Der DAX setzte seine Talfahrt im Handel am Donnerstag unbeirrt fort. Eine kurzzeitige Erholung kam tags zuvor unsanft zu einem Ende, nachdem Konjunkturdaten für den hiesigen Markt schwer enttäuschten und wieder einmal Sorgen rund um steigende Zinsen und eine drohende Rezession das Geschehen beherrschten.
Ob es tatsächlich zu einer solchen kommen wird oder nicht, darüber gehen die Meinungen auseinander. Unlängst sorgte US-Präsident Joe Biden mit der Aussage für Aufmerksamkeit, dass eine Rezession noch nicht unabwendbar sei. Fed-Chef Jerome Powell scheint das ähnlich zu sehen und sprach am Mittwoch von einer „sehr starken“ Wirtschaft in den Vereinigten Staaten, welche Leitzinserhöhungen wegstecken könne.
Allerdings, und das ist ein wichtiger Knackpunkt: niemand traut sich derzeit, eine Rezession vollständig auszuschließen. Damit bleibt an den Märkten viel Unsicherheit vorhanden und eben jene lähmt derzeit auch den DAX, welcher nun auf eine harte Probe gestellt wird.
Der DAX kurz vor dem Absturz?
Im frühen Handel am Donnerstag kämpfte der deutsche Leitindex mit aller Macht darum, die Marke bei 13.000 Punkten nicht aus der Hand zu geben. Zumindest bis zum Handel am Mittag konnten die Bullen sich noch durchsetzen und Ausflüge unter die wichtige Linie schnell wieder ausgleichen. Ob das auch weiterhin so bleiben wird, bleibt abzuwarten.
Analysten befürchten eine weitere Verkaufswelle, sollte der DAX unter die 13.000-Punkte-Marke fallen. Wahrscheinlich wäre in einem solchen Szenario, dass der Index recht schnell Kurs nimmt auf das bisherige Jahrestief bei 12.438,85 Punkten. Darunter finden sich Unterstützungen nur noch mit recht großen Abständen auf folgenden Niveaus:
- 12.300 Punkte
- 12.000 Punkte
- 11.500 Punkte
- 10.500 Punkte
Noch weiter südlich käme schließlich irgendwann die Linie bei 10.000 Punkten ins Visier der Bären und spätestens dort könnten wohl alle Dämme brechen. Noch sind wir davon sehr weit entfernt. Doch sollte tatsächlich eine Rezession drohen, könnte der DAX durchaus noch bis in solche Regionen herabfallen.
Die Sorgen im DAX werden größer
Abseits der schwächelnden Konjunktur gibt es noch genügend andere Gründe für die Anleger, um sich Sorgen um den DAX zu machen. Die Versorgung mit russischem Gas ist bekanntlich deutlich gedrosselt worden, weshalb Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck jüngst die zweite Stufe im Notfallplan Gas ausrief. Bei der sogenannten „Alarmtstufe“ ändert sich zwar erst einmal nicht allzu viel und die Weitergabe der enorm gestiegenen Einkaufskosten an die Endkunden bleibt zunächst aus. Es dürfte aber unmissverständlich klargeworden sein, dass die Lage sehr angespannt ist.
Das setzt vor allem Unternehmen im DAX zu, welche auf eine reibungslose Versorgung mit Gas angewiesen sind. Schwere Kursverluste mussten so unter anderem die Chemiekonzerne hinnehmen, die im DAX unter anderem durch BASF, Covestro und Linde vertreten sind. Das Schlusslicht bildete im frühen Handel die Deutsche Bank, bei der charttechnische Faktoren derzeit für einen kritischen Moment sorgen.
Aktie | Kurs (EUR) (23.6.22, 11:30 Uhr) | Differenz zum Vortag |
Beiersdorf | 96,40 | +1,20 % |
Adidas | 166,70 | +1,04 % |
RWE | 38,76 | +0,96 % |
Deutsche Telekom | 18,72 | +0,31 % |
Qiagen | 41,66 | +0,24 % |
Vonovia | 30,72 | -2,60 % |
Brenntag | 61,16 | -2,77 % |
HeidelbergCement AG | 47,60 | -3,00 % |
Mercedes-Benz | 60,40 | -3,24 % |
Deutsche Bank | 9,30 | -4,02 % |
Auf der Gewinnerseite gab es nur einige überschaubare Zugewinne zu sehen. Die Deutsche Telekom profitiere von guten Analystenkommentare, während bei Beiersdorf nach der Rückkehr in den DAX weiterhin Partystimmung bei den Aktionären herrscht und die schlechte Stimmung im Index gekonnt ignoriert wird. Den Anteilseignern sei gewünscht, dass es dabei noch möglichst lange bleiben wird.
Daran führt beim DAX kein Weg vorbei
Es ist zuweilen etwas ermüdend, immer wieder über steigende Zinsen und deren mögliche Konsequenzen zu berichten. Zweifelsohne würden sich auch die meisten Anleger darüber freuen, gäbe es zur Abwechslung mal andere Nachrichten, welche die Märkte in ihren Bann ziehen. Doch so sehr sich die Thematik auch wiederholen mag, sie lässt sich schlicht nicht ignorieren und sehr wahrscheinlich wird das Ganze noch eine ganze Weile den Ton im DAX sowie anderen (westlichen) Indizes angeben.
Besondere Aufmerksamkeit kommt da natürlich der weiteren Zinspolitik der großen Zentralbanken zu. Von der Fed erwarten viele, dass diese in Zukunft noch entschlossener gegen die hohe Inflation vorgehen wird. Derweil hält die EZB sich weiterhin schwer zurück. In der EU gab es bis heute noch nicht den ersten Zinsschritt zu sehen. Das verhindert einerseits zwar ein Abwürgen der hiesigen Wirtschaft. Allerdings befürchten viele, dass die EZB durch ihre Untätigkeit die Inflation vollständig außer Kontrolle geraten lassen könnte. Manch einer ist sogar der Ansicht, dass das schon längst passiert ist.
Worauf können Optimisten im DAX noch setzen?
Die Aussichten im DAX könnten also weiterhin kaum düsterer sein und im Prinzip ist aktuell jede Nachricht eine schlechte Nachricht. Jede weitere Zinserhöhung wird die Angst vor einer Rezession weiter schüren. Ohne Anhebung der Leitzinsen hingegen blicken die Börsianer sorgenvoll auf die Inflation, die schon jetzt auf dem höchsten Niveau seit Jahrzehnten liegt und weiter zu klettern droht.
Kurzfristig ist da mit einer Entspannung schlicht nicht zu rechnen. Die letzten Optimisten können lediglich noch darauf setzen, dass DAX und Co. die aktuelle Lage langfristig unbeschadet überstehen und sich eines Tages wieder in Richtung Norden orientieren werden. Da es zwischenzeitlich noch deutlich tiefer gehen kann, bleibt die Seitenlinie ein recht einladender Ort.
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