Bertrandt AG: CFO Markus Ruf im Interview, der aktuelle Quartalsbericht

CFO Markus Ruf im Interview, warum die Prognose für das laufende Geschäftsjahr erneut angehoben wurde. Die Quartalszahlen!

Die Börsen Radio Network AG hat in einem Interview mit dem CFO der Bertrandt AG gesprochen. Dabei hat CFO Markus Ruf einen detaillierteren Einblick in die Bedeutung der Zahlen des Quartalsberichtes gegeben.

Markus Ruf: Meine Name ist Markus Ruf ich bin Finanzvorstand der Bertrandt AG.

Andreas Groß: Wir schauen uns die Zahlen an. Sie haben ein verschobenes Geschäftsjahr deswegen nun die Zahlen zum Dritten Quartal bzw nach drei Quartalen. Der Umsatz steigt jetzt um 17 % und das operative Ergebnis hat sich verdoppelt. Herr Ruf erklären Sie mir mal, wie passt denn das zu dieser schlechten Stimmung, die ich höre, aus dem Markt? Wir haben da gestörte Lieferketten, wir haben Chip Mangel, wir haben Rezession, wir haben Inflation und Kollegen von Ihnen, die berichten dann doch von zurückhaltenden Kunden. Sie Offensichtlich nicht. Warum?

Markus Ruf: Ich glaube, da muss man insbesondere natürlich das Geschäftsmodell berücksichtigen. Wir hängen ja nicht an der Produktion und wir produzieren nicht, sondern wir sind rein ausschließlich im Entwicklungsbereich tätig. Und hier sehen wir einfach eine sehr starke Vergabepolitik, die unsere Kunden nach der Projektverschiebung und den Projekt Stopps bedingt durch Corona erlebt haben. Wir haben jetzt eine verstärkte Nachfrage und wir haben natürlich im letzten Jahr einerseits noch mit Kapazitätsunterauslastung zu kämpfen gehabt und haben auch Kurzarbeit hier genutzt. Und das hat sich jetzt komplett gedreht in eine voll Auslastung, sodass sich hier natürlich ein entsprechendes Wachstum widerspiegelt. Parallel haben wir natürlich auch weitere Mitarbeiter aufbauen könnnen und durch die gezielte Akquisition im Luftfahrt Bereich. Da haben wir die Firma Philotech im Dezember erwerben können. Da kommt natürlich noch mal zusätzliches Wachstum. Aber insgesamt natürlich ein erfreuliches Wachstum mit über 17,8 %, also knapp 18 %, dann auch organisch mit 14 % ein starkes Wachstum.

Andreas Groß: Aber auch wenn Sie nicht an der Produktion hängen, also direkt zumindest über den Umweg Ihrer Kunden, hängen Sie dann doch an der Produktion und die hängen dann wieder an den ganzen Thematiken mit den Lieferketten und Chip Mangel und hauptsächlich dann eben der Automobilindustrie. Wie kommt es, dass die jetzt doch in das Projektgeschäft einsteigen? Sehen die etwas, was die anderen Kollegen nicht sehen? Wo kommt da die gute Stimmung her?

Markus Ruf: Also einerseits Natürlich ist völlig klar, Sie brauchen neue und innovative Produkte, um sich am Markt zu positionieren. Und das sind natürlich insbesondere die Megatrends, bei denen wir auch positioniert sind, wie Mobilität, Digitalisierung, autonomes Fahren und Connectivity. Und da ist völlig klar, wer heute die Technologie von morgen schreibt, der hat natürlich nachher einen Vorteil im Markt oder am Markt und das ist natürlich hier ein Vorteil entsprechend. Und der andere Vorteil ist natürlich unsere Kunden verdienen gerade alle auch ganz gut Geld. Das heißt, Sie schreiben mir überraschend starke Zahlen und investieren hier auch gezielt in R&D, weil Sie wissen, sie müssen mit neuen Technologien sich gegen den Wettbewerb der da entsteht um sich entsprechend durchzusetzen. Und Daimler hat ja auch in der letzte Woche noch mal angekündigt, dass sie ihre R&D Ausgaben noch mal erhöhen werden. Und das hilft uns natürlich insgesamt von den Rahmenbedingungen.

Andreas Groß: Automobilindustrie, das ist so das Kerngeschäft, da haben sie kleingeschrieben angefangen und jetzt kommt das Thema Flugzeugbau noch dazu bzw Flugzeug Industrie. Sie hatten auch gerade schon mal die jüngste Akquisition angesprochen. Wenn Sie diese beiden Industrien vergleichen, laufen die im Gleichklang?

Markus Ruf: Also erst mal ist natürlich unsere strategische Zielsetzung, ein Stück weit zu diversifizieren. Und wir haben so als Non-Automotive Umsatzanteil 20 % als Konzernziel ausgegeben. Und dann guckt man eigentlich in die Ableitung, dass der Luftfahrt Bereich das zweitgrößte R&D Budget in Europa hat, nach Automotive, von dem wir eigentlich ganz klar hier als eine Zielgruppe für Bertrandt maßgeblich. Die laufen heißt, relativ unterschiedlich. Da gibt es ein paar Synergien, Potenziale natürlich so im HMI Bereich im Softwarebereich Elektronik Bereich, aber die laufen zyklisch ein bisschen anders und auch in der Dokumentation. Aber natürlich sehr nahe an unserem Kerngeschäft und von dem her macht es natürlich Sinn, dass wir uns da stärker positionieren und das haben wir auch gezielt mit der Akquisition von Philotech getan. Auch als Statement, dass Bertrand sich dann nachhaltig in diesem Markt positionieren möchte.

Andreas Groß: Erzählen Sie mir noch ein, zwei Sätze über die jüngste Akquisition im Bereich Flugzeugindustrie. Was ist das für eine Unternehmung?

Markus Ruf: Philotech ist ein Unternehmen mit 400 Mitarbeitern, Hauptsitz in Deutschland, in Süddeutschland, aber auch mit Tochterunternehmen in Frankreich, Spanien, England, überall da wo auch Airbus Tochtergesellschaften sind. Sie sind da sehr speziell auch im Elektronik und Softwarebereich unterwegs. Und das ist natürlich maximal komplementär zu unseren bestehende Luftfahrt Aktivitäten, wo wir sehr stark in der Kabine uns auch positioniert haben. Von dem sehen wir da quasi auch nach vorne, haben auch weitere Wachstumsperspektiven und möchten den Umsatzanteil da dann signifikant steigern.

Andreas Groß: Umsatz ist ja ein Produkt aus zwei Themen, zum einen die Preise und zum anderen die Mengen. Oder in Ihrem Fall wären das dann vermutlich Stunden oder Projekt Budgets sein. Wie entwickelt sie sich das? Haben Sie auch Preise angehoben, anheben können oder sind zeitgleich auch die Mengen gestiegen? Wie kann ich mir das vorstellen?

Markus Ruf: Das ist natürlich gerade das spannende Thema schlechthin. Wie haben natrürlich eine Dynamik in der Kostenentwicklung. Egal ob das Personalkosten sind, ob das Energiekosten sind und da versucht man natürlich, die Dinge weiterzugeben. So nach vorne versucht man das mit Preiskleid-Clausen. Das geht ein Stück weiter für die Branche, mit Verständnis. Wenn man natürlich mit bestehenden Verträgen kommt, ist es ein bisschen intensiverer Dialog. Das muss man natürlich versuchen, da arbeiten gerade alle dran. Da gibt es, glaube ich, jetzt auch eine entsprechende argumentative Basis. Aber das ist natürlich nicht so, dass da alle Kunde sofort schreien: „Klar haben wir Verständnis und das sehen wir so“, sondern das bedarf natürlich schon intensiven Dialog und schauen, wo ist es machbar und wo ist das nicht machbar.

Andreas Groß: Wie hat sich denn jetzt die Lage bei Ihnen im dritten Quartal entwickelt? Hat das schon so was eingesetzt wie eine Trendumkehr?

Markus Ruf: Im dritten Quartal hat sich eigentlich das dynamische Wachstum weiter fortgesetzt. Das dritte Quartal hat ab und zu ein bisschen saisonale Einflussfaktoren, denn es hat weniger Arbeitstage. Das ist natürlich uns als Dienstleister extrem wichtig. Trotzdem waren wir mit dem Verlauf da entsprechend zufrieden und wir sehen einfach den Bedarf nach vorne weiter steigen. Konnten im dritten Quartal auch 215 neue Kollegen begrüßen bei Bertrandt und haben derzeit immer noch sehr viele offene Stelle, wo wir quasi in ganz Europa weiter qualifiziertes Personal suchen.

Andreas Groß: Sie haben wie andere Unternehmen auch, die Corona Pandemie dazu genutzt, ihre Kosten zu optimieren. Jetzt sollten sie eigentlich die Früchte ernten einer schlankeren Kostenstruktur. Jetzt stehen wir dann doch irgendwo vor einer Rezession. Aber Sie sehen dem relativ entlassen entgegen, entnehme ich Ihren Worten.

Markus Ruf: Äußerst gelassen, sondern man sieht natürlich, man versucht, die Kosten zu optimieren, gerade in der Krise in Richtung Infrastrukturkosten, Richtung Fläche-kosten, Gebäude kosten. Da arbeitet man natürlich dran. Da hat man natürlich auch bestehende Verträge. Das heißt das ist auch ein Effekt, der sich erst über 2/3/4 Jahre einstellen wird. Auf der anderen Seite haben wir gerade die gegenläufigen Effekte Richtung Personalkosten in Richtung Energiekosten, wo wir da einen Teil der Kosten die wir einsparen, natürlich auch wieder auffressen. Also von dem ist das gerade so ein bisschen links, rechts und sehr volatil im Markt. Aber ganz klar, man lernt aus der Pandemie und ich glaube einfach so, dass mobile Arbeit, ist ein Bestandteil der Kultur geworden. Das funktioniert auch ganz gut und ich glaube, da kann man schon mittelfristig Optimierungen, insbesondere Richtung CO2 Footprint auch generieren.

Andreas Groß: Sie haben per ad hoc die Prognose angehoben. Was haben Sie sich jetzt vorgenommen und woher kommt Sie?

Markus Ruf: Er wird ja im Wachstum kommuniziert bis maximal 990 Millionen. Und wir haben jetzt gesehen bei der Erstellung des Quartalsbericht zum 30.6. und der Prognose, dass wir noch erfreulicheres Wachstum haben und haben die Prognose angehoben auf ein Wachstum auf 990 Millionen bis 1,02 Milliarden, also noch mal deutlich mehr. Und wir sind dann quasi nach zwei Jahren Corona, wo wir doch insbesondere auch zu 8 Millionen Umsatzrückgang verkraften mussten, jetzt nahezu wieder auf dem Vor Corona Niveau.

Andreas Groß: Sie schreiben in Ihrem Quartalsbericht auch von einer strategischen Weiterentwicklung des Bertrandt Konzerns, die voll auf Kurs ist. Was genau ist diese strategische Weiterentwicklung?

Markus Ruf: Wir haben ja unsere Organisation vor zwei Jahren umgestellt, quasi von einer Lean-Organisationen eine Matrix Organisation. Da insbesondere auch mit dem Slogan „Alle Leistungen für alle Kunden“. Und haben quasi durch die Bündelung unserer Standortübergreifenden Kompetenzen und Kapazitäten noch klareres technologisches Profil und können damit auch gezielter größere, auch komplexere Projekte annehmen. Und das sehen wir vom Markt bestätigt und sind da sehr gut aufgestellt und parallel, wie gerade schon ausgeführt, auch die Ausrichtung in Richtung Luftfahrt. Auch hier sehen wir quasi unseren Kurs entsprechend bestätigt und werden den dann weiter konsequent verfolgen.

Andreas Groß: Was haben Sie denn für ein Fernziel? Wird das irgendwann mal so groß sein wie der Bereich Auto? Wird es dann fifty fifty sein?

Markus Ruf: Nein, das werden wir glaube ich nicht erreichen. Aber wenn wir in den nächsten drei Jahren oder vier Jahren eine Verdoppelung von dem Luftfahrt Umsatz erzielen, sind wir da schon sehr zufrieden. Und wie gesagt, wir wollen ja unsere DNA Automotive nicht vernachlässigen. Wenn man so 80 % Automotive Geschäft und 20 % Non-Automotive, dann wären wir eigentlich aus unserer Sicht da strategisch gut positioniert.

Andreas Groß: Markus Ruf, der Finanzvorstand der Bertrand AG Danke schön für das Interview. Alles Gute!

Markus Ruf: Sehr gerne.

Börsenradio

Das Interview wurde im original von der Börsenradio Network AG von Redakteur Andreas Groß geführt.

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