Liebe Leser,
bei Nvidia findet derzeit eine echte Zeitenwende statt. Eigentlich war das Unternehmen stets für seine Grafikchips bekannt, die vor allem bei Gamern auf großes Interesse stießen. Im Zuge des letzten Kryptobooms wurden solche noch zum Mining von Kryptowährungen missbraucht. Das ist bei dem Unternehmen aber mittlerweile nur noch eine Randnotiz. Der Fokus liegt voll und ganz auf Hardware für KI-Berechnungen. In der heutigen Ausgabe schauen wir uns an, was da für Anleger noch zu holen sein könnte.
Nvidia setzt alles auf die KI
Wie sehr die KI bei Nvidia im Vordergrund steht, verrät schon ein Blick auf die Webseite des Unternehmens. Jene wird mittlerweile unter der Überschrift „Führend in KI-Technologie“ geführt. Gaming ist da eher noch eine Randerscheinung. Vollkommen zu Recht, wie die jüngst veröffentlichten Quartalszahlen zeigten. Dort ging es bei Gaming rasant in die Tiefe, während Umsätze und Gewinne bei Data Centern in die Höhe schnellten. Für die Zukunft stellt Nvidia hier noch sehr viel mehr Wachstum in Aussicht.
So sollen die Umsätze im laufenden Quartal auf satte 11 Milliarden US-Dollar anschwellen statt der von Analysten zuvor vermuteten 7,2 Milliarden Dollar. Das reichte aus, um die Nvidia-Aktie am Donnerstag zeitweise um rund 30 Prozent in die Höhe zu katapultieren. Am Tag danach geht es wieder etwas ruhiger zu und es stellt sich die große Frage, was jetzt von dem Titel noch zu erwarten ist.
Die Analysten sind bestens gelaunt bei Nvidia
Auf der Seite der Analysten fällt das Urteil relativ klar aus. Jene lagen so ziemlich durch die Bank noch daneben bei den Schätzungen für die Quartalszahlen und vermuteten sehr viel nüchternere Ergebnisse. Umso weiter geht es nun mit den Kurszielen aufwärts. JP Morgan stellt 500 Dollar in Aussicht, Rosenblatt Equity Research stellt gar 600 Dollar in Aussicht. Die Citigroup ist da mit 420 Dollar noch fast vorsichtig.
Es traut sich aber derzeit so ziemlich niemand, der Nvidia-Aktie keine Kaufempfehlung und weiteres Aufwärtspotenzial auszusprechen. Das hat auch einen ganz einfachen Grund: die KI-Branche befindet sich gerade erst in den Kinderschuhen und sorgt schon jetzt für enorme Sprünge bei Umsätzen und Gewinnen. Da lässt sich erahnen, dass das Ganze noch viele Wachstumsmöglichkeiten bietet und Nvidia bildet die Speerspitzer dieser Entwicklung, wenn es um die notwendige Hardware geht. Zumindest bisher hat die Konkurrenz da nur das Nachsehen.
Was könnte der Nvidia-Aktie gefährlich werden?
An den hiesigen Märkten kühlte sich die Euphorie rund um die Nvidia-Aktie am Freitagmorgen nur unwesentlich ab. Um 2,4 Prozent ging es bis zum Vormittag in die Tiefe, was angesichts der gigantischen Kurssprünge vom Donnerstag kaum weiter nennenswert ist. Mit 354,10 Euro bleibt das Papier auf einem sehr ansehnlichen Niveau. Ob es nun zu weiteren Gewinnmitnahmen kommt und wo die Kurse sich einpendeln könnte, das bleibt noch abzuwarten.
An den Märkten werden aber trotz bester Laune durchaus Bedrohungsszenarien für die Nvidia-Aktie erkannt. Kurzfristig tritt dabei der US-Schuldenstreit in den Fokus. Sollte es hier nicht zu einer Einigung kommen, rechnen manche Beobachter schon mit einem waschechten Börsencrash. Ein solcher würde auch an Nvidia kaum spurlos vorbeigehen und nach dem alten Prinzip „Wer hoch fliegt, fällt tief“ ergibt sich hier, zumindest in der Theorie, ein großes Potenzial für mögliche Korrekturen.
Die Konkurrenz scharrt mit den Hufen
Allerdings hält sich die Hoffnung, dass Republikaner und Demokraten noch irgendwie zusammenfinden und die Kernschmelze an den Märkten damit verhindert werden kann. Selbst dann ist die Nvidia-Aktie aber kein Selbstläufer. Spätestens jetzt dürfte die Konkurrenz wissen, welche Bedeutung der KI zukommt. Umso mehr dürften hinter den Kulissen die Anstrengungen laufen, um Nvidia Marktanteile abzugraben.
Als prominentester Kandidat gilt dabei AMD, da der Konzern schon bei Grafikkarten als hartnäckigster Verfolger von Nvidia gilt. Die grundlegende Technologie, um bei KI-Anwendungen gleichzuziehen, ist vorhanden. In den kommenden Wochen wird mit konkreten Vorstellungen gerechnet. Es ist nicht auszuschließen, dass das bei den Anlegern von Nvidia einen negativen Eindruck hinterlassen könnte.
Nvidia: Aufhören, wenn’s am schönsten ist?
Jeder Höhenflug an der Börse kommt mit dem Risiko von Gewinnmitnahmen einher und auch bei Nvidia ist momentan völlig offen, wie weit der Höhenflug die Kurse noch aufwärts befördern mag, bevor Anleger in größerer Anzahl ihre Schäfchen ins Trockene bringen. Da mag sich bei manch einem die Überlegung auftun, sich eher zu früh als zu spät zu verabschieden. Kurzfristig mag das sogar die richtige Entscheidung sein.
Wer etwas weiter in die Zukunft blickt, hat aber keinerlei Grund, bei Nvidia schon die Segel zu streichen. Die Möglichkeiten im KI-Sektor sind enorm und um die Konkurrenz muss man sich aktuell keine allzu großen Gedanken machen. Der Markt wächst rasant und bietet problemlos genügend Raum für mehrere erfolgreiche Player. Zudem werden AMD und Co erst unter Beweis stellen müssen, dass sie mit der Hardware aus dem grünen Lager auch gleichziehen können.
Für einen Neueinstieg mag der perfekte Zeitpunkt da schon verstrichen sein und vielleicht ist es für Unbeteiligte nicht das Schlechteste, auf eine Korrekturbewegung zu warten. Wer schon länger investiert ist, sieht kleineren Abschlägen aber gelassen entgegen und bleibt hier weiter am Ball. Die Aussichten sind schlicht zu verlockend und Skeptiker wurden nun schon mehrfach eines Besseren belehrt. Wie immer sollten aktuelle Entwicklungen aber stets genau verfolgt werden, denn gerade in der schnelllebigen Tech-Branche kann sich die Ausgangslage schnell wieder ändern.
Dies ist ein Gastbeitrag von Andreas Göttling-Daxenbichler. Erik Möbus wird die Aktie des Tages wieder ab dem 13. Juni übernehmen.