Nach einer kurzen Verschnaufpause bewegt der DAX sich dieser Tage wieder im hohen Tempo gen Süden und bestätigt damit letztlich die schon seit Monaten aktive Abwärtstendenz. Bereits am Montag musste der deutsche Leitindex nicht unwesentliche Teile der Erholung aus der Vorwoche wieder aus der Hand geben. Am Dienstag machten die Bären unvermindert weiter und schickten den Punktestand bis zum Nachmittag um ein weiteres Prozent auf rund 12.740 Punkte in die Tiefe.
Hört man sich an den Märkten um, sehen die meisten Marktakteure dafür vor allem einen Grund: die Furcht vor einer drohenden Rezession. Auch das haben Anlegerinnen und Anleger in den letzten Wochen schon zur Genüge zu Ohr bekommen. Wahrscheinlich wird es auch nicht das letzte Mal gewesen sein. Die Situation ist derart verfahren und frustrieren, dass manch einer sich vielleicht die Rezession schon fast herbeisehnt, einfach um die quälende Ungewissheit zu beenden. Letztere dürfte aber erst einmal zum ständigen Begleiter des DAX werden.
Die Spannung im DAX steigt
Wichtige Signale wird es am Mittwoch geben, wenn neuerliche Inflationsdaten aus den USA anstehen. Die werden maßgeblich darüber entscheiden, wie es mit der Laune der Anleger in den kommenden Tagen aussieht. Werden die Erwartungen der Analysten bei Inflation und/oder Kerninflation übertroffen, so würde das neue Ängste vor schnell steigenden Zinsen und einem damit verbundenen Abwürgen der Wirtschaft führen. Die Konsensschätzungen liegen bei 8,8 Prozent für die allgemeine Teuerungsrate und 5,7 Prozent für die Kerninflation.
Die Messlatte liegt also relativ hoch, womit sich auch Raum für positive Überraschungen ergibt. Denn sollte die Inflation geringer als befürchtet ausfallen, könnte das den Märkten endlich wieder dringend benötigte Luft zum Atmen geben. Im Zuge dessen wäre auch im DAX eine größere Erholung nicht auszuschließen. Eine solche bleibt ohnehin absolut im Bereich des Möglichen, solange der Index sich nicht auf oder unter das 52-Wochen-Tief bei 12.390 Punkten zurückbegibt. Alle Hoffnung ist also noch nicht verloren.
Gassorgen im DAX
Wie sehr der DAX von Rezessionssorgen beherrscht wird, verrät auch ein schneller Blick auf die Einzeltitel. Hier gerieten am Mittwoch vor allem Titel unter Druck, bei denen Experten im Falle eines wirtschaftlichen Abschwungs besonders große Nachteile erwarten. Dazu gehören Unternehmen aus dem Konsumbereich aber auch Banken und der Automobilsektor. Wenn das Geld knapp wird, dürfte die Nachfrage sich vermehrt auf dringend benötigte Dinge des Alltags konzentrieren und weniger auf teure Markenklamotten und den nächsten Autokredit. So zumindest die derzeitige Erwartungshaltung an den Börsen.
Gewinner gab es derweil eher wenige zu sehen. BASF konnte seinen Kurs bis zum Nachmittag leicht verbessern, was besser als erwarteten Zahlen für das zweite Quartal zu verdanken war. An die Spitze des DAX setzte sich die Deutsche Börse selbst mit einem Plus von 1,65 Prozent bis zum frühen Nachmittag. Nennenswerte Signale ergeben sich darauf nicht.
Aktie | Kurs (12.7.22, 13:30 Uhr) | Differenz zum Vortag |
Deutsche Börse | 163,60 | +1,65 % |
Airbus | 98,04 | +1,47 % |
MTU Aero Engines | 175,70 | +1,44 % |
HeidelbergCement | 46,70 | +0,80 % |
Linde | 273,10 | +0,40 % |
Continental | 64,00 | -2,02 % |
Puma | 63,82 | -2,06 % |
Adidas | 159,68 | -2,08 % |
Symrise | 107,25 | -2,10 % |
Deutsche Bank | 7,69 | -2,30 % |
Gassorgen belasten den DAX zusätzlich
Etwas weniger prominent aber noch immer vorhanden waren im DAX zudem Sorgen vor der Gasversorgung in Deutschland. Nachdem am Montagmorgen planmäßig die wichtigste Pipeline Nord Stream 1 für Wartungsarbeiten abgeschaltet wurde, stellen hiesige Aktionäre sich einige Fragen:
- Wird die Leitung wieder in Betrieb genommen?
- Bleiben die Liefermengen auf niedrigem Niveau?
- Werden noch weitere Pipelines abgeschaltet?
- Kann genügend Gas aus anderen Quellen bezogen werden?
- Wie lange reichen die Speicherstände?
Zumindest auf letztere Frage gibt es eine recht einfache Antwort, die da lautet: nicht lange. Sollte Russland tatsächlich den Gashahn abdrehen, so wird nach Ansicht von einigen Experten spätestens im nächsten Jahr eine Rationierung notwendig sein. Andere sind sogar noch etwas pessimistischer und warnen vor ernsthaften Engpässen bereits im Herbst. Solche würden vielen DAX-Unternehmen schwer zusetzen und könnten potenziell unzählige Arbeitsplätze zerstören und damit den Weg in die Rezession fast sicher ebnen.
Ob es soweit kommt, hat derzeit offenkundig allein Russlands Machthaber Wladimir Putin in der Hand. Es ist beschämend, derart abhängig von einem Kriegsverbrecher und Tyrannen zu sein. Doch es hilft nichts, kurzfristige Alternativen sind nicht absehbar, sodass die Anleger hierzulande nur das Beste hoffen können, während sie das Schlimmste befürchten.
Keine Langeweile im DAX
Neben solchen existenziellen Bedrohungen stehen in naher Zukunft auch einige Termine im DAX an, welche fast ein wenig Normalität versprühen. Mit den einigermaßen erfreulichen Zahlen von BASF kam die Berichtssaison zuletzt langsam in Fahrt, welche in den nächsten Tagen von den US-Banken fortgesetzt wird. Deren Bilanz gelten als eine Art Gradmesser für die Wirtschaft insgesamt und werden daher sehr genau verfolgt werden.
Langeweile im DAX zeichnet sich in der laufenden Woche im DAX also in keiner Weise ab. Ganz im Gegenteil, quasi jeder Tag hat das Potenzial, die Richtung nachhaltig zu ändern oder das Tempo bei bereits laufenden Entwicklungen in die Höhe zu treiben. Aufgrund der vielen Unsicherheiten gestaltet es sich aber schwierig, hier auf konkrete Entwicklungen zu setzen. So ziemlich jedes Investment ist derzeit ein veritables Risiko. Am entspanntesten dürften da noch langfristig orientierte Anleger bleiben, welche schon die eine oder andere Krise hinter sich haben.
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