Bankenregulierung fährt „Bullion Banks“ in die Parade

“Basel III“ macht es Banken fortan schwerer im Edelmetallmarkt. Das
könnte jedoch letztlich dem Wildwuchs des Papiergold- und Papiersilbermarkt
Grenzen setzen – und den physischen Markt aufwerten, seine
Bedeutung bei der Preisfindung stärken.

OTC-MARKT LONDON

Der “London Bullion Market“ ist der weltgrößte “Over-the-counter” (kurz:
“OTC“, das heißt außerbörslicher) Markt für physische Edelmetalltransaktionen.
Der Handel wird durch die Mitglieder der London Bullion Market Association
(LBMA) abgewickelt. Im Jahr 2001 wurde die London Precious Metals Clearing
Limited (LPMCL) gegründet, um das Clearing und das Settlement abzuwickeln.

Die LPMCL wird geführt von vier Mitgliedsbanken der LBMA: HSBC, ICBC Standard
Bank, JP Morgan und UBS. Der Großteil der globalen OTCKassatransaktionen
von Gold und Silber wird über die Standorte London („loco
London“) und Zürich („loco Zurich“) abgewickelt, und zwar über LBMCL-Konten.

Für Banken, die im Handel, Kreditgeschäft, Clearing und Settlement von Edelmetallen
tätig sind, ergeben sich unterschiedliche Bilanzfolgen, je nachdem, in welcher
Form das Edelmetall gehalten wird. Wenn Banken physisches Gold im Auftrag
ihrer Kunden verwahren (in Tresoren), erscheint diese Goldposition der Kunden
nicht in der Bilanz der Bank.

Bei derartigen Verwahrgeschäften handelt es sich in der Regel um Gold, für das Einzelverwahrung vereinbart wird, das heißt, der Kunde hat Anspruch auf bestimmte physische Stücke (beispielsweise nummerierte Barren); der englische Ausdruck dafür lautet „allocated“.

Anders ist es, wenn Banken Edelmetallbestände halten, die sie zur Durchführung
und Abwicklung von Transaktionen benötigen. Bei diesen Goldbeständen handelt
es sich um Gold in Sammelverwahrung (der englische Ausdruck ist „unallocated“).
Sie werden in der Bankbilanz als Aktivposten ausgewiesen.

In dem Fall, in dem Kunden der Bank physisches Gold leihen, weist die Bank eine Kundenverbindlichkeit aus (in Höhe der geschuldeten physischen Goldmenge beziehungsweise dessen Marktwert). Die Edelmetallbestände in Sammelverwahrung
spielen die entscheidende Rolle für die Transaktionen im Edelmetallmarkt.

Wie bereits angedeutet, dienen die Edelmetalle, die die Banken in der Bilanz
ausweisen, als „Kassenbestände“, mit ihnen werden Transaktionen abgewickelt
(Clearing und Settlement). Sie dienen auch zur Finanzierung von kurzfristigen
Edelmetallkrediten (mit Laufzeiten von meist weniger als 180 Tagen), die im
Markt nachgefragt werden: von Scheideanstalten, Herstellern und Fabrikanten
von Schmuck etc.

Zudem werden mit den in der Bilanz der Banken ausgewiesenen
Goldbestände auch Kreditlinien finanziert, mit denen zum Beispiel Metallerze von Minengesellschaften erworben und an Händler und Scheideanstalten verliehen
werden; derartige Kredittransaktionen werden häufig von den Marktakteuren
komplexeren und teureren Derivate- und Repo-Transaktionen vorgezogen.

FOLGEN DER BANKENREGULIERUNG

Das Baseler Komitee zur Bankenaussicht („Basel Committee on Banking Supervision
(BCBS)) verpflichtet Banken ab 2021, ihre langfristigen Vermögensbestände
(wie vor allem langlaufende Kredite) mit langfristigen Mitteln zu finanzieren.
Dadurch sollen die Risiken der „Fristentransformation“, die die Banken üblicherweise
eingehen, reduziert werden.

Dazu hat das BCBS im Zuge der Bankenregulierung „Basel III“ im Oktober 2014 u. a. die Erfüllung der sogenannten „Net Stable Funding Ratio“ beschlossen. (Zur Erläuterung siehe die Ausführungen in den linken Spalte.) Nach dieser Regulierung sind die in Sammelverwahrung gehaltenen Goldbestände der Banken, die in den Bilanzen auf der Aktivseite ausgewiesen werden, mit langfristigen Mitteln zu refinanzieren.

Gegenüber dem Status quo führt das zu einer Verteuerung der Finanzierungskosten
für die Banken. Die LBMA befürchtet daher eine Reihe negative Konsequenzen
für den physischen Edelmetallmarkt: Die erhöhten Finanzierungskosten
könnten die Banken veranlassen, aus dem Clearing und Settlement auszusteigen,
und das wiederum bedrohe die Funktionsfähigkeit des Edelmetallmarktes.

Ein Rückzug der Banken beziehungsweise eine Verteuerung ihrer Dienste im
Edelmetallmarkt wäre für alle im Markt Beteiligten – vom Produzenten bis zum
Konsumenten – negativ. Die Liquidität der Edelmetallmärkte würde abnehmen,
und das wäre nicht nur im Londoner OTC-Markt, sondern weltweit zu spüren.

An dieser Stelle muss man beachten, dass die LBMA für die Interessen ihrer Mitglieder
eintritt. So gesehen könnten die negativen Folgen erhöhter Finanzierungskosten
vielleicht auch zu drastisch darstellt werden – zumal in Zeiten der
extrem niedrigen Zinsen die Kosten der Bankenrefinanzierung stark reduziert
sind – und es vermutlich auch noch lange Zeit bleiben werden.

Dennoch sollten die Befürchtungen der LBMA nicht leichtfertig abgetan werden. Denn falls die Besorgnis der LBMA sich als stichhaltig herausstellen sollte, könnte eine gewaltige
Disruption im Edelmetallmarkt die Folge sein, die insbesondere die Märkte für
Papiergold –und Papiersilber treffen würde.

Unter „Papiergold“ und „Papiersilber“ sind Derivative für Edelmetalle (in Form
von Future, Optionen und Forwards) zu verstehen. Ihre Wertfindung hat zwar
ein gewisses „Eigenleben“, sie hängt aber letztlich doch von der erwarteten Verfügbarkeit des physischen Materials („Underlying“) ab. Zwar wird der Großteil
der Derivativtransaktionen nicht durch physische Lieferungen abgewickelt, sondern
vor Laufzeitende glattgestellt.

Das Vertrauen in den Derivativmärkten baut jedoch darauf, dass, wenn der Wunsch nach physischer Lieferung da ist, eine physische Lieferung auch jederzeit möglich ist. Ein „Austrocknen“, ein Rückgang der Liquidität des Londoner OTC-Marktes hätte so gesehen das Potential, insbesondere die Papiergold- und PapierSilbermärkte unter Druck zu bringen, wie bereits von einigen Marktkommentatoren befürchtet wird.

In diesem Fall würden aus Sicht der Marktakteure Gold- und Silber-Futures nicht
mehr unbesehen als perfekte Substitute für physisches Gold und Silber angesehen,
wie es derzeit der Regelfall ist. Gerade in Krisenphasen könnte es dann zur
erhöhten Knappheit von physischem Material kommen (in der gewünschten
Form und Stückelung, verfügbar am gewünschten Marktplatz); die Geschehnisse
im März/April 2020 mögen als ein Vorgeschmack einer solchen Marktenge“ (oder:
„Squeeze“) gedeutet werden.

Mit anderen Worten: Sollten die Befürchtungen der LBMA begründet sein, könnten den Edelmetallmärkten und damit auch dem Finanzsystem zweifelsohne Turbulenzen bevorstehen.

Positiv bei all dem würde zu Buche schlagen, dass die Bedeutung des physischen
Edelmetallmarktes gegenüber den Derivativmärkten steigen würde. Die Möglichkeit,
dass die Preisbildung für die Edelmetalle sich tendenziell abkoppeln kann
von der physischen Marktlage der Edelmetalle, würde geringer, die Gefahr, dass
„der Schwanz mit dem Hund bellt“, abnehmen.

Die Gold- und Silberpreise würden nicht auf den Futuremärkten, sondern maßgeblich auf den Märkten für physisches Gold und Silber bestimmt. Dadurch würde der „Knappheitsfaktor“ stärker als bisher zutage treten – und es wäre zu erwarten, dass eine solche Entwicklung tendenziell für einen Anstieg der Edelmetallpreise sorgen würde.

In Europa soll die NSFR am 28. Juni 2021 eingeführt werden; die Aufsichtsbehörden
in Großbritannien (FCA und PRA) haben den Termin auf den 1. Januar 2024
verschoben. Die LBMA hofft, dass es vielleicht doch noch möglich sein wird, eine
„Nachbesserung“ für die Anwendung derjenigen Banken, die im Edelmetallmarkt
tätig sind, zu erreichen. Ihr schwebt das Modell vor, dass die Schweizer vorschlagen:

Es soll eine bilanzielle Verbindung zwischen Edelmetallpositionen auf der
Aktiv- und Passivseite hergestellt werden; dies könnte (bei „gutem Willen“) mit
Artikel 428 (e) und (f) CRR („Capital Requirement Regulation“) II der Europäischen
Bankenaufsicht (EBA) vielleicht doch noch vereinbar sein. Dadurch könnte
zumindest das Clearing- und Settlement-Geschäft von erhöhten Finanzierungskosten
für die Banken bewahrt werden.

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