Mehr oder minder in letzter Minute erklärten die Gläubigerbanken von BayWa sich zu weiteren Zugeständnissen bereit. Schon heute wären Kreditvereinbarungen abgelaufen, was das Unternehmen nach eigener Einschätzung durchaus in Richtung Insolvenzgefahr hätte treiben können. Am Sonntagabend nun gab es zumindest für den Moment Entwarnung. Wie BayWa mitteilen ließ, konnten weitere Überbrückungskredite gesichert werden.
500 Millionen Euro stellen die Gläubigerbanken demnach zur Verfügung, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Zudem wird eine Stillhaltevereinbarung um drei Monate und damit bis Jahresende verlängert. In dieser Zeit werden Kredite nicht fällig und der enorme Schuldenberg sorgt für keine akuten Belastungen. Erklärtes Ziel der Maßnahme ist es, dass BayWa finanziell wieder auf die Füße kommen kann und eine langfristige Finanzierungslösung bis Ende 2027 gefunden wird. Eckpunkte dafür würden derzeit aber noch verhandelt, heißt es in der Mitteilung.
BayWa im Krisenmodus
Entwarnung gibt es allein dadurch noch nicht. Die Krise des Agrarkonzerns ist noch in vollem Gange und erst in der vergangenen Woche wurde über eine weitere Wertminderung in Höhe von 222 Millionen Euro berichtet. Jene ist in erster Linie auf die Krisentochter BayWa r.e. zurückzuführen. Jene entwickelt Wind- und Solarparks, kam jedoch in Folge der Zinswende heftig unter Druck. Aktuell tüftelt BayWa laut „Handelsblatt“ daran, die Tochter zu verkaufen. Entsprechende Gespräche scheinen mit EIP bereits zu laufen. Noch gibt es aber keine offizielle Ankündigung zu einem eventuellen Verkauf.
Grundsätzlich bescheinigte Roland Berger BayWa in einem Sanierungsgutachten, dass das Unternehmen auf die Beine gebracht werden könne. Notwendig dafür sind aber allem Anschein nach heftige Einschnitte. Der Verkauf von Konzernteilen wird ebenso als zwingend angesehen wie ein breitangelegter Stellenabbau. Um solche Maßnahmen in die Tat umzusetzen, braucht es Zeit und Geld. Über beides verfügt BayWa momentan nur in einem sehr eingeschränkten Ausmaß.
Die quälende Ungewissheit
Es darf davon ausgegangen werden, dass sich hinter den Kulissen bei BayWa derzeit so einiges tut und wahrscheinlich rund um die Uhr an einem Zukunftsplan getüftelt wird. Aus Anlegersicht bleibt aber offen, wie dieser konkret aussehen könnte. Die BayWa-Aktie konnte sich zuletzt etwas erholen, nachdem das Sanierungsgutachten grundsätzlich noch eine Perspektive in Aussicht stellte. Doch gibt es aus Anlegersicht noch keinerlei Anlass, schon die Sektkorken knallen zu lassen.
Die notwendige Sanierung wird sehr wahrscheinlich von allen Beteiligten etwas abverlangen, und damit womöglich auch von den Aktionären. Ohne konkrete Pläne zu kennen, lässt sich zwar nur spekulieren. Doch die Dividende für 2023 wurde bereits kassiert und es wäre zumindest denkbar, dass noch Kapitalerhöhungen oder ähnliche unerfreuliche Entwicklungen auf die Anteilseigner zukommen könnten. An dieser Stelle soll zwar keine Panik geschürt werden. Doch wäre es auch falsch, Anleger derzeit im falschen Glauben zu lassen, dass es nach den letzten Rettungsmaßnahmen mit den Kursen nur noch bergauf gehen könnte.
Ein Tropfen auf dem heißen Stein
BayWa Aktie Chart
Die BayWa-Aktie konnte sich von ihrem 18-Jahres-Tief bei 9,50 Euro ohnehin nur geringfügig erholen. Am Wochenende schaffte der Titel es auf 12,92 Euro. Wahrscheinlich wird es zu Wochenbeginn nach den Neuigkeiten vom Wochenende ebenfalls grüne Vorzeichen zu sehen geben. Doch trotz solcher kurzfristiger Entwicklungen ist der Blick auf den Chart eine traurige Angelegenheit. Auf Jahressicht hat die Aktie um über 60 Prozent an Wert verloren.
Selbst mit viel Wohlwollen und eine gehörigen Portion Optimismus lässt sich da schlicht kein echter Aufwärtstrend erkennen. Für einen solchen braucht BayWa mindestens konkrete Sanierungspläne, auf welche die Anlegerinnen und Anleger sich einstellen können. Solange solche nicht vorliegen bzw. nicht öffentlich kommuniziert wurden, bleibt die Aktie eine Angelegenheit für schmerzbefreite Zocker, die mit den enormen Risiken umgehen können.
Ist BayWa „too big to fail“?
Es hängt viel an der Zukunft von BayWa, nicht nur für das Unternehmen selbst und die Anteilseigner. Ganze Regionen und die Landwirtschaft deutschlandweit ist mit dem Konzern eng verwoben. Ein Scheitern würde daher zu kaum absehbaren Folgen führen. Eben deshalb gehen viele Experten davon aus, dass die Politik den Konzern im Zweifel nicht im Stich lassen wird. Allerdings sind die Staatskassen bekanntlich mehr als leer und es wird dieser Tage in erster Linie darum gekämpft, bereits vorhandene Haushaltslöcher irgendwie zu stopfen.
Als eine Art Rettungsnetz sollte die Politik daher eher nicht verstanden werden, insbesondere nicht mit Blick auf den Aktienkurs. Denn selbst wenn es Rettungsmaßnahmen gibt, so ist dies selten zum Vorteil der kleinen Anleger. Zwingende Voraussetzungen für eine wieder freundlichere Prognose der Aktienkurse bleibt damit, dass BayWa wieder auf eigenen Beinen stehen kann und einen überzeugenden Plan für den Abbau des massiven Schuldenbergs in Aussicht stellen kann.
Abwarten und Tee trinken
Es ist absolut nicht ausgeschlossen, dass BayWa dieses Kunststück noch gelingen kann. Doch sind es momentan eben nur vage Hoffnungen, welche die Aktie zumindest ein wenig stützen konnten. In diesen unsicheren Tagen spricht nichts dagegen, sich das Spektakel noch ein wenig von der Seitenlinie aus anzusehen. Es sind in den vergangenen Jahren zu viele Börsenkonzerne an einem Comeback gescheitert, als dass Anleger sich auf Experimente einlassen sollten. Mir persönlich geistert diesbezüglich noch das jahrelange Drama um Steinhoff im Kopf herum. Das ist mit BayWa zwar kaum zu vergleichen, dient aber dennoch als ein mahnendes Beispiel für alle, die in einem abgestürzten Kurs automatisch große Chancen erkennen wollen.
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