Trotz dezent negativer Vorgaben den US-Märkten ließen die hiesigen Anleger sich am Dienstagmorgen zunächst nicht die Stimmung verhageln. Stattdessen erlaubten sie dem DAX weitere Kursgewinne. Rund eine Stunde nach Handelsbeginn lag der Index bei 13.242 Punkten und damit 0,4 Prozent höher als bei Handelsschluss am Montag. Schon seit einigen Tagen freuen die Aktionäre sich im DAX über sichtlichen Aufwind.
Allerdings glauben nur die wenigsten Experten daran, dass der auch lange Bestand haben wird. Besonders drastische Worte für die aktuelle Lage findet Moritz Kraemer, seines Zeichens Chefvolkswirt bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Wie die Tagesschau berichtet, sieht Kraemer die Wirtschaft derzeit nur einen „Wimpernschlag“ von der Rezession entfernt. Ein möglicher Gasstopp aus Russland, wie er schon seit einer Weile diskutiert und befürchtet wird, könnte das Fass vielleicht zum Überlaufen bringen.
Der Blick auf die Einzeltitel im DAX
Derartige Sorgen machen sich auch ein Stück weit bei den Einzeltiteln im DAX bemerkbar, wo die Chemiebranche weiterhin einen eher schweren Stand hat. Zwar konnten die größten Vertreter dieser Branche in Form von Covestro und BASF sich am Dienstagmorgen leicht verbessern. Die vorherigen schweren Verluste können die Bullen aber mit einem Plus von 0,2 respektive 0,5 Prozent nicht einmal ansatzweise ausgleichen und bei beiden Titeln lässt sich ein anhaltender Abwärtstrend attestieren.
Ebenfalls schwer zu kämpfen hatte Zalando, wo viele Anleger nach einer schwachen Prognose vor wenigen Tagen wohl endgültig das Handtuch geworfen haben. Aus Sicht vieler Anleger zu Unrecht mit roten Vorzeichen zu kämpfen hat auch Hellofresh, wo trotz eines eigentlich durchaus vorhandenen Wachstums die Abwärtsbewegung einfach kein Ende finden will.
Auf der Gewinnerseite finden sich vor allem die großen Flugzeughersteller, von denen aufgrund der massiven Aufrüstung im Westen in Zukunft noch so einiges erwartet wird. Ob militärisch oder nicht, der Westen dürfte in Zukunft eine enorme Menge an Flugzeugen benötigen und die Anleger stellen sich auf genau dieses Szenario schon einmal ein. Besonders profitieren konnte davon am Dienstagmorgen MTU Aero Engines mit Kursgewinnen von respektablen 2,76 Prozent bis zum frühen Vormittag.
Aktie | Kurs (EUR) (28.6.22, 10 Uhr) | Differenz zum Vortag |
MTU Aero Engines | 177,15 | +2,76 % |
Continental | 69,74 | +2,14 % |
Airbus | 95,01 | +1,71 % |
Münchener Rück | 224,30 | +1,59 % |
Porsche SE | 67,08 | +1,48 % |
Merck KGaA | 163,45 | -1,00 % |
Deutsche Post | 36,10 | -1,15 % |
Adidas | 169,80 | -1,21 % |
Zalando | 25,21 | -1,98 % |
Sartorius | 327,80 | -2,00 % |
Augen auf im DAX
Wie weit die derzeitige Erholung den DAX noch tragen kann, hängt zweifellos von den kommenden Schlagzeilen ab, und davon dürfte es heute im Laufe des Tages mehr als genug geben. Mit großem Interesse dürften die Anleger den letzten Tag des G7-Gipfels in Bayern verfolgen und welche Beschlüsse aus diesem hervorgehen könnten. Im Gespräch sind derzeit vor allem Importverbote für russisches Gold sowie ein Preisdeckel für russisches Öl.
Setzen die G7-Staaten derartige Maßnahmen alleine um, wird das wohl keine allzu großen Auswirkungen haben. Schließlich wurden entsprechende Importe aus Russland ohnehin bereits eingestellt oder eben das ist für die nahe Zukunft geplant. Anders könnte die Sache aussehen, wenn die G7 weitere Staaten auf ihre Seite ziehen können und entsprechende Gespräche haben auf dem Gipfel Medienberichten zufolge auch stattgefunden. Es dürfte daher noch richtig spannend werden.
Spannend wird ebenfalls, wie Russland auf mögliche neue Maßnahmen reagieren könnte. Die für den DAX gefährlichste Waffe im Arsenal der Kriegsverbrecher im Kreml ist zweifelsohne der Gashahn. Entschließen die russischen Machthaber sich dazu, diesen endgültig abzudrehen, dürfte auf den DAX eine mehr als schwere Zeit zukommen und als Reaktion auf neuerliche Sanktionen ist ein solches Szenario nicht völlig undenkbar.
Die Stimmung ist am Tiefpunkt
Wenig gute Laune dürften die Anleger auch bei einem Blick auf den hiesigen Konsum haben. Das Marktforschungsunternehmen GfK berichtete kürzlich, dass das Konsumklima in Deutschland auf ein neues Rekordtief gefallen sei. Angesichts rapide steigender Lebenshaltungskosten scheint die Kauflaune der Menschen sich schwer in Richtung Nullpunkt zu bewegen. Nach aktuellen Warnungen, dass die Gaspreise für Verbraucher sich schon bald im schlimmsten Fall verdreifachen könnten, dürften viele sich noch mehr an ihre Ersparnisse klammern.
Das ist für den DAX alles andere als eine gute Nachricht und mancher Beobachter wunder sich schon darüber, dass der Index auf diese Meldung nicht mit deutlichen roten Vorzeichen reagiert. Vielleicht verschließen die Börsianer einfach die Augen vor Themen, welche den DAX nun schon seit einer gefühlten Ewigkeit belasten und bei denen einfach kein Ende in Sicht zu sein scheint. Vielleicht war das Ganze auch schlicht bereits eingepreist, denn mit einem sprunghaften Anstieg bei der Konsumlaune dürfte zuletzt wirklich kaum jemand gerechnet haben.
Es wird interessant für den DAX
Lassen wir den Blick noch ein klein wenig weiter in die Zukunft schweifen, zeichnen sich für den DAX nach dem G7-Gipfel schon sehr bald die nächsten wichtigen Impulse ab. So wird es im Juli beispielsweise neue Inflationsdaten zu sehen geben und die dürften einen massiven Einfluss auf die hiesigen Aktienkurse haben. Generell sollten Anleger diese Themen weiterhin sehr genau im Auge behalten:
- Krieg in der Ukraine
- Westliche Sanktionen gegen Moskau und Gegensanktionen
- Leitzinsen
- Inflation
- Anleiherenditen
Zugegeben, aktuell sieht es trotz dezenter Zugewinne hier und da alles andere als gut aus für den DAX und die darin enthaltenen Einzeltitel. Wer aber die Augen offenhält und das Zeitgeschehen nicht aus selbigen verliert, kann auch im derzeitigen Bärenmarkt noch Renditen erzielen. Das ist allerdings deutlich aufwendiger und unsicherer als in den letzten Jahren, in denen vor allem die Bullen den Ton angaben.
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