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Kryptowährungen sind in den vergangenen Monaten wieder mit Macht ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Das hatte nicht nur etwas mit den teils exorbitanten Kursgewinnen verschiedener Währungen zu tun. Vielmehr hat das weitere Umfeld gezeigt, dass es sich hierbei nicht nur um einen kurzfristigen Hype handelt, sondern dass hier zwei wesentliche neue Voraussetzungen geschaffen werden.

Denn einerseits kündigen immer mehr Firmen an, dass ihre Kunden Kryptowährungen zum Bezahlen einsetzen können. Damit wird die bislang wahrgenommene Grenze zur Realwirtschaft zunehmend – und wahrscheinlich unumkehrbar – niedergerissen. Unternehmen wie beispielsweise Tesla sind hierbei federführend. Aber es ist natürlich auch bedeutsam, wenn solche großen Bezahl-Plattform wie PayPal inzwischen den Kunden anbieten, Kryptowährungen handeln und verwalten zu können.
Die zweite große Voraussetzung: Immer mehr institutionelle Anleger interessieren sich für Kryptowährungen. Die Grundlage dafür bietet der Umstand, dass nach Jahren, wo es immer wieder zu Betrugsskandalen bei Krypto-Plattformen gekommen war, die Sicherheitstechnologien weiter nachgerüstet wurden und solche Fälle inzwischen mehr die absolute Ausnahme als die Regel bilden.
Dadurch könnten sich Kryptowährungen ganz allgemein langfristig als eigenständige Assets-Klasse neben den bereits bekannten wie Aktien, Anleihen oder Rohstoffe etablieren können. Was dann erhebliche Konsequenzen auch für die Nachfragesituation hätte. Denn gerade breit aufgestellte institutionelle Anleger, die den verschiedenen Asset-Allocation-Modellen nachfolgen, würden dann Kryptowährungen ebenfalls mit einbeziehen und jetzt nicht nur auf möglicherweise kurzfristige Gewinnchancen schauen, sondern auf langfristige Effekte.
Zusammengefasst: Einerseits zeigen immer mehr institutionelle Anleger Interesse für Kryptowährungen, andererseits wollen auch immer stärker etablierte Banken hier mitspielen. In diesem Umfeld ist es natürlich das noch sehr breit aufgestellte Universum von bisherigen spezialisierten Krypto-Handelsplattformen, die als erstes von dem Siegeszug profitieren. Denn sie liefern nicht nur aktuelle Lösungen für Privatanleger, von denen sich immer mehr für Investitionen in Kryptowährungen interessieren. Darüber hinaus sind sie immer mehr auch gesuchte Ansprechpartner für die „Marktneulinge“ auf der institutionellen Seite.
In diesem Umfeld konnte die Handelsplattform Coinbase Global im April einen viel beachteten und vor allem extrem erfolgreichen Börsengang in New York schaffen. Dieser Börsengang war sogar zeitweise so erfolgreich, dass die Marktkapitalisierung von Coinbase knapp im dreistelligen Milliarden-Dollar-Bereich lag und damit rund 30 Prozent über den derzeit höchsten Marktkapitalisierung anderer vergleichbarer Börsen-Plattformen.
Doch was macht Coinbase so interessant? Im Folgenden eine entsprechende Analyse zum Geschäftsmodell, möglichen Stärken und Schwächen und zu den weiteren Wachstumsaussichten.
Das Geschäftsmodell
Coinbase wurde 2012 gegründet und hat seinen Hauptsitz in San Francisco. Das eigene Verständnis der Firma geht dahin, dass man eine sogenannte Krypto- Ökonomie aufbauen will. D. h. letzten Endes, dass man dabei helfen will, auf Basis der Blockchain-Technologie digitale Vermögenswerte zu schaffen und entsprechende Strukturen aufzubauen, damit diese verwaltet und gehandelt werden können.
Coinbase selbst bietet als Handelsplattform die Möglichkeit an, verschiedene Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum (im Übrigen die beiden derzeit am höchsten kapitalisierten Kryptowährungen) zu handeln und entsprechend auf der unternehmenseigenen Plattform das Krypto-Portfolio zu verwalten.
Dabei wendet man sich an drei Hauptgruppen von Kunden. Einerseits Privatkunden, die mit Coinbase in Kryptowährungen investieren, diese verwalten, aber auch ausgeben bzw. nutzen können. Die zweite Gruppe sind institutionelle Anleger. Hier positioniert sich das Unternehmen als One-Stop-Shop für Hedgefonds, Vermögensverwalter und andere Unternehmen, um entsprechende Investitionen vorzunehmen. Dabei erfolgen die entsprechenden Geschäfte bei der Tochterfirma Coinbase Custody, die als eigenständiges und unabhängig kapitalisiertes Unternehmen fungiert. Dabei werden alle digitalen Vermögenswerte der Kunden treuhänderisch verwaltet.
Darüber hinaus gibt es noch eine dritte Gruppe, die sogenannten Ecosystem Partners. Hiermit werden insbesondere Entwickler, Händler und Emittenten von Krypto-Produkten angesprochen. Hier sieht sich Coinbase selbst als Technologie- und Servicepartner.
Das Marktumfeld
Die Marktkapitalisierung von Kryptowährungen hatte in den vergangenen Jahren extrem hohe Zuwachsraten. Gestartet mit unter 500 Millionen Dollar per Ende 2012, brachte es der Kryptowährungs -Markt Mitte April auf eine Marktkapitalisierung von ganzen 2 Billionen Dollar. Im gleichen Zeitraum (2012 – 2020) konnte Coinbase seine Kundenbasis von rund 13.000 auf 43 Millionen registrierte Nutzer steigern. Bei den institutionellen Kunden schaffte das Unternehmen es nach eigenen Angaben, von über 1.000 Ende 2017 auf 7.000 Kunden Ende 2020 zu wachsen.
Damit ist Coinbase eine der größten Handelsplattformen im Bereich Kryptowährungen. Wobei das Wachstum derzeit extrem rasant ist, was natürlich auch mit der Rallye bei Bitcoin und Co. Zusammenhängt. Nach nur einem Quartal im neuen Geschäftsjahr brachte es Coinbase bereits auf 56 Millionen bestätigte Kunden mit einem Handelsvolumen von 335 Milliarden Dollar und 223 Milliarden Dollar an Vermögenswerten.

Geschäftszahlen
Coinbase hat auch schon weitere vorläufige Zahlen für das erste Quartal vorgelegt. Danach konnte man Gesamtumsätze von rund 1,8 Milliarden Dollar verbuchen bei einem voraussichtlichen Nettoeinkommen zwischen 730 Millionen Dollar bis 800 Millionen Dollar. Das bereinigte EBITDA soll rund 1,1 Milliarden Dollar betragen haben.
Für das Gesamtjahr gab das Unternehmen ebenfalls schon einige Prognosen ab, ohne allerdings besonders konkret zu werden. So rechnet Coinbase derzeit mit verschiedenen Szenarien hinsichtlich der Tendenzen im Markt für Kryptowährungen. Darauf aufbauend liegt die geschätzte Bandbreite monatlich aktiver Nutzer zwischen 4 Millionen und im besten Fall 7 Millionen. Im ersten Quartal waren es 6,1 Millionen Nutzer.
Insgesamt rechnet das Unternehmen damit, dass man im laufenden Jahr eine Kostenbasis von rund 1,3 bis 1,6 Milliarden Dollar hat. Beim Umsatz peilt man insbesondere im Bereich institutionelle Anleger für dieses Jahr ein signifikantes weiteres Wachstum an. Alle anderen Angaben sind meines Erachtens so schwammig, dass man sie jetzt hier nicht extra erwähnen muss.
FY Ending | Dec 2020 | Dec 2021e | Dec 2022e |
Q1 | – | 2.97 | 0.40 |
Q2 | – | 1.32 | 0.53 |
Q3 | – | 0.99 | 0.77 |
Q4 | 0.83 | 0.86 | 1.03 |
Fiscal Year | 1.57 | 6.11 | 3.09 |
KGV | – | 48.1 | 94.9 |
Quelle: FactSet
Fakt bleibt: Geht es nach dem Konsens der von FactSet befragten Analysten, könnte Coinbase in diesem Jahr hinsichtlich des Umsatzes an der 5-Milliarden-Dollar-Marke kratzen nach 1,27 Milliarden Dollar im Vorjahr. Der Gewinn je Aktie wird für dieses Jahr derzeit auf 6,11 Dollar geschätzt nach nur 1,57 Dollar je Aktie. Allerdings soll die Profitabilität dann im Folgejahr auf nur noch 3,09 Dollar je Aktie einbrechen. Das dürfte daran liegen, dass die derzeit agierenden Analysten hier mit einem kräftigen Nachfrageeinbruch insbesondere bei den aktiven Nutzern rechnen. Ob das belastbar ist, wird man sehen.
Stärken und Schwächen
Coinbase hat mit ihrem Börsengang viel Aufmerksamkeit bekommen und etabliert sich gerade als wichtigste Handelsplattform im Bereich Kryptowährungen. Das bedeutet natürlich auch weitere Wachstumschancen. Aber es gibt gleichzeitig nicht wenige Risiken. Hier an dieser Stelle einmal kurz zusammengefasst, womit Anleger rechnen könnten bzw. müssten.
Stärken bzw. Chancen
- Hohe Glaubwürdigkeit im Markt
- Durch IPO gute Finanzierung für technologische Weiterentwicklungen und mögliches externes Wachstum (sprich Übernahmen anderer Plattformen oder Technologien)
- Attraktive Angebote sowohl für Privatanleger als auch institutionelle Investoren
Schwächen bzw. Risiken
- Hoher Wettbewerbsdruck, da niedrige Einstiegshürden in den Kryptomarkt, insbesondere für angestammte Finanzunternehmen und Börsenbetreiber
- Stark abhängig von der Preisentwicklung der Kryptowährungen
- Risiko von Sicherheitslecks
- Nötige eigenständige Finanzierung des Firmengeschäftes
- Mögliche regulatorische Änderungen
Bewertung
Bei Erstellung dieser Analyse war Coinbase Global erst wenige Tage notiert. Deshalb ist das Zahlenmaterial bzw. die Vergleichbarkeit zu früheren Zeiträumen relativ eingeschränkt. Mit den Schätzungen für das aktuelle Jahr bzw. das Folgejahr wird der Aktie ein KGV von 48 bzw. knapp 95 zugesprochen. Dies folgt aus den schon dargestellten Gewinnschätzungen, die für 2022 bislang deutlich geringer ausfallen.
Auch andere Bewertungskennzahlen sind letztlich äußerst schwer einzuordnen bzw. angesichts der bisherigen nur überschaubaren Anzahl von Analysten, die das Unternehmen covern, mit Vorsicht zu genießen. Immerhin: Trotz solcher hohen Bewertung-Ratios wie Kurs-Umsatz-Verhältnis von aktuell knapp 46 oder Preis-Buchwert von über 60 trauen die dem Unternehmen folgenden Analysten der Aktie zu, im Durchschnitt bis auf 477 Dollar steigen zu können, was einem Potenzial von gut 60 Prozent entsprechen würde – und auch noch wesentlich höher liegen würde als das bisherige Hoch am IPO-Tag bei 423,54 Dollar.
Auch wenn diese Prognosen angesichts der möglichen weiteren Wachstumsdynamik nicht gänzlich von der Hand zu weisen sind, so sollten Anleger doch darauf achten, wie Coinbase im direkten Vergleich mit anderen Handelsplattform bewertet wird. Hier ist besonders der Blick auf die beiden Terminmarkt-Börsen bzw. Betreiber CME und InterContinental Exchange interessant. Nach den kräftigen Gewinnmitnahmen infolge des Börsengangs liegen die Bewertung mittlerweile auf ähnlichem Niveau. Stellt sich nur die Frage, ob sich Coinbase hier tatsächlich soweit wieder davon absetzen kann.
Börsenbetreiber | Marktkapitalisierung in Mrd. USD | Umsatz in Mrd. USD |
Coinbase | 77,5 | 1,2 |
CME Group | 74,2 | 4,8 |
Intercontinental Exchange | 67,9 | 7,6 |
London Stock Exchange | 53,9 | 3,1 |
Deutsche Börse | 32,3 | 4,2 |
Quelle: FactSet
Zur Charttechnik lässt sich nach so wenigen Handelstagen auch noch nichts sagen. Immerhin besteht eine große Chance, dass sich der Wert im Bereich um 300 Dollar nun erst einmal eingependelt und damit eine solidere Ausgangsbasis für neue Aufschläge aufbaut. Vorher ist allerdings damit zu rechnen, dass trotz dieser Möglichkeiten die Volatilität hoch bleiben wird.
Fazit
Coinbase hat ein gutes Händchen beim Timing für seinen Börsengang gezeigt. Für die weiteren Perspektiven ist es nun wichtig, dass man nicht nur die geschürten Erwartungen hinsichtlich des Wachstums bei den Privatkunden erfüllt, sondern auch als Ansprechpartner für institutionelle Anleger vorankommt.
Natürlich hängt die Perspektive als eigenständige Investment-Anlage davon auch ab, wie sich die Preisentwicklungen bei den einzelnen Kryptowährungen und damit das Interesse bei der Anlegerschaft weiter zeigen. Jedenfalls hat Coinbase hier einige interessante Voraussetzungen geschaffen, um nicht nur eine sprichwörtliche Eintagsfliege zu sein.
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