Kaum etwas könnte die Impfstoff-gehypten Finanzmärkte schneller abwürgen als eine handfeste Bankenkrise. Die Europäische Zentralbank lässt seit Wochen keine Gelegenheit aus, die Geldhäuser vor der nächsten Welle von Insolvenzen und Kreditausfällen zu warnen – zuletzt am vergangenen Montag in Person des EZB-Vize Luis de Guindos bei der Euro Finance Week in Frankfurt.
Die Gefahr geht von der hohen Zahl an notleidenden Krediten aus, die das harte Eigenkapital der Banken bald aufzehren könnte. Zwar verlief das dritte Quartal gut für die Geldhäuser und sie konnten das Kapitalpolster wieder ein wenig auffüllen; doch sie profitierten dabei von den Ausnahmenregelungen, die die Pflicht der Unternehmen, ihre Insolvenz bekanntzumachen, aussetzt.
Die vielen Covid-19-Infizierten und die strengeren Maßnahmen, um das Virus einzudämmen, setzen der Wirtschaft nun wieder stark zu. Hinzu kommt: Firmen werden im Laufe des kommenden Jahres ihre Zahlungsunfähigkeit wieder anmelden müssen. Dadurch könnten sich die faulen Kredite in den Bilanzen der Banken annähernd verdreifachen, sagte diese Woche Andrea Enria, oberster Bankenaufseher der EZB. Um einen solchen Schock abzufedern zu können, werden die Banken ausreichend Kapital brauchen – Kapital, das später für neue Kredite fehlen wird.
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Damit die Kreditinstitute die Wirtschaft weiter verlässlich mit Liquidität ausstatten, hat die EZB ihre Mindestanforderung für Eigenkapital im Frühjahr bereits gesenkt. Dennoch laufen insbesondere südeuropäische Banken Gefahr, unter das Minimum fallen, warnt eine neue Studie des Frankfurter Instituts für Risikomanagement und Regulierung (Firm). Auch andere Mitgliedsstaaten kann es demnach hart treffen. Der Firm-Untersuchung nach könnte im Worst Case bei bis zu 90 Prozent der Geldhäuser in Spanien und Italien das Eigenkapital unter die Anforderungsgrenze sinken. Selbst in Deutschland wäre im schlimmsten Szenario jede dritte Bank betroffen. Kein Wunder also, dass die EZB derzeit nicht in der Stimmung ist, die Erfolgsmeldungen der Impfstoffhersteller zu feiern.
Dividendenstopps mit fatalen Folgen für die heimische Finanzmärkte
Was Anleger nun beunruhigen sollte: Die europäischen Währungshüter verabreichen den Banken die falsche Medizin. Seit Frühjahr appelliert die Euro-Bankenaufsicht unter dem Dach der EZB an die Kreditinstitute, keine Dividenden an ihre Investoren auszuschütten. Die bis Oktober laufende Empfehlung hat die Behörde nun bis Ende des Jahres verlängert.
Vordergründig ist die Maßnahme nachvollziehbar. Da die Banken das Geld als Kapitalpuffer benötigen, sollen es die Eigentümer nicht bei den nächsten Schwierigkeiten abziehen und es an die Aktionäre verteilen. Dass die Politik in der Öffentlichkeit breite Unterstützung findet, überrascht nicht. Die Sache hat allerdings einen massiven Pferdefuß. Eigenkapital verliert an Wert, wenn es nicht wie gewünscht genutzt werden kann. Nach dem Eingriff in das Ausschüttungsrecht wird man sich fragen: Welche Regeln wird die Bankenaufsicht in Zukunft noch brechen?
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Die Märkte werden ihre Erwartungen mittelfristig immer anpassen. Wenn die Möglichkeit von Dividendenstopps in Zukunft bestehen bleibt, werden Anleger weniger investieren – bis sie sich schließlich ganz in andere Finanzmärkte orientieren. Auch internationale Anleger und Pensionsfonds werden ihr Geld abziehen. Für die Kreditinstitute wird es dann immer schwerer, neue Eigenkapitalgeber zu finden – insbesondere in Krisen. Um die Flucht der Anleger zu vermeiden, werden sie bei der nächsten Gelegenheit umso mehr Dividenden ausschütten. Die Eigenkapitalbasis, die die Bankenaufsicht stärken wollte, wird noch kleiner.
Obendrein wissen die Banken selbst zu gut, dass exzessive Dividendenpolitik auch für sie nach hinten losgehen kann. Bei hohen Ausschüttungen würden die Finanzierungskosten von nachrangigem Fremdkapital stark steigen. Da die Banken von dem Bail-In-Kapital mehr als jemals zuvor halten müssen, disziplinieren sich die Geldhäuser bei den Ausschüttungen selbst. Viele Großbanken, allen voran Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing, fordern bereits vehement, wieder selbst über ihre Dividenden entscheiden zu dürfen.
Entscheidende Rolle der EU-Abwicklungsbehörde
Ein langfristig tragfähiger Plan gegen eine Schieflage der Branche wäre hingegen die Stärkung des Single Resolution Board (SRB). Banken sollten sich strikt an die Auflagen der Abwicklungsbehörde halten müssen. Diese sehen vor, dass die Kreditinstitute die Beteiligungen der Anleger konsequent in guter Qualität halten, was zwangsläufig zu einer höheren Eigenkapitalquote führen würde.
Die Banken sollten zudem konsequent in den Abwicklungsfonds der SRB einzahlen, damit kriselnde Geldhäuser im Ernstfall gerettet werden können. Der Fonds ist so konzipiert, dass er bis 2022 ein Prozent aller gedeckter Einlagen umfasst. Nun hat sich das Zielvolumen zuletzt stark erhöht durch den Einlagenzustorm von Sparern, die in der Corona-Krise auf Nummer sicher gehen wollen. Die Banken müssen die steigenden Fonds-Beiträge jedoch hinnehmen. Zudem sollte die EZB damit aufhören, den Wettbewerb der Geldhäuser um Anleger zu stören, damit diese sich auf ihre Hausaufgaben konzentrieren können: ihre Bücher von faulen Krediten zu bereinigen, um so eine Bankenkrise abzuwenden.
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