europäern kleine Zugeständnisse gemacht, um das Investitionsabkommen über die Bühne zu bringen, und einem koordinierten Ansatz des Westens so erstmal die Luft entzogen.
Europa muss sich eingestehen, dass die Politik des Dialogs und der Wandel durch Handel (so klug und sympathisch beides klingen mag) bei Peking gescheitert sind. Seit Jahren setzt China den eigenen Markt erfolgreich als Druckmittel ein, um nicht für Menschenrechtsverletzungen und unfaire Wirtschaftspraktiken kritisiert zu werden.
Transatlantisches Handelsabkommen würde China unter Druck setzen
Die vielen Zumutungen, die Europa unter Trump erleiden musste, haben uns vor allem gelehrt, wie wichtig der Zusammenhalt zwischen demokratischen Staaten ist. Mittlerweile ist China so mächtig, dass die USA und Europa allenfalls vereint Zugeständnisse erzwingen können.
Die Zeitenwende in Washington ist eine Chance für Europa, den USA zur Seite zu stehen und mit einem Handelsabkommen wirtschaftlich noch enger zusammenzuwachsen. Die Annäherung würde Peking unter Zugzwang setzen und vor allem die sich langsamer erholende europäische Wirtschaft stärken.
Naturgemäß ruhten im Handelsstreit der Trump-Ära die Verhandlung des Transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP. Doch angesichts der ideologischen Bedrohung aus China sind die Konflikte des Westens lösbar und verblassen: Biden müsste für Europa den Markt für Staataufträge öffnen und die EU im Gegenzug endlich seinen Agrarprotektionismus reduzieren.
Das Zeitfenster für eine Neuinvestition in die transatlantischen Beziehungen ist jedoch nicht unbegrenzt. Denn die derzeitige Zögerlichkeit Brüssels sorgt für zunehmende Frustration in Washington. Noch hat Europa es selbst in der Hand, China in die Schranken zu weisen und die Ära der Westlessness zu beenden.
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